Vorbericht: 1. FC Köln - 1. FC Kaiserslautern

Der Runjaic-Reset

Der Runjaic-Reset


Die Premiere für den neuen FCK-Coach Kosta Runjaic hat es in sich. Gegen die Kölner Offensivmacht könnte Marc Torrejon helfen. DBB-Autor Marky über die Pfälzer Gemütslage vor dem Klassiker...

Wenn man seinen Computer neustarten muss, liegt das oft daran, dass es einen oder mehrere Fehler im System gibt. Dass Dateien oder Programme nicht miteinander harmonieren. Dass sie sich quasi totlaufen. Das längere Drücken des Ausschaltsknopfs wirkt dann oft befreiend. Und meist, wenn die Maschine wieder läuft, sind die Wogen geglättet, die Konflikte gelöst. Allerdings nimmt das Hochfahren, das Diagnostizieren und Wiederherstellen einige Zeit in Anspruch. Befindet man sich mit seinem Rechner gar in einem Wettbewerb mit anderen, kann einen das böse ausbremsen oder im wahrsten Sinne des Wortes den Stecker ziehen.

Wenn ein Fußball-Club wie der 1. FC Kaiserslautern, vor der Saison von Experten zum Topfavoriten auf den Aufstieg auserkoren, nach sieben Spieltagen einen Reset durchführen muss, dann heißt das: Unter der Oberfläche gab es mehr Errors als die Administratoren zunächst wahrhaben wollten - selbst ein guter Start (zwei Siege) konnte das System nicht mehr retten. Und es bedeutet auch: Man hat gegenüber der Konkurrenz wichtige Zeit verloren.

Nicht wenige FCK-Beobachter fragen, warum der Vorstandsvorsitzende Stefan Kuntz so lange mit der Verpflichtung eines Foda-Nachfolgers gewartet hat. Beispielsweise in der Länderspielpause Oliver Schäfer Admin-Rechte gab und Hoffnungen machte. Die Antwort wurde in dieser Woche bei der Vorstellung des neuen Coaches, Kosta Runjaic, klar: Kuntz verriet vor Vertretern der Presse, dass er höchst akribisch und ausdauernd einen dicken Kriterienkatalog abgearbeitet hatte. Runjaic beschrieb das trocken so: Es hätte nur noch gefehlt, dass ihn Kuntz in die Kernspin-Röhre gesteckt hätte. Es gibt wohl kaum ein medizinisches Gerät, dass einen Menschen genauer durchleuchten kann.

In der ersten Winterpause nach dem Foda-Antritt sagte Kuntz einmal, dass Foda und er sich erst einmal wieder aneinander gewöhnen mussten. Mit Runjaic hat Kuntz sich zum Fußballgucken getroffen, bevor er ihn unter Vertrag nahm.

Mit der Verpflichtung des ehemaligen Duisburg- und Darmstadt-Trainers haben sich die Fehler im „System Mannschaft“ freilich nicht in Luft aufgelöst. Und bis zum Spiel am Freitagabend in Köln können sie nicht behoben sein. Doch es scheint, dass Runjaic weiß, wo er ansetzen muss. Die Spiele in Aalen und Sandhausen lieferten dankbares Anschauungsmaterial. Gegen Cottbus zeigten die „Männer in Rot“ Herz, doch ein normales Fußballspiel war es nach Florian Dicks Platzverweis nicht mehr. Runjaic hat von den Basics gesprochen, die für ihn 80% oder mehr des Erfolgsgeheimnisses ausmachen. Selbst das Ballstoppen, Passen und Freilaufen kriegte das FCK-Kollektiv zuletzt nur noch schwer bis gar nicht hin.

In Köln-Müngersdorf treffen Runjaic und sein neues Team auf einen Gegner, der in der laufenden Spielzeit nur langsam in Gang kam, aber mittlerweile auf Hochtouren läuft. Mit Trainer Peter Stöger („Einen Durchmarsch wird es nicht geben“) hat der FC einen unaufgeregten, intelligenten Vertreter seiner Zunft am Regiepult stehen. Das tut der Mannschaft in der (fußball-)verrückten Domstadt augenscheinlich gut. Geschäftsführer Jörg Schmadkte hat zudem zuletzt mit der Verpflichtung von Slawomir Peszko und vor allem Patrick Helmes Ausrufezeichen gesetzt. Beim 4:0 in Cottbus sangen die Fans „Der FC Köln ist wieder da“ und am Tag danach wurden in der Stadt erste Aufstiegsfahnen gesichtet. Dass die heimischen Boulevardgazetten (u.a. „Express“) derzeit nicht mit Superlativen geizen („Helmelujah“, „Sternstunde“, „Aufstiegsfavorit“), muss eigentlich hier gar nicht aufgeschrieben werden. Dass ein Marcel Risse, ein Anthony Ujah oder Youngster Yannick Gerhardt - um drei weitere Offensiv-Asse zu nennen - derzeit vor Selbstvertrauen platzen, nicht extra erwähnt werden. Doch das bislang ungeschlagene Kölle hat auch Schwachstellen in der Defensive (Nascimento) - obwohl man mit vier Treffern die wenigsten Gegentore ligaweit bekommen hat.

