Die Partie des 1. FC Kaiserslautern beim VfL Bochum brachte aus FCK-Sicht viele positive Erkenntnisse. Überschattet wurde der verdiente Auswärtssieg der Roten Teufel jedoch von der schweren Verletzung Enis Alushis, der wohl mindestens ein halbes Jahr ausfallen wird.
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Es war die 58. Minute im Bochumer Ruhrstadion: Enis Alushi sprintet mit dem Ball von der Mittel- zur Torauslinie, bringt die Flanke noch in die Mitte (es wäre beinahe das 2:0 durch Mo Idrissou geworden), geht dann aber nach fairem Zweikampf mit seinem Gegenspieler außerhalb des Spielfelds zu Boden. Nach kurzer Behandlung ist schnell klar, dass der Mittelfeldspieler ausgewechselt werden muss, einen Tag später folgt die bittere Diagnose - Kreuzbandriss, sechs Monate Pause. Gute Besserung, Enis Alushi!
Doch so schlimm der Ausfall Alushis auch ist und so sehr er den tollen Auswärtssieg trübt, so wird dadurch auch die vielleicht wichtigste Erkenntnis aus Bochum noch mehr unterstrichen: Der zweite Anzug sitzt. Selbst wenn, wie an diesem Abend, Schlüsselspieler wie Albert Bunjaku und Alexander Baumjohann ausfallen, hat FCK-Trainer Franco Foda noch viele nahezu gleichwertige Alternativen in der Hinterhand. Diese Breite im aktuellen Kader, wo eben nicht nur elf, sondern mindestens 18 Spieler gehobenen Zweitliga-Ansprüchen genügen, könnte im Laufe einer langen Saison der entscheidende Vorteil gegenüber den aktuellen Konkurrenten aus Braunschweig, Cottbus oder Frankfurt werden - und vielleicht auch im Vergleich mit den ebenfalls stark besetzten Verfolgern aus Berlin, München, Ingolstadt. Wer Spieler wie Pierre De Wit, Jan Simunek, Mimoun Azaouagh, Mathias Abel oder Hendrick Zuck in der Hinterhand hat, dem muss jedenfalls auch bei bitteren Ausfällen wie dem von Alushi nicht gleich bange werden.
Zwei von der Bank gekommene Spieler verbuchten sodann auch einen großen Anteil am dritten Auswärtssieg im dritten Spiel: Beim 1:0 war es Kostas Fortounis, der in klasse Manier mit Florian Dick „Doppelpass“ spielte und dessen maßgeschneiderte Flanke mit einem energischen, von unbedingtem Durchsetzungswillen gekennzeichneten Kopfball in die Maschen drückte (36.). Und beim 2:0, das vom anderen Außenverteidiger Leon Jessen ebenso ordentlich vorbereitet wurde, legte der erstmals von Beginn an eingesetzte Ilian Micanski mit guter Übersicht auf seinen Sturmpartner Mo Idrissou ab, der den Ball nur noch über die Linie drücken musste (65.).
Daraus folgt die nächste Erkenntnis: Die Roten Teufel können mit einem fitten Baumjohann im 4-2-3-1-System spielen, ohne ihn aber auch problemlos auf 4-4-2 umstellen und damit - zumindest in Bochum - sogar ihre Gesamtleistung noch steigern. Das zweite Tor war das beste Beispiel, wofür zwei Stürmer in der Mitte gut sein können. Und diese neue Flexibilität könnte sogar ursächlich für den Sieg gewesen sein, wenn man die hektische Betriebsamkeit beobachten durfte, die bei den VfL-Verantwortlichen nach Bekanntgabe des Lautrer Systemwechsels einsetzte.
Neben den Vorlagen der beiden oft gescholtenen und auch im Ruhrstadion nicht fehlerlosen Außenverteidigern sowie den Torschützen muss man außerdem die Leistung von Ariel Borysiuk würdigen, der als grätschender Abräumer ebenso wie als übersichtlicher Spielaufbauer bisher eine tolle Saison spielt. Gute Individualisten alleine bringen aber noch nicht viel, das weiß man als FCK-Fan nicht erst seit der letzten Saison, daher nach sieben Spielen das viel wichtigere Zwischenfazit: Das Mannschaftspuzzle passt (bisher) gut zusammen! Daran konnte auch der nur der Vollständigkeit halber zu erwähnende Anschlusstreffer von Yusuke Tasaka, der eine zu kurze Abwehr des für Alushi eingewechselten Denis Linsmayer abstaubte (84.), nichts ändern. Die Roten Teufel sind einfach effektiv und im Zweifelsfall hält der zurzeit in Topform aufspielende Tobias Sippel einfach das, was auf den Kasten kommt.
Eine weitere Erkenntnis des Flutlichtspiels: Fankultur lässt sich nicht verbieten! Die VfL-Fans hatten sich in den Wochen vor der Partie ins Zeug gelegt und von Verein, Polizei und Feuerwehr die Genehmigungen für eine Choreographie mit Wunderkerzen erhalten. Wenige Tage vor dem Spiel kam dann der Tiefschlag vom Deutschen Fußball-Bund, dessen Funktionäre die laut Mitteilung der VfL-Anhänger für diese Aktion vorgesehenen Wunderkerzen - freigegeben ab 12 Jahren, gelistet als „Feuerwerksscherzartikel und -spielwaren“ - kurzfristig verboten. Die Folge war großer Frust bei den Fans, der in einem „Scheiß DFB“-Transparent und entsprechenden Gesängen mündete, zudem wurden zahlreiche Wunderkerzen trotzdem „illegal“ eingesetzt. Die 2.000 angereisten FCK-Fans ließen sich indes gar nicht erst auf solche Spielchen ein und erhellten den Gästeblock zum Einlaufen der Teams und nach dem Führungstreffer ungefragt mit bengalischen Feuern. Und zwar entgegen der medial verbreiteten Sichtweise: Emotional, stimmungsfördernd, verantwortungsbewusst - und ohne auch nur den geringsten Ansatz von Randale oder bösen Hintergedanken.
Auch sonst herrschte bei den 2.000 FCK-Fans unter den insgesamt 13.212 Zuschauern prächtige Stimmung, wie eigentlich immer in Bochum. Zwar gibt es weiterhin noch einige Stellschrauben, an denen man in Sachen Support drehen könnte, aber auswärts sorgen die Schlachtenbummler aus Kaiserslautern bisher für genau die tolle Atmosphäre, die bei Heimspielen leider noch komplett fehlt. Schönes Bild nach dem Abpfiff: Die Mannschaft kam zum ausgiebigen Feiern mit den Fans wieder bis an den Zaun, was bei den vorigen (Heim)Spielen nicht der Fall war.
Viel Zeit, die Erkenntnisse aus Bochum sacken zu lassen, bleibt nicht. Schon am Sonntag (13:30 Uhr, Fritz-Walter-Stadion) steht gegen Tabellenführer Braunschweig das nächste Spiel an, in dem voller Einsatz auf dem Rasen und auf den Rängen gefordert ist. Verhaltener Optimismus bleibt angesagt: Der FCK ist auf einem guten Weg. Aber viel mehr als die ersten Kilometer eines langen Marathons sind noch nicht geschafft.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas