Echte Fußball-Atmosphäre... und ein Auswärtssieg?
Der Tivoli in Aachen. Hier kann man den Rasen noch riechen, steht unmittelbar am Spielfeldrand. Kein McDonalds im Stadion, keine Markenfeld wie in München, einfach nur Fußball. Dieses Stadion gehörte vor einigen Jahrzehnten zu den Modernsten in ganz Europa, hier kann der Fan noch unverfälschte Fußballluft schnuppern. Leider in der Zweitklassigkeit. Wird die Atmosphäre die Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern beflügeln? Ein ausverkaufter Gästeblock, die Nähe zu den Rängen, die aufgeheizte Atmosphäre? Oder sorgt das eher für Einschüchterung?
Immerhin besiegte Alemannia Aachen vor über einer Woche den VfL Bochum im DFB-Pokal und auch die Bayern wurden in den letzten Jahren dreimal besiegt, zweimal im Pokal und einmal beim kurzen Aachener Gastspiel in der ersten Liga. Ihre Nerven sollten Kjetil Rekdals Jungs jedoch behalten, auch wenn es mal nicht läuft. Denn die Aachener stolpern gerne mal über „Kleine“, und in der aktuellen Verfassung muss man den FCK leider dazu zählen. Jena konnte einen Punkt vom Tivoli entführen, und das nach einem 0:2-Rückstand, dazu kommt die Niederlage in Aue am letzten Wochenende. Unschlagbar ist die Truppe von Weltmeister Guido Buchwald zurzeit jedenfalls nicht.
Leider gilt das in besonderem Maße auch für die Lautrer. Zumindest schlägt sich die Defensive derzeit sehr wacker, ohne die sichere Abwehr wäre der Abstand ans rettende Ufer noch größer. Denn vorne hakt es, aber gewaltig! In Augsburg versprühte nun wirklich kein einziger Spieler auch nur annähernd Torgefahr - ein Glück, dass dies auch für die Heimmannschaft galt. Zu ängstlich, zu zögerlich, zu ideenlos. Natürlich hoffen die Lautrer Schlachtenbummler wie nach jedem Spiel auch diesmal auf eine Steigerung im Angriffsspiel, und hierfür sind wohl in vorderer Front Björn Runström und Erik Jendrisek auserkoren. Beide konnten noch nicht annähernd ihre Bedeutung für den FCK unter Beweis stellen, aber mangels Alternativen - Emeka Opara und Marcel Ziemer strotzen ebenfalls nicht vor Torgefahr - können die beiden gefährlichsten Angreifer nicht draußen bleiben.
Die Defensivabteilung ist dagegen wieder einmal geschröpft: Boubacar Diarra fällt weiterhin mit gebrochenem Arm aus, Esben Hansen schmerzen offiziell die Adduktoren, Moussa Ouattara leidet an einer Knieblessur und Florian Fromlowitz wird diese Saison wahrscheinlich sowieso nicht mehr spielen. So wird die Viererkette aus Sascha Kotysch, Fabian Schönheim, Mathieu Beda und Alex Bugera bestehen, Sven Müller rückt ins Mittelfeld und soll mit „Kampfschwein“ Axel Bellinghausen die Flügelzange bilden, in der Zentrale unterstützt von Aimen Demai (defensiv) und Patrice Bernier („offensiv“). Große Möglichkeiten hat Kjetil Rekdal auch nicht, draußen sitzen an gefährlichen Offensivleuten noch Josh Simpson, der nach starkem Beginn jedoch wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen zu sein scheint, dazu Steffen Bohl und Sebastian Reinert, die wohl mehr mit sich selbst beschäftigt sind. So müssen es die elf Jungs auf dem Rasen richten, ein Auswärtssieg ist so was von nötig und hoffentlich fällig.
„Diego“ Buchwald sieht dies sicherlich anders. Etwas anderes als ein Heimsieg zählt am Tivoli nicht, wollen die „Öcher“ doch noch einmal in den Aufstiegskampf eingreifen. Derzeit krebsen sie im Mittelfeld der Tabelle herum, Rang 9 mit 16 Punkten ist keine beängstigende Ausbeute. Daheim sind die Alemannen jedoch noch ungeschlagen, drei Heimsiege und drei Unentschieden stehen in der Bilanz zu buche. Ein Grund für die durchwachsene Bilanz dürften die Verletzten sein: Mit Herzig und Plaßhenrich fallen zwei wichtige Spieler schon länger aus, gegen den FCK müssen die Grenzstädter auch auf Leiwakabessy und Casper verzichten. Dennoch ist die Qualität der Spieler, die auf dem Rasen stehen, nicht zu verachten, ein großer Teil hat schon Erstligaerfahrung, dazu steht mit Stephan Straub ein sehr erfahrener Keeper im Kasten. Das wird keine leichte Aufgabe für den FCK, doch man darf nicht vergessen, dass die Abwehr der Aachener zu Leichtsinn und Klöpsen neigt, Stehle und Klitzpera sind für so manche Aussetzer gut, da müssen unsere Jungs dann hellwach sein und jede sich bietende Möglichkeit nutzen. So klein sie auch zu sein scheint.
Viele FCK-Fans werden den ausverkauften Gästeblock wohl per Sonderzug ansteuern. Die Ankunft am Bahnhof Aachen-West ist für 12:30 Uhr geplant. Mit von der Partie sein wird voraussichtlich auch Klaus Toppmöller, der die Mannschaft nach seiner Berufung in den Aufsichtsrat ins Gebet nahm: „Ich habe wohl zehn Minuten zur Mannschaft gesprochen. Ich kenne sie ja recht gut. Ich habe versucht, ihnen allen klarzumachen, was es emotional heißt, für diesen Verein spielen zu dürfen. Auch wir haben früher scheiß Spiele gemacht, aber wir haben immer Mumm gezeigt. Ich hoffe, dass sie alle verinnerlichen, dass es für den FCK eine Sekunde vor zwölf ist! Wir stehen auf einem Abstiegsplatz."
Schiedsrichterin der Partie, die um 14 Uhr angepfiffen wird, ist Bibiana Steinhaus. Damit wird erstmals eine Frau ein Bundesligatspiel des 1. FC Kaiserslautern leiten.
Bilanz: Noch kein Auswärtssieg des FCK am Tivoli, aber auch erst eine Niederlage. Im letzten Spiel 1970 gab es eine Punkteteilung, 1:1. In sechs Bundesligaspielen gegen die Alemannen holten die Roten Teufel insgesamt drei Siege und zwei Unentschieden bei einer Niederlage.
Schiedsrichter: Steinhaus (Hannover)
Vorrausichtliche Aufstellungen:
Alemannia Aachen: Straub - Reghecampf, Klitzpera, Stehle, Weigelt - Fiel - Lehmann, Milchraum - Nemeth, Pecka - Ebbers
Reserve: Stuckmann, Vukovic, Lagerblom, Kolev, Krontiris
Es fehlen: Herzig (Fuß-OP), Polenz (Muskelfaserriss), Plaßhenrich (Reha), Leiwakabessy (Gehirnerschütterung), Casper (Bauchmuskelzerrung)
1. FC Kaiserslautern: Sippel - Kotysch, Beda, Schönheim, Bugera - Müller, Demai, Bernier, Bellinghausen - Runström, Jendrisek
Reserve: Robles, Reuter, Simpson, Bohl, Reinert, Stachnik, Ziemer , Opara
Es fehlen: Fromlowitz (Kreuzbandriss), evtl. Ouattara (Knieverletzung) Diarra (Armbruch), evtl. Hansen (Adduktorenprobleme)
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Sebastian