Eigentlich war unser Nachbericht zur Partie des 1. FC Kaiserslautern gegen 1860 München ganz anders geplant. Aber dann kam dieses wahnsinnige Spiel. Und DBB-Autor voks meldete sich spontan: "Ich hab' da mal was geschrieben." Auch wenn es kaum in Worte zu fassen ist.
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Da stand ich nun: Block 7.1. Das letzte Pflichtspiel, dass ich von hier sah, ist Ewigkeiten her. Die letzten Jahre war Block 7.3 mein Zuhause. Dort war alles etwas gemütlicher. Und in der vergangenen Saison hatte man meist auch ziemlich viel Platz. Doch nun sollte es wieder nach vorne gehen, das Comeback. Als ich die Umsetzung (bzw. korrekter: Umstellung) beantragte, wusste ich noch nicht, dass die Ultras mit ihrem Stimmungskern auch wieder nach vorne rücken. "Au Weia" dachte ich, jetzt steht mir immer so ein Fahnenschwenker vor'm Gesicht - das kann ja heiter werden.
Gegenteiliges versprach der Blick auf das Regenradar einige Stunden vor dem Spiel. Mal wieder eine Unwetterwarnung: Gewitter und Regengüsse. Und dann noch diese Ankündigung: die Startelf soll ausschließlich aus den Nichtaufsteigern des letzten Jahres bestehen. Ganz ehrlich, ich hatte mich selten weniger auf das erste Saisonspiel gefreut als an diesem Montag. Doch die Wolken waren noch vor dem Anpfiff verzogen. Die Abendsonne stand im Rücken der Westkurve, so, wie die Westkurve später hinter der Mannschaft stehen sollte. In Block 7.1 angekommen traf ich Leute, die ich seit Jahren nicht mehr getroffen hatte und ich sah eine Mannschaft, wie ich sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte - und am Ende feierten wir alle gemeinsam ein Fest.
Das Spiel begann. Die Roten Teufel zeigten Biss. Das waren nicht die Nichtaufsteiger vom letzten Jahr. Vielleicht waren es die Fast-Aufsteiger? Oder war es doch irgendwie ein neues Team? Auf jeden Fall fighteten sie! Es lief nicht alles rund, Karim Matmour verlor den Ball, ließ sich aber nicht beirren, setzte nach, eroberte ihn zurück! Marcel Gaus, bedrängt, 1860 am Ball, doch Marcel gibt nicht auf, wieder in Ballbesitz! Konter der Löwen, doch da ist Jean Zimmer, er grätscht, holt sich die Kugel, verliert sie wieder. Doch nicht mit Jean Zimmer! Der FCK wieder in Ballbesitz! Sahen wir da gerade die FCK-Tugenden live und lebendig auf unserem Rasen? Von unserer Mannschaft? JA! Immer weiter schwanden die Bedenken, Euphorie flammte auf. Wenn die so weiter spielen, dann, ja dann... - Rote Karte.
Die 20. Spielminute: Die Münchner kontern, Tobi Sippel kommt aus seinem Kasten herausgeeilt, bis vor den Sechzehner, er streckt sich, wird angeschossen. An die Arme? Ich denke "ja", Nachbar 1 glaubt "nein", Nachbar 2 sagt "Oh Gott, oh Gott". Schiedsrichter Dankert zeigt ihm die Rote Karte. Nur noch zu zehnt. Die Euphorie schwindet. Sechs Minuten später: Gegentor Nummer 1. Wieder sieben Minuten darauf: 0:2. Der eingewechselte Marius Müller jeweils ohne Chance. 1860 München wäre jetzt Tabellenführer, der FCK Letzter. Das Ergebnis und auch das Spiel unserer Mannschaft erinnerte jetzt wieder an die letzte Saison. Wir wussten, was das heißt: Das wird die erste Niederlage. Halbzeit: Um mich herum wird diskutiert, wie hoch sie ausfallen wird. 0:4? 0:5? Ich überlege, ob ich nach Hause gehen soll. Aber auf dem Betzenberg darf man nicht vor Spielende gehen - nein, darf man nicht!
Dann die zweite Hälfte. Auf dem Platz plötzlich wieder die Mannschaft der ersten Minuten, die mit den FCK-Tugenden! Eine Flanke von der linken Seite, Matmour allein am langen Pfosten, einen Meter vor dem Tor und... vorbei. Das gibt's doch nicht. Aber weiter, die 68. Minute: Zimmer fällt im Strafraum. Schiedsrichter Dankert zeigt auf den Punkt. War es wirklich ein Foul? Ich denke "ja", Nachbar 1 glaubt "nein", Nachbar 2 sagt "Wen interessiert's?" Nicht Srdjan Lakic: Er nimmt sich den Ball - und Tor! Nur noch 1:2. Hoffnung keimt auf. Früher, erinnere ich mich, früher hatten wir solche Spiele oft noch gedreht. Gute alte Zeit. Doch heute? Nein, oder...? Der Löwe auf Lautrer Seite flankt, Lakic ist mit dem Kopf zur Stelle, wie er es früher schon so oft war, und TOR! Ein schönes Tor, einwandfrei zu sehen, keine Fahne, kein Doppelhalter, welcher mir die Sicht hätte verdecken können. Erst beim Torjubel zeigen die Ultras wie eine rot-weiße Westkurve auszusehen hat. Die Bedenken vor dem Spiel - unberechtigt.
Der FCK kämpft sich wieder nach vorne. Sind wir wirklich immer noch in Unterzahl? Kurz nachgezählt - tatsächlich. Die 80. Spielminute: Ecke! Ein Wechsel wird angezeigt. Was? Jetzt nimmt er den Doppeltorschützen raus? Für ihn kommt Philipp Hofmann - mit dem Kopf... TOOOOOOOOOOOOOR! Es gibt kein Halten mehr: Der Block wird durchgemischt, Bier von oben, ohrenbetäubender Lärm. Der Betze bebt. Was für ein Comeback. Doch noch sind zehn Minuten zu spielen. Ein Entlastungskonter, Ball verloren, doch nachgehakt, Ball ins Aus, weit in der gegnerischen Hälfte. Vier Minuten Nachspielzeit. Muss das sein? Meine Nerven. Müller hat den Ball. Lass dir Zeit. Noch ein Entlastungskonter, noch einmal den Ball ins Aus - AUS, das Spiel ist aus! Wieder ohrenbetäubender Lärm - wieder Betze. Der Rest ist Genießen.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: voks