Endlich rollt der Ball wieder! Fast 100 Tage nach dem letzten Pflichtspiel gegen den FC Augsburg trat Bundesligaaufsteiger 1. FC Kaiserslautern zum Auftakt des Pokal-Wettbewerbs beim heimstarken Zweitliga-Neuling VfL Osnabrück an.
Das bedeutete ein mit 15.500 Zuschauern fast ausverkauftes Haus an der Bremer Brücke. Darunter waren etwa 1.500 FCK-Fans, die sich farbenfroh mit vielen Schals und Fahnen präsentierten, leider aber ohne die kurzfristig vom neuen Osnabrücker Sicherheitsbeauftragten verbotene, in mehrtägiger Arbeit bereits vorbereitete Choreographie der „Frenetic Youth“. Auch lautstärkemäßig merkte man dem Lautrer Anhang an, dass es nun wieder Zeit wird, die Saison zu starten. Auch die Fans der Gastgeber konnten überzeugen, sorgten gleichfalls optisch und akustisch für eine gute, streckenweise sogar rassige Pokal-Atmosphäre und bekundeten auf einem Transparent ihre Solidarität mit dem FCK-Anhang: „Choreoverbot für K'lautern - Euer St. Pauli Modell ist ein Witz!“
Der FCK trat ohne den erkrankten Stiven Rivic und den gesperrten Ivo Illicevic an, präsentierte neben der aus der Vorsaison bewährten Abwehrkette im Mittelfeld die Neuzugänge Christian Tiffert, Chadli Amri und Oliver Kirch sowie vorne Ilian Micanski.
Die Partie nahm ohne großes Abtasten sehr schnell Fahrt auf, die Gastgeber agierten selbstbewusst und in den Zweikämpfen äußerst aggressiv. Damit schien so mancher FCK-Akteur seine Schwierigkeiten zu haben und kam nicht richtig in die Begegnung hinein. In einer Phase, als sich die Roten Teufel gerade etwas besser zurechtzufinden schienen, erzielte der ehemalige BVB-Amateur Sebastian Tyrala mit einem Fernschuss die Führung für den VfL Osnabrück. Das Ganze passierte nach 20 Minuten, genau das hatte der FCK eigentlich verhindern wollen...
Die Fans der Gastgeber nun euphorisch, teilweise gab es Standing Ovations von allen Tribünen, eine prickelnde Pokal-Atmosphäre unter Flutlicht. Der FCK-Anhang gab sich aber keinesfalls geschlagen und unterstützte seine Farben ebenfalls lautstark. Bis zur Pause fiel den Lautrern auf dem Spielfeld allerdings nicht mehr sehr viel ein - zwei oder drei halbwegs schöne Offensiv-Aktionen führten nicht zu wirklich dicken Torchancen. Ganz im Gegensatz zu den Gastgebern, denen sich kurz vor der Pause Tobias Sippel mutig entgegen werfen musste, dabei auch einen Tritt ins Gesicht in Kauf nahm, aber das 0:2 verhindern konnte.
Unverändert kamen die Gäste aus der Kabine und schienen etwas mutiger zu werden. Zwei Minuten nach der Pause ein ordentlicher Schuss von Amri, den VfL-Keeper Berbig aber entschärfen konnte. Ein paar Minuten später hatte Micanski eine gute Chance auf den Ausgleich, die aber in letzter Sekunde zur Ecke geklärt wurde. Nach einer guten Stunde wechselte FCK-Trainer Marco Kurz dann seine komplette linke Seite, die große Probleme offenbart hatte, aus. Alexander Bugera und Amri wurden durch Leon Jessen und Jan Moravek ersetzt, wobei Kirch auf die linke offensive Außenbahn wechselte und Tiffert nun verstärkt über rechts kam, während Moravek sich zentraler positionierte.
Wirklich besser wurde das Spiel der Pfälzer dennoch nicht, obwohl gerade Jessen einige sehr gelungene Aktionen in der Offensive zeigte. So plätscherte die Partie auf ihr Ende hin, was das frühe Pokalaus für den Bundesligisten aus Kaiserslautern bedeutet hätte. Die FCK-Fans gaben nochmal alles, die Mannschaft rackerte, bemühte sich, ohne jedoch Durchschlagskraft oder gar Spielfinesse zu demonstrieren. Eine Viertelstunde vor dem Ende kam schließlich noch Erwin „Jimmy“ Hoffer für Ilian Micanski. Der Österreicher wühlte sich sofort in seine Position im Sturmzentrum, vorerst aber noch ohne Erfolg.
