Oh, wie ist das schön! Trotz eisiger Geisterspiel-Atmosphäre gibt es für den 1. FC Kaiserslautern nach dem 2:1-Sieg über Türkgücü München Grund zur Freude: Die Roten Teufel grüßen mindestens für eine Nacht von Platz 3. Über die zweite Halbzeit wird jedoch noch zu reden sein.
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Erstmals seit 17 Jahren sollte es an diesem Dezemberabend wieder ins altehrwürdige Münchner Olympiastadion gehen, was unter normalen Umständen trotz Schneegestöber und eisiger Temperaturen zahlreiche FCK-Fans angelockt hätte. Doch die Corona-Pandemie und die zugehörige bayerische Verordnung machte dem Ganzen ein Strich durch die Rechnung: Erstmals in dieser Saison mussten die Männer in Rot, die heute in weiß aufliefen, wieder ein Geisterspiel absolvieren. Einige Schlachtenbummler hatten sich dennoch vor das "Oly" verirrt und trommelten unermüdlich. Hauptsächlich handelte es sich dabei um Anhänger von Türkgücü, stellenweise waren aber auch Jubelgesänge für Marco Antwerpen zu hören. Der saß heute auf der Tribüne, wenige Meter neben der Kommentatoren-Kabine, da er wegen seiner vierten Gelben Karte nicht an der Seitenlinie coachen durfte. Er wurde von Co-Trainer Frank Döpper und Video-Analyst Niklas Martin vertreten.
Auf frühe Lust folgt langes Zittern: FCK siegt im Stile eines Top-Teams
Und die sahen einen wahren Traumstart des FCK: Bereits nach fünf Minuten klingelte es zum ersten Mal: Max Hippe hatte das Spiel schön und intelligent eröffnet, Hendrick Zuck lieferte von links eine passgenaue Flanke auf Daniel Hanslik, der zur frühen Führung einköpfte. Und nur zwei Minuten später wurde sie sogar erhöht: Hikmet Ciftci, der aufgrund des Fehlens von Felix Götze erneut in der Startelf stand und vor keinem Geringeren als Jean Zimmer den Vorzug erhielt, bekam den Ball knapp vor dem Strafraumeck, nachdem Hanslik ihn stark festgemacht und behauptet hatte. Er zog einfach mal ab, was sich im Schneegestöber von München als goldrichtig erwies: Türkgücü-Keeper Franco Flückinger lieferte sich nämlich einen schweren Fauxpas und ließ den Ball durch die Arme flutschen - 2:0 für den FCK! "An so einen Start hätte ich selbst nicht geglaubt", sollte Döpper nach der Partie mit seiner charmanten Rheinland-Schnauze sagen. Die Lautrer hatten das Spiel zu dieser Zeit völlig unter Kontrolle, hätten nach rund 20 Minuten eigentlich sogar schon 3:0 führen müssen. Unter anderem verpasste Kenny Redondo nach einer Viertelstunde eine Hereingabe nur knapp, nachdem Mike Wunderlich mit der Hacke vorbereitet hatte. Ein Sinnbild der Leichtigkeit in den ersten Minuten. Dann aber begann der FCK merkwürdig passiv zu werden, was sich im gesamten Spiel nicht mehr ändern sollte - und fast noch zum Verhängnis geworden wäre.
Denn nach einer halben Stunde spielten eigentlich nur noch die Hausherren. Und so war es in der 55. Minute ein Tor mit Ansage, als Petar Sliskovic auf 1:2 verkürzte. Die Gäste aus der Pfalz schafften kaum noch Entlastung, es dauerte bis in die 73. Minute, bis ein Ball mal wieder die Tornähe fand: Hanslik verpasste eine abgefälschte Redondo-Flanke nur knapp. Die Teufel verteidigten dennoch aufopferungsvoll und hatten zudem mal wieder Schiedsrichter-Pech: In der 79. Minute hätte es Elfmeter geben müssen, als Hanslik den Ellenbogen von Mergim Marvraj ins Gesicht geschlagen bekam. Doch die Pfeife von Schiedsrichter Eric Müller blieb stumm. Der FCK hätte sein Nervenkostüm aber trotzdem noch etwas schonen können, denn der eingewechselte Elias Huth lief in der 90. Minute frei auf das Tor zu, scheiterte aber an Keeper Flückinger. Rächen tat sich die Passivität nicht mehr, das 2:1 konnte über die Zeit gerettet werden.
Der FCK macht endlich wieder Spaß: Nur nicht nachlassen!
Und das tut der geschundenen FCK-Seele aber mal so richtig gut: Denn bis mindestens Samstag klettert Lautern auf Rang 3, bei einem Tor mehr wäre es gar Platz 2, also ein direkter Aufstiegsplatz, gewesen. Wer hätte das vor drei Monaten schon für möglich gehalten, als man mit sechs Punkten aus den ersten acht Partien auf Tabellenplatz 16 herum dümpelte und die ersten Spatzen einen neuerlichen Trainerwechsel von den Dächern pfiffen? Damals wäre so eine Partie sicher noch in die Hose gegangen, heute wurde sie im Stile einer Spitzenmannschaft gewonnen, und das nicht zum ersten Mal. Der sage und schreibe achte Sieg in den vergangenen elf Drittliga-Spielen. Die zweite Halbzeit wird das Lautrer Trainerteam aber sicher dennoch kritisch analysieren, denn am Samstag in Braunschweig könnte schließlich noch Größeres erreicht werden: Das Überwintern auf einem Aufstiegsplatz. Das wäre doch ein schönes Weihnachtsgeschenk für die ganze FCK-Familie. Der FCK, er macht endlich wieder Spaß. Damit das so bleibt, muss die Mannschaft aber am Ball bleiben, weniger auf die Tabelle schauen, die Nachlässigkeiten abstellen und weiter von Spiel zu Spiel - oder noch besser - von Sieg zu Sieg schauen.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit Schnabel
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