Vorbericht: 1. FC Kaiserslautern - 1860 München

Der Patient hat wieder Puls

Der Patient hat wieder Puls


Chefarzt Runjaic scheint seinen Spielern die richtigen Mittel zu verabreichen. Im Pokal gab es kräftige Lebenszeichen. Auch von vermeintlich hoffnungslosen Fällen. Gegen die Löwen soll die Genesung weitergehen.

Es gibt ein Bild vom Mittwoch, das sinnbildlich für den aktuellen Gesundheitszustand des 1. FC Kaiserslautern steht. Den Mittelpunkt der Szenerie bildet ein Spieler, der lange gelitten hat, dessen Fußballerseele zuletzt arg verkümmerte. Er liegt mit dem Rücken auf dem Rasen, er strahlt bis über beide Ohren, er könnte die ganze Welt umarmen. Als hätte der kanadische Patient, Olivier Occean, gerade eine Nachricht von Chefarzt Dr. Kosta Runjaic erhalten, der bereits wieder das Krankenzimmer verlässt. Eine Nachricht, die Olivier, seine Familie und Freunde glücklich macht. Sie knien, sitzen und stehen um ihn herum und wollen die Freude mit ihm teilen - einer hat sich sogar auf ihn drauf geschmissen.

„Ich fühle mich besser“, teilte Occean nach dem Spiel der wenig überraschten Öffentlichkeit mit. Bei seiner letzten Station Eintracht Frankfurt hatte er in 18 Spielen nur ein Tor gemacht. Über seinen wichtigen Treffer gegen die Hertha aus Berlin freue er sich, aber wichtig sei ihm vor allem, für die Mannschaft zu arbeiten. Seinem neuem Coach attestiert Occean „sehr positiv in der Kabine zu sein und sehr klare Vorstellungen zu haben.“ Und der 31-Jährige wird noch deutlicher: „Er hat uns allen erklärt, dass wir an uns glauben müssen.“

An der Personalie wird augenscheinlich, wie Runjaic arbeitet, was seine Stärken sind. Occean hat beim Auswärtsspiel in Köln eine Art Ballverteiler in der Offensive gegeben. Die vielen Ballkontakte haben ihm Sicherheit gegeben. Er konnte sich so in den Dienst der Mannschaft stellen und auch ohne Tore (für die er eigentlich geholt wurde) hinterher stolz auf das Erreichte sein. Im folgenden Pokalspiel war die Entwicklung an der Körpersprache zu sehen. Das Erfolgserlebnis (3:1) also nur eine Frage der Zeit, eine logische Folge im System?!

Wundermittel gegen hoffnungslose Fälle

Der FCK hat noch einen fast hoffnungsvollen Fall, an dem schon einige Professoren gescheitert sind: Kostas Fortounis. Der Grieche gab den Vorbereiter für Occeans Tor. Er tat dies auf eine Weise, so dass sich seine Kritiker verwundert die Augen rieben. Wild entschlossen schnappte er sich den Ball im Mittelfeld, suchte den Zweikampf und brachte die Berliner Defensive in die Bredouille.

Wundermittel müssen auch Karim Matmour verabreicht worden sein. Der Prototyp des Chancentods, dem, je näher der Kasten rückt, das Herz in die Hose rutscht. Dieser Matmour zündete am Mittwochabend wie eine Rakete, mindestens zehn Meter hinter seinem Gegenspieler. Sein Lauf und sein Blick dabei erinnerten an große Flutlichtschlachten auf dem Betze, als Tore und Ergebnisse nicht Folge von Qualität und Klasse, sondern von Wille und Überzeugung waren. Dieser Matmour nahm diesmal sein Herz in beide Hände und feuerte den Ball in die Maschen.

„Coach Kosta“ hat unter der Woche fleißig Standardsituationen trainiert, der Ausgleich gegen Berlin durch Idrissou fiel nach einer Ecke. Runjaic forderte sein Team immer wieder auf, ruhiger beim Aufbauspiel zu sein. Die Roten Teufel sollen früher attackieren, was allein schon dadurch sichergestellt wird, dass sie höher stehen, dass die Wege kürzer sind.