Dann lief die Nachspielzeit, das ganze Stadion stand schon seit Minuten, feierte seine Mannschaft und den durchaus verdienten Einzug der kampfstarken Lila-Weißen in die nächste Runde. Die letzte Minute der Nachspielzeit lief, als nach einer Flanke von Florian Dick der Ball über FCK-Kapitän Martin Amedick sowie einen Osnabrücker Abwehrspieler zu Srdjan Lakic kam, der diesen volley nahm und zum Ausgleich in die Maschen drosch. Nun explodierte der Gästeblock geradezu, eine Art Urschrei wollte auch nach mehreren Minuten noch nicht abebben. Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer hatte unmittelbar nach dem Treffer ab-, aber bald darauf auch wieder angepfiffen - Verlängerung!
Nun ein völlig anderes Bild. Der FCK plötzlich obenauf, die Gastgeber schienen geschockt und müde zu sein. Der Ball lief flüssig durch die roten Reihen, besonders Jessen konnte sich immer wieder über links in Szene setzen, Dick über rechts steigerte sich deutlich, auch Tiffert hatte einige gute Momente.
Bis zur Pause der Verlängerung hielten die Gastgeber noch das 1:1, doch unmittelbar nach dem erneuten Wechsel war es um sie geschehen. Jimmy Hoffer nahm ein Zuspiel von Lakic auf, lief noch ein paar Meter und netzte mit links trocken zur erstmaligen Lautrer Führung ein. Nun war der Gästeblock endgültig obenauf, die Fans der Gastgeber gaben sich aber nicht geschlagen und trieben ihre Farben ebenfalls weiter nach vorne. Dennoch fiel in der 111. Spielminute die Vorentscheidung, und zwar mit der Szene des Tages: Wiederum Hoffer setzte sich nach erneuter Lakic-Vorarbeit in Bruno-Labbadia-Gedächtnis-Manier im gegnerischen Strafraum gegen mehrere Gegenspieler durch, fiel hin, rappelte sich wieder auf und traf zum 3:1 für den FCK. Was für ein Treffer! Nun waren die FCK-Fans siegesgewiss und verabschiedeten zahlreiche bereits nach Hause gehende VfL-Anhänger mit einem zünftigen „Schönen Gruß und auf Wiedersehen“.
Doch die Osnabrücker kamen noch einmal zurück. Mit einem weiteren Fernschuss konnte dieses Mal Björn Lindemann auf 2:3 verkürzen und noch waren gut fünf Minuten zu spielen. Der Stadionsprecher verlangte einen erneuten Hexenkessel der einheimischen Anhänger, was einige wohl falsch verstanden und Torwarttrainer Gerry Ehrmann - mutig! - sowie Co-Trainer Roger Lutz einer Bierdusche unterzogen. Schiri Kinhöfer rief daraufhin beide Trainer zu sich und forderte die Außenstehenden zur Besonnenheit auf, was auch gelang.
Die FCK-Jungs auf dem Rasen brachten den Vorsprung nun relativ sicher über die Zeit und durften sich anschließend von ihren Fans ausgiebig feiern lassen. Jedem war die Erleichterung anzusehen. Beim Abklatschen am Zaun hörte man dabei bereits die ersten langgezogenen „Jimmy“-Rufe - wenn Hoffer so weitermacht, hat er alle Möglichkeiten, ein Fan-Liebling zu werden.
Fazit: Ein interessantes, mitunter sogar rassiges Pokalspiel mit einem glücklichen Gewinner FCK. Wäre das Spiel nach glatten 90 Minuten zu Ende gegangen, wären die Roten Teufel ausgeschieden. Da dies aber nicht der Fall war, darf man die Moral der Truppe loben und darauf hoffen, dass man bis zum Ligaauftakt in Köln noch den einen oder anderen Fehler abstellen kann. Dann kann es endlich so richtig losgehen. Das pfälzische Bundesliga-Comeback steht an!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Altmeister