Als Jens Langeneke in der Nachspielzeit gerade am richtigen Platz stand und für seinen geschlagenen Torwart den Ball von der Linie kratzte, den Srdjan Lakic mit einem traumhaften Fallrückzieher auf die Reise schickte, war das nur der Höhepunkt eines unglaublich guten Zweitligaspiels, quasi das i-Tüpfelchen. Das Tor des Monats blieb dem FCK verwehrt, doch der Punkt war im Sack und eines der besten torlosen Remis der letzten Jahre beendet. Doch der Reihe nach.
Es war für den FCK das siebte Montagsspiel der laufenden Saison, das Spitzenspiel. Für die Fortunen ging es im heimischen Rheinstadion um nicht weniger als darum, den Anschluss an Platz drei nicht zu verlieren. Für die Roten Teufel galt es, den alten Abstand auf die zuvor bereits siegreichen Augsburg und St. Pauli zu wahren. Trotz der widerlichen Terminierung wanderten 35.100 Zuschauer ins „Bunte-Sitze-Stadion“, in dem es leider (noch) keinerlei Stehplätze gibt. Die rund 4.500 mitgereisten FCK-Fans hatten somit eine gewisse Europapokal-Atmosphäre, viel Platz und gute Sicht. Man muss sich das jede Woche wieder mit geschlossenen Augen vorsagen: Über 4.000 Auswärtsfahrer an einem Montag! An einem Samstagmittag um 15:30 Uhr... aber was solls. Noch zwei Mal, Freunde, nur noch zwei Mal! Dann ist diese Krux endlich vorbei, und wir müssen montags und dienstags nie mehr Urlaub nehmen.
Die heimische Ultraszene, unterstützt von einigen Freunden aus Saarbrücken, zeigte in ihrer Ecke einige politische Forderungen für Fan-Rechte und Stadionverbotler sowie eine kleine Choreographie gegen Kommerz und den weiter um sich greifenden „Maskottchen-Wahn“. Aber besonders deutlich zu erkennen war ein Banner auf der Hintertortribüne mit der klaren Forderung auch aus Düsseldorf: „Für immer Fritz-Walter-Stadion!“ Chapeau und danke!
Der Lautrer Anhang präsentierte untermalt von einer eindrucksvollen Fahnen und Schalparade ein Transparent mit dem Wortlaut „Der Aufstieg ist zum Greifen nah - Vorwärts Erster FCK!“ So soll es sein, nun lasst uns also Taten sehen!
Der FCK präsentierte sich zum wiederholten Male in gleicher Aufstellung wie am vorigen Spieltag, die Viererkette machte somit ihr 30. Pflichtspiel in Folge über 90 Minuten. Keeper Tobias Sippel fehlte nur in Braunschweig. Keine Einwechslung, keine Auswechslung, kein Platzverweis, keine Gelbsperre - das ist sensationell!
Beide Teams wollten die Punkte, das war von Anfang an zu erkennen. Der FCK startete besser, drückte die Fortuna gleich hinten rein, wohlwissend, dass es diese Fortuna war, die uns als einzige Mannschaft in dieser Saison bisher mal spielerisch überlegen war. Also, keinen Raum lassen! Das klappte auch etwa 15 Minuten sehr gut. In dieser Zeit hätten Erik Jendrisek und Sidney Sam die verdiente Führung erzielen können. Hinten war von Anfang an klar, wer der Chef am Rhein ist: Martin Amedick. Mit zunehmender Spieldauer kamen die 95er besser ins Rollen, vor allem Andreas Lambertz und der ständig agile Marco Christ, der schon auf dem Betze das Spiel machte, der rührige Martin Harnik, sowie Claus Costa machten den Lautrern Außenverteidigern Alexander Bugera und Florian Dick fortan Probleme, die beide aber recht souverän bewältigten.
Umgekehrt nutzte der FCK in dieser Zeit alle Fehlpässe, um sofort blitzartig auszuschwärmen und Alarm zu schlagen. Leider aber muss man auch die Rheinländer komplimentieren, die Sam fast total abmeldeten und, wenn er doch sich mal durchsetze, entsprechend attackierten. Ein übles Foul von Johannes van den Bergh an der Torauslinie brachte „Sid the Kid“ zudem noch den „Hass“ der Düsseldorfer Kurve ein. Völlig unberechtigt, das war rohes Spiel, Herr Fritz! Doch der Schiedsrichter lag bei, auch teilweise rüden, Foulspielen relativ häufig daneben, allerdings muss man ihm das Leben ja auch nicht so schwer machen und ständig bei jeder Berührung wie die Orion in den Nachhimmel abheben. Das gilt für beide Mannschaften. Letztendlich war es ein hartes Spiel und es wurde viel laufen gelassen - englisch eben.