Analytiker wie Runjaic arbeiten ständig an ihren Matchplänen, deswegen könne er „ganz ehrlich“ auch noch nicht sagen, wer gegen 1860 auflaufe, so der Ex-Duisburger vor der Partie am Sonntag. Nur so viel gab er Einblick: „Die Löwen stehen stabil, sind sehr kompakt und lassen wenige Chancen zu. Sie werden uns sehr fordern. Sie gehören zu den Top-Teams der Liga und sind mit uns absolut auf Augenhöhe. Aber in ihrem Pokalspiel haben sie viel Kraft verloren und sind anders als wir, leer ausgegangen. Um das Spiel für uns zu entscheiden, müssen wir von Beginn an Druck machen, hochkonzentriert sein und am besten in Führung gehen. Die Qualität in den eigenen Reihen haben wir.“ Es fallen natürlich auch Runjaic-typische Begriffe wie Kollektiv und Weiterentwicklung - ja, man erziele jeden Tag ein weiteres Teilresultat auf dem Weg, konstanter zu werden.

„Wir sind gegenüber den Fans immer noch in der Bringschuld“

Von den FCK-Anhängern zeigt sich Runjaic begeistert: „Die Fans haben ein feines Gespür für die Mannschaft, wissen, wann sie gebraucht werden.“ Er gibt gleichzeitig zu, dass die Mannschaft immer noch Steigerungsbedarf habe, man immer noch in der Bringschuld sei. Das mittel- bis langfristige Zielt: „Wir wollen zuhause eine Heimstärke aufbauen, wir wollen agieren und dominant auftreten.“

Beim Gegner am Sonntag, den Münchner Löwen, gab es auch gerade einen Trainerwechsel. Ex-FCK-Spieler Friedhelm Funkel gibt dort neuerdings den Takt an. Funkels Ansage: „Ich will diesen Traditionsklub wieder nach oben führen. Wir haben tolle Fans, tolle Mitarbeiter, Top-Trainingsbedingungen. München ist ein Top-Standort, eine faszinierende Stadt.“ Das Pokalspiel gegen Dortmund (0:2 nach Verlängerung vor 71.000 Zuschauern) habe der Mannschaft Selbstvertrauen gegeben. Man habe in 90 Minuten gegen die Borussia nicht verloren. Diesen Einsatz, diese Laufbereitschaft, diese Leidenschaft wollen Funkel und die Löwen auch in Kaiserslautern in die Waagschale werfen. Er fordert, dass Spieler wie Lauth, Bülow, Vallori, Stahl und Kiraly, der gegen Dortmund wieder überragend hielt, Verantwortung übernehmen. Anders als sein Vorgänger vertraut Funkel auf Lauth. Dieser bringe ein „Riesenpotenzial“ mit. Funkel möchte ihm wieder Lust auf Fußball machen.

Ein Jung-Löwe, Yannick Stark, trifft im Fritz-Walter-Stadion auf seinen einstigen „Förderer“, Kosta Runjaic. Sie haben in Darmstadt zusammengearbeitet. „Er hat mir einiges mit auf den Weg gegeben, mich ein Stück weit zu dem gemacht, was ich bin.“ Artig bescheinigt Stark dem FCK den besten und breitesten Kader der Liga zu haben. Zudem sei die Offensive extrem gut besetzt. Der FCK ist für ihn der „Aufstiegsfavorit Nummer Eins“. Gewinnen will Stark am Sonntag sicher trotzdem.

Über 30.000 Zuschauer werden erwartet

Bis Freitag waren 27.100 Karten für die Partie verkauft, davon 1.000 Tickets an die Löwen. Erwartet werden etwas über 30.000 Zuschauer.

Daten und Fakten

Schiedsrichter: Robert Kampa, 31, vom württembergischen TSV Schornbach

Voraussichtliche Aufstellungen

1. FC Kaiserslautern: Sippel - Dick, Simunek, Torrejon, Löwe - Karl, Ring - Matmour, Gaus - Occean, Idrissou

Ersatz: Hohs, Heintz, Orban, Borysiuk, Fortounis, Jenssen, Zoller

Es fehlen: Bunjaku, Riedel (beide Reha), Drazan (muskuläre Probleme)

- Ca. 45-60 Minuten vor Anpfiff auf unserer Twitter-Seite: Die endgültigen Aufstellungen.

1860 München: Kiraly - Schindler, Vallori, Bülow, Wojtkowiak - Wannenwetsch, Stark - Stoppelkamp, Adlung - Friend, Lauth

Ersatz: Eicher, Volz, Stahl, Tomasov, Schwabl, Hain, Wood

Es fehlt: Bierofka

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Marky

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