TSG Hoffenheim gegen 1. FC Kaiserslautern: Kein Derby, kein Traditionsduell, kein direkter Vergleich im Europa-Rennen oder Abstiegskampf - und doch ein spezielles Spiel. Die Abneigung der FCK-Fans gegen das Projekt Hoffenheim und dessen Investor Dietmar Hopp ist in den letzten Jahren nicht kleiner geworden und sorgte für das gewisse Knistern in der Luft. Und auch der spannende Schlagabtausch auf dem Rasen brachte die sonst oft fehlende Würze in das ewige Duell zwischen Kommerz und Tradition.
Für das endgültige Hochkochen der Emotionen sorgten die TSG-Verantwortlichen dann auch noch selbst: Nachdem bereits in der letzten Saison trotz angeblichem „Sank-Pauli-Modell“ nicht alle Fan-Utensilien ohne Einschränkung erlaubt waren, gab es diesmal ein Komplettverbot. Kleine Kinder mussten ihre Betze-Fahne zuhause lassen (wie erklärt man das einem Siebenjährigen?), die Vorsänger ohne Megaphon den Gästeblock koordinieren und außer zahlreichen Schalparaden gab es optisch kaum etwas zu sehen. Stattdessen wurde das Stadionradio in den aktiven Support integriert, „Seven Nations Army“ lautstark umgedichtet und zu „Put your hands up in the air“ tausende Hände gehoben - mit nervösen Zuckungen am Mittelfinger.
Insgesamt 30.150 Zuschauer verfolgten die Partie in der Rhein-Neckar-Arena, darunter 5.000 Schlachtenbummler aus der Pfalz. Diese behielten auf den Rängen ebenso die Oberhand wie ihre Roten Teufel auf dem Platz. FCK-Trainer Marco Kurz schickte dieselbe Elf wie zuletzt in Hamburg auf den Platz, also mit Kostas Fortounis in der Offensive und Mathias Abel und Alexander Bugera im Abwehrverbund.
Der „Betze“ war von Beginn an tonangebend, zeigte neben hohem Einsatz auch spielerisch einige gelungene Kombinationen und insgesamt ein gutes Spiel. Die Gastgeber wirkten dagegen eher pomadig, was ihren Trainer Holger Stanislawski später noch auf die Palme treiben sollte.
Olcay Sahan, Christian Tiffert und Fortounis kamen zu guten Chancen für den FCK, Hoffenheim sorgte zwischendurch nur durch einen Lattenknaller von Freistoßexperte Sejad Salihovic für ein kurzes Hallo-Wach. Die Roten Teufel hätten längst in Führung gehen müssen, ehe es dann nach einer halben Stunde doch anders kam: Tiefschlaf in der FCK-Abwehr, wo fünf Spieler die von Alexander Bugera geklärte Flanke ebenso wenig rausbolzen konnten wie den anschließenden „zweiten Ball“ von Edson Braafheid - Vedad Ibisevic war zur Stelle, Kevin Trapp chancenlos, 1:0 für Hoffenheim (33.). Da war es wieder, dieses ultranervige und völlig unpassende „Was wollen wir trinken“ über die Stadionlautsprecher. Verdammt!
Doch die FCK-Spieler ließen sich ebenso wenig unterkriegen wie ihre Fans. In allen Bereichen des Stadions waren Lautrer zu finden, die ihre Mannen vehement nach vorne peitschten. Im Gästeblock wurden während des Spiels noch zwei kleine Aktionen gezeigt, die mit bedruckten T-Shirts den Unmut über das Materialverbot ausdrückten, außerdem waren einige direkte und indirekte Anspielungen auf die viel zitierte „Fußballhure Hoffenheim“ zu sehen. Auf größere verbale Pöbeleien gegen Dietmar Hopp wurde während der 90 Minuten aber weitgehend verzichtet, dafür war das Spiel auch zu spannend und der FCK zu nah an einem guten Ergebnis
Auch im zweiten Abschnitt war Lautern die bessere Mannschaft. Kostas Fortounis zeigte ein sehr gutes Spiel und hatte die erste große Chance zum Ausgleich - der junge Grieche scheint langsam seinen Platz in der Mannschaft zu finden. Auch Pierre de Wit und Dorge Kouemaha brachten den Ball zunächst nicht im Kasten von Tom Starke unter.
FCK-Coach Kurz setzte nun auf Offensive, brachte Shechter und Richard Sukuta-Pasu, mit denen er kurz darauf jubeln durfte. Eine weite Flanke von Tiffert legte der ansonsten blasse Derbyheld Sukuta-Pasu gekonnt per Brust ab und Kouemaha erzielte volley aus 20 Metern ein überragendes Tor des Monats (73.). Während der bescheidene Torschütze sich statt zu jubeln lieber schnell den Ball schnappte - der Sieg sollte schließlich her - bebte das Hoffenheimer Stadion nun! Es gibt eben solche und solche Torjubel, und dieser war definitiv einer der emotionaleren Sorte.
Lautern blieb am Drücker, Hoffenheim konnte kaum eine Kombination durchspielen, ohne das ein Roter Teufel seinen Fuß dazwischen hatte - und das über 90 Minuten hinweg. Auch das Spiel selbst wurde in dieser Schlussphase härter, Schiedsrichter Günther Perl musste kämpfen und mit gelben Karten für insgesamt fünf Hoffenheimer um sich schmeißen, um halbwegs für Ruhe zu sorgen. Bis auf eine fragwürdige Elfmeterszene in der letzten Minute, als Braafheid Shechter attackierte, passierte aber nichts mehr.
Auch wenn mehr drin gewesen wäre, konnten Spieler und Fans einigermaßen mit dem Punktgewinn leben und zeigten das auch in der diesmal wieder länger dauernden Zeremonie nach Spielende. Zwar wäre sowohl in Hamburg als auch in Hoffenheim ebenso mehr wie auch weniger als ein Unentschieden drin gewesen, aber dennoch zeigte die FCK-Truppe eine Leistungssteigerung. Der Traditionsverein kann erhobenen Hauptes aus der Serie von drei Auswärtsspielen in Folge herausgehen, die mit dem Pokalerfolg in Frankfurt und zwei Remis bei personell besser besetzten Mannschaften endeten. Insgesamt ist der FCK seit fünf Spielen ungeschlagen. So kann's weitergehen!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas