Einerseits herrschte vor dem Anpfiff große Vorfreude rund um das Fritz-Walter-Stadion, andererseits aber auch noch Skepsis, ob der 1. FC Kaiserslautern den Klassenerhalt wohl schon am 32. Spieltag klarmachen könne. Denn oft genug hatte es der FCK in ähnlichen Situationen dann doch noch einmal spannend gemacht. Gegner an diesem Freitagabend war der FC St. Pauli.
Das Stadion war mit 49.780 Besuchern, darunter etwa 3.000 St. Pauli-Freunden, ausverkauft und es herrschte zu Beginn eine gute Stimmung. Zwei schöne Choreografien eröffneten die Partie: Eine im Block 8.1 der Westkurve, organisiert vom „Pfalz Inferno“, und die andere erstmals von der „Teufelsbande“ im Familienblock der Osttribüne, die bei den diesbezüglichen Vorbereitungen tatkräftig von der „Generation Luzifer“ unterstützt wurde. Hier wie dort ging es um die Liebe und Hingabe der Anhänger zum Verein. Die Gästefans präsentierten sich vor allem in ihrem Stehplatzbereich durchaus sangesfreudig und schwenkten eifrig ihre Fahnen, wurden aber im Verlauf der Begegnung kaum einmal so richtig laut.
FCK-Trainer Marco Kurz brachte Oliver Kirch für den verletzten Florian Dick sowie überraschend im Mittelfeld Pierre de Wit für Jan Moravek. Unterstützt von einer lautstarken Westkurve begann der FCK druckvoll, zeigte sich zunächst deutlich feldüberlegen.
Zwei gute Freistoßchancen in Strafraumnähe wurden durch Adam Hlousek und de Wit jedoch nicht genutzt, wobei bei Hlouseks Freistoß auch noch eine Hand von St. Pauli-Verteidiger Florian Lechner im Spiel war. Elfmeter gab es jedoch nicht. Nach etwa einer Viertelstunde ließen sowohl der FCK als auch die Stimmung etwas nach, St. Pauli wurde druckvoller. Betze-Keeper Kevin Trapp behielt jedoch die Nerven und konnte sich mehrfach auszeichnen. Nach knapp einer halben Stunde dann totales Chaos in der Lautrer Hintermannschaft , als es der Defensive mehrfach nicht gelang, den Ball zu klären und die Gäste stark am Drücker waren, jedoch nicht trafen. Glück gehabt!
Eine Minute später fiel dann das 1:0 - allerdings auf der richtigen Seite. Nach einem sehr schönen Angriff über die linke Seite zog Leon Jessen eine lange Flanke in den Strafraum, die Christian Tiffert, der beste FCK-Spieler dieser Saison, per Kopf trocken gegen die Laufrichtung von Gästetorwart Benedikt Pliquett versenkte (29.). Nun erstmals frenetischer Jubel auf dem Betze, die Erleichterung war den Leuten anzusehen. Der Klassenerhalt war jetzt sehr nahe, obwohl wenige Sekunden zuvor die Wolfsburger Führung in Bremen vermeldet wurde. Denn mit 40 Punkten steigt man einfach nicht ab! Trotz des Vorsprungs konnte der FCK die Partie aber nicht kontrollieren und durfte sich bei Trapp bedanken, dass man die Führung in die Pause brachte, denn er rettete kurz vor der Halbzeit zweimal großartig gegen die frei stehenden Gerald Asamoah und Max Kruse. Also eine etwas glückliche Pausenführung für die Hausherren.
Pünktlich zum Anpfiff der zweiten Halbzeit kam ein kurzer, aber heftiger Schauer herunter, sodass die Fans ihr Fritz-Walter-Wetter freudig begrüßten. St. Pauli drückte nun natürlich weiterhin auf den Ausgleich, zumal sie ja wussten, dass ihnen eigentlich nur durch einen Sieg noch eine reelle Chance auf den Klassenerhalt bleiben würde. Der Deckungsverband der Roten Teufel hinterließ dabei mehrfach kein wirklich gutes Bild, wackelte gewaltig. Dennoch blieb der Eindruck, und dies nicht zum ersten Mal in dieser Saison, dass St. Pauli trotz einiger netter Kombinationen nicht wirklich zwingend vor dem Tor ist. Folgerichtig kam der FCK dann seinerseits wieder zu Torchancen, nach gut einer Stunde zweimal durch Tiffert, der dann wenig später eine Ecke scharf in den Strafraum schlug, die der aufgerückte Mathias Abel mit einem dynamischen Kopfball zum 2:0 versenkte (68.). Nun explodierte die Stimmung im Stadion und blieb bis weit nach dem Abpfiff erstklassig! Alle Tribünen beteiligten sich und besangen kollektiv den Klassenerhalt, den FCK an sich, die Welle lief minutenlang durchs Stadion. Und natürlich: „Nie meeeehr zweite Liga!“ Beim FCK kamen nun noch Adam Nemec, Jan Moravek und zum ersten Mal nach langer Zeit auch Alexander Bugera zum Einsatz.
Auf den Rängen sah man glückliche Gesichter, wohin man auch schaute. St. Pauli hatte zwar durch den eingewechselten Marius Ebbers noch eine Großchance, darüber hinaus passierte aber nicht mehr sehr viel auf dem Spielfeld, die Lautrer brachten die Partie souverän nach Hause. Danach wusste jeder, dass dies trotz des Wolfsburger Sieges der Klassenerhalt für den FCK war und ebenso der Abstieg von St. Pauli nun feststand, auch wenn es für beide Tatsachen noch geringe rechnerische Restrisiken gibt. Der St. Pauli-Anhang feierte seine Farben trotzdem, die FCK-Jungs bedankten sich mit einem großen Transparent „Lauter Abstiegskampf - Gemeinsam unzerstörbar“ bei ihren Fans im ganzen Stadion.
Das Stadion leerte sich nur sehr langsam, selbstverständlich wollte fast jeder bei der großen Klassenerhalts-Party mit dabei sein und das Fest feiern, wie es fiel. Und auch danach ging es noch weiter, Sponsor Karlsberg verteilte tausende Liter Freibier und viele Fans zogen untermalt von bengalischen Freudenfeuern weiter in die Kneipen der Barbarossastadt. Die Lautrer haben, vielen anders lautenden Expertenmeinungen zum Trotz und mit einer Mannschaft, die nicht nur an diesem Spieltag nicht viel mehr als besseres Zweitliganiveau aufwies, ihr Saisonziel vorzeitig erreicht. Weil sie manches spielerisches Defizit durch einen vorzüglichen Kampf- und Mannschaftsgeist kompensieren konnten und damit manchem weit höher eingestuften Konkurrenten eine lange Nase zeigen konnten. Dafür gebührt allen Beteiligten ein großes Lob, allen voran natürlich Marco Kurz, der verdientermaßen von der Westkurve gefeiert wurde. Und die Fans dürfen sich hoffentlich auf noch viele weitere Spielzeiten in der Bundesliga freuen!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Altmeister