Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Union Berlin 3:3

Auf und Ab der Gefühle

Auf und Ab der Gefühle


Zur Halbzeitpause zeigte die Anzeigetafel ein mageres Null zu Null. Nach dem Abpfiff hatte der 1. FC Kaiserslautern gegen Union Berlin punktemäßig auch nicht mehr in der Tasche - und trotzdem hatten die Fans einen wirklich denkwürdigen Saisonauftakt gesehen.

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Sechs Tore im Fritz-Walter-Stadion, das war aus FCK-Sicht schon fast mehr Spektakel als in der kompletten Abstiegssaison. Dabei hatte das Spiel mit einer Schrecksekunde begonnen: Der gerade erst proklamierte neue Abwehrchef Jan Simunek spürte beim Aufwärmen ein Zwicken in der Wade und blieb sicherheitshalber draußen - es handelt sich aber wohl „nur“ um eine Zerrung, der Tscheche hofft, vielleicht schon am Freitag in Aalen wieder spielen zu können. Für Simunek rückte Anthar Yahia neben den ebenfalls leicht angeschlagenen Mathias Abel in die Innenverteidigung. Die durchgewürfelte Viererkette mit Florian Dick und Alexander Bugera auf den Außen sollte in der Folge der große Schwachpunkt der Roten Teufel in dieser Partie werden.

Das erste Pflichtspiel unter dem neuen FCK-Trainer Franco Foda begann verhalten. Während Union auf Konter lauerte, setzte Lautern erstmal auf einen geordneten, nicht überstürzten Spielaufbau. Die vorerst größte Chance hatte Mannschaftskapitän Albert Bunjaku, der nach Vorlage des starken Hendrick Zuck jedoch aus 14 Metern drüber schoss. 0:0 zur Pause.

In der zweiten Halbzeit sollte es dann richtig rund gehen, aber erstmal anders als erhofft: Konter Berlin, Tor Michael Parensen (47.), Konter Berlin, Tor Patrick Zoundi (54.), und plötzlich stand es 0:2 aus Sicht der Hausherren. Was war denn jetzt bitte los? Sollte sich das Drama aus der letzten Saison etwa nahtlos fortsetzen? Nicht nur diejenigen, die in der Halbzeitpause etwas länger am Bierstand oder auf der Toilette brauchten, werden sich nach ihrer Rückkehr in den Block verwundert die Augen gerieben haben.

Aber der FCK hat ja einen Knipser verpflichtet, so jedenfalls der erste Eindruck: Im Angriff läuft jetzt kein Richard Sukuta-Pasu mehr auf und kein Sandro Wagner, sondern Mohamadou Idrissou! Der Kameruner machte kurzen Prozess und setzte zunächst eine Ecke des ansonsten schwachen Gil Vermouth per Kopf in die Maschen (58.). Franco Foda reagierte sofort und wechselte mit Kostas Fortounis und Ilian Micanski zwei frische Offensivkräfte ein, die auch beide Akzente setzen konnten. Insbesondere Fortounis war es dann auch, der das Spiel belebte und den Ausgleich vorbereitete: Flanke von rechts, Kopfball Idrissou, Tooor für den FCK (72.). Jetzt bebte der Betze!

Und kurz vor Schluss explodierte er fast wie in besten Zeiten: Die Teufel drückten auf den Siegtreffer und eine Flanke des ansonsten etwas unglücklich agierenden Bunjaku fand den Weg zu Zweitliga-Debütant Zuck, der die Kugel nach toller Ballannahme unter die Latte drosch (86.). Toooooor für die Roten Teufel!!!

Diese Sekunden und Minuten sind kaum in Worte zu fassen. Wie geil war das denn bitte? Der FCK hatte das Spiel gedreht, so wie man es von früher - lange her - kannte, und das am ersten Spieltag und nach der vergangenen Horrorsaison. Sollten die Fans hier Zeuge der Geburtsstunde einer großen Mannschaft werden?

Nicht ganz. Nachdem weitere Gelegenheiten zur endgültigen Entscheidung vergeben wurden, unter anderem durch Micanski, folgte in der Nachspielzeit die schmerzhafte Arschbombe auf den Boden der Tatsachen. Erneuter Aussetzer in der FCK-Abwehr, selbst die Union-Spieler reklamieren ein vermeintliches Foul an der Strafraumgrenze, Bugera und Co. schlagen den Ball nicht aus der Gefahrenzone und aus dem Hintergrund rauscht Marc Pfertzel heran, um das Leder trocken ins Eck zu ballern. Tor für Berlin, 3:3, Jubel im Gästeblock, Schlusspfiff. Was für ein Auf und Ab der Gefühle!

Ganz ohne vollmundige Ankündigungen hatten die Roten Teufel „gerockt“, auch wenn es noch nicht zum großen Wurf reichte. Das Unentschieden war insgesamt leistungsgerecht, nach dem 0:2-Rückstand sogar höchst erfreulich, durch den Ausgleich in der Nachspielzeit dann aber doch wieder verdammt ärgerlich. Das eindeutige Fazit nach dem ersten Spieltag muss somit ausfallen, erst die nächsten Wochen werden zeigen, wo der FCK steht.

31.680 Zuschauer sahen das Spiel im Fritz-Walter-Stadion, darunter 800 Unioner, die den weiten Weg trotz des fanfeindlichen Montagtermins auf sich genommen hatten. In der Westkurve hatte sich das „Pfalz Inferno“ erstmals in den neuen Stimmungsbereich im Zentrum der Westkurve begeben, während die „Frenetic Youth“ wie angekündigt noch ein Jahr unten am Zaun bleibt (siehe Interview auf „Der Betze brennt“). Erste Akzente durch diese Neuerung waren bereits zu spüren, sowohl optisch als auch akustisch zeigten die FCK-Fans eine insgesamt gute Leistung. In Block 7.1 sowie später in 8.2 gab es außerdem zwei kleine Choreographien und Spruchbänder unter anderem zum Thema Anstoßzeiten: „FCK-Union: 700 km, Montagabend 20:15 - Hansa-FCK: 800 km, Sonntagabend 18:30 - Verbände: Und ihr wollt die Fankultur bewahren?“

Die Berliner indes feuerten ihr Team kontinuierlich an und trumpften mit einer tollen Zaunbeflaggung auf. Mangels Masse scheiterten jedoch die Versuche, die Westkurve in die Protestrufe Richtung DFB und Co. einzubinden. Umso besser in Szene konnten sich die „Eisernen“ dafür nach Spielende setzen, als die Interviews von Sky und Sport1 deutlich hörbar untermalt wurden („Ihr macht unser'n Sport kaputt“ - Sky-Reporterin: „Liebe Zuschauer, wir haben gerade Ton-Probleme“).

Wohin führt nun der Weg für den FCK? Zunächst am Freitag ins schwäbische Aalen, wo beim Überraschungs-Tabellenführer der erste Saisonsieg eingefahren werden soll. Mit verbesserter Abwehr sollte das möglich sein!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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