Runjaic hat in seinen früheren Stationen immer zuerst die Abwehr stabilisiert, allerdings lauteten die Ziele damals auch Klassenerhalt. Für die FCK-Fans wird es hoch interessant sein, wen er in die erste Elf stellt. Tobias Sippel und Chris Löwe scheinen gesetzt, doch schon dann geht es los: Dominique Heintz, Willi Orban und Jan Simunek - aus drei mach zwei oder sogar nur eins. Denn: Marc Torrejons heißersehntes Comeback könnte bevorstehen! Auf der rechten Verteidigerposition hat Karim Matmour - vielleicht die Entdeckung Schäfers - Pluspunkte im vermeintlichen Duell mit Dick gesammelt.

Im defensiven Mittelfeld scharrt der Langzeitverletzte Enis Alushi mit den Hufen. Abräumer Markus Karl tat einem bei der blamablen Niederlage in Sandhausen fast schon leid. Dass er mehr den Rückwärts- als den Vorwärtsgang einlegte, ist bezeichnend. Nicht nur in seinem Fall ist Runjaics Kommunkationsgeschick gefragt. Auch Alexander Ring verlor im Mittelfeld zuletzt völlig den Faden. Nicht wenige Anhänger würden Runjaic Ariel Borysiuk wärmstens ans Herz legen, der bei Foda und auch bei Kurz-Coach Oliver Schäfer (auch wegen Verletzung) keine Hauptrolle spielte. Ein weitere heiß diskutierte Personalie: Kostas Fortounis. Kriegt Kosta Kostas in den Griff? Legt er dessen unzweifelhaft großes Talent frei?

Der Sturm stellt sich mit Simon Zoller und Olivier Occean - auch so ein „Pflegefall“ für Runjaic - fast selbst auf. Bei einem angesichts der Kölner Offensiv-Macht nicht unwahrscheinlichen 4-2-3-1-System könnte einer von beiden zunächst auf der Bank Platz nehmen. Mo Idrissou, der in Köln gerne und oft trifft, kann erst wieder im Pokal gegen die Hertha ran.

Abschließend noch ein Wort zur Gemütslage der FCK-Fans - 5.000 werden sicherlich unter den erwarteten fast 50.000 Zuschauern in Köln-Müngersdorf sein. Jedes Kind in der Pfalz weiß, in Köln geht für die Roten Teufel immer was. Egal, wie die Vorzeichen stehen. Wichtiger als die drei Punkte ist für manche allerdings, dass sie eine Mannschaft auf dem Platz sehen, die alles in die 90 Minuten packt. Die einem das Gefühl zurückgibt. Dann wird der viel zitierte Schulterschluss im Höllentempo gelingen. Wunderdinge erwartet bei den Lautern-Anhängern eh keiner mehr. Dies wird nicht zuletzt an der Personalie Runjaic deutlich. Dass dieser in allen großen Fan-Foren Topkandidat für die Foda-Nachfolge war, zeugt vom Umdenken vieler FCK-Freunde: Lieber ein Trainer mit einem großen Sachverstand und großer Sozialkompetenz als einem großen Namen.

Daten und Fakten

Schiedsrichter: Dr. Felix Brych (München)

Voraussichtliche Aufstellungen

1. FC Köln: Horn - Brecko, Maroh, Bruno Nascimento, Hector - Risse, Lehmann, Gerhardt, Halfar (Peszko) - Helmes, Ujah

Ersatz: Kessler, Wimmer, Jajalo, Przybylko, Matuschyk, Pezko, Kacinoglu

Es fehlen: Chihi, McKenna, Bröker (alle Aufbautraining), Bigalke (Kreuzbandriss)

1. FC Kaiserslautern: Sippel - Dick, Heintz (Orban), Simunek (Torrejon), Löwe - Borysiuk (Karl), Ring - Matmour, Fortounis (Occean), Gaus - Zoller

Ersatz: Hohs, Orban, Torrejon, Karl, Alushi, Jenssen, Occean

Es fehlen: Idrissou (Rotsperre), Riedel (Schulter-OP), Bunjaku (Knie-OP), Zellner (Knochenödem)

- Ca. 45-60 Minuten vor Anpfiff auf unserer Twitter-Seite: Die endgültigen Aufstellungen.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Marky

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