Düsseldorf kam bis zur Pause besser ins Spiel und setzte vor allem Innenverteidiger Rodnei zu. In der 20. Minute die erste Kleinchance durch einen Heber, den Geburtstagskind Sippel gekonnt entschärfte, dann - nach etwa einer halben Stunde - die erste Ecke für die Gastgeber, die Costa knapp vergeigte. Zentral hatte aber der FCK alles im Griff und Jiri Bilek saugte nicht nur alles weg, gewann fast alle Zweikämpfe fair, sondern öffnete das Spiel besser als sonst, kreuzte auch oft mit Georges Mandjeck, was Lücken riss. Jendrisek hätte ein bisschen mehr Bewegung zum ballführenden Spieler nötig gehabt, Adam Nemec lief oft quer, viele Kilometer, aber ohne viele Anspiele. Markus Steinhöfer überzeugte, durch die Doppeldeckung Sams war seine Seite die wesentlich gefährlichere, was er maßgeblich mit beeinflusste.
Erst in den letzten fünf Minuten, nach Torsten Oehrls Riesenchance, die Amedick überragend klärte, übernahm Fortuna das Kommando und konnte den Betze am Spielaufbau hindern. Der FCK hatte durchgängig einen hohen Ballbesitz, machte klar das Spiel. Eine richtig gute erste Hälfte, in einem tollen, schnellen, taktischen Spiel. Fußball-Leckerbissen!
Die zweite Hälfte begann etwas schläfrig, beide Mannschaften tasteten sich nochmals ab. Lautern setze dann seinen Druck über die Außenbahnen fort, allerdings ohne Effekt. Bilek und Mandjeck verhindern im Gegenzug, dass Christ oder Lambertz steil spielen konnten, so blieben die Sturmreihen ohne Nachschub. Erst nach 65 Minuten erwachten die beiden Offensivreihen wieder. Mandjeck klärte fair gegen Lambertz, Schiedsrichter Fritz pfiff, klare Fehlentscheidung. Christ jagte den Ball an den Innenpfosten, der kullerte über die Torlinie und ... Bilek war schneller dran als Costa! Dann eine klasse Parade von Sippel nur Sekunden später, als er den Ball aus dem kurzen Eck fischte. Jetzt machte Düsseldorf ernst.
Der Rest vom Spiel gehörte den Rheinländern, die nun auch auf den Tribünen erwachten und ihr Team bundesligareif anfeuerten. Die Lautrer hielten mit starkem Wechselgesang auf den Rängen und massivem Stellungskampf auf dem Grün dagegen. Zwischen der 77. und 84. Minute hatte Fortuna vier gute Gelegenheiten um den Dreier zu holen, doch Amedicks Bollwerk hielt stand! Eine länderspielreife Leistung des Kaptiäns! Jogi... schon gesehen? Wer sind Tasci und Boateng? Per Mertesacker und Amedick nebeneinander, das hätte was! Oder um einen bekannten Slogan abzuwandeln: In der Zweiten kickt man besser!
Zwischendurch sorgte Lakic, der nach Stundenfrist für Nemec gekommen war, für Entlastung mit einem Kopfball aufs Netz... knapp! Es hätte durchaus 3:3 stehen können, aber die Klasse beider Abwehrreihen und das notwendige Glück machten dieses Spiel zu einem torlosen Schmankerl für Fussball-Ästheten.
Dann die letzte Minute, keiner hatte sich mit dem Remis zufrieden gegeben, bis zum Schluss alles riskiert. Der letzte Eckball für die Roten Teufel und Lakic jagt das Ding mit einem perfekten Fallrückzieher Marke „Klaus Fischer“ Richtung Linie, doch da stand Langeneke und vermieste dem FCK-Anhang den ultimativen Block-Pogo. Verdammt!
Aus Düsseldorfer Sicht eine verständliche Meinung von Coach Norbert Meier, der konstatierte: „Wegen der Chancen in der zweiten Halbzeit hätten wir es verdient gehabt, das Spiel zu gewinnen.“ Allein allerdings wegen Lakics Last-Minute-Einlage hätte der FCK, der in der ersten Hälfte das Spiel klar beherrschte ebenso den Sieg zu Recht mit nach Hause genommen. Bis auf eine haarsträubende Aktion von Bugera, einen Stellungsfehler von Dick und ein „Allein-gegen-Düsseldorf“-Solo am eigenen Strafraum von Mandjeck, stand der FCK zudem sicher und abgebrüht. Wie ein Aufsteiger... nein, wie ein Erstligist eben!
„Die eine oder andere Nachlässigkeit hat meine Mannschaft mit viel Herz und einem Quäntchen Glück noch wettgemacht“, meinte der FCK-Trainer Marco Kurz, doch das ist nur die halbe Wahrheit. Mit Amedick, Bilek und Sam haben wir gleich drei Führungsspieler, die man gegen jeden derzeitigen Erstligisten ab Platz 6 nach unten als „besser im Verbund“ einstufen kann, ergänzt durch einen Aktivposten wie Steinhöfer oder Ilicevic, der dieses Mal etwas zu spät kam, um Akzente zu setzen, stets gefährlich. Zudem haben auch Dick und Bugera ihre Aufgaben im defensiven Bereich eigentlich wieder souverän gelöst. Es fehlt uns ein Knipser! Beinahe wäre Lakic einer gewesen....
Der FCK steht nach wie vor mit Recht auf Platz eins der besten zweiten Liga Europas und wird im nächsten Jahr eine gute Rolle im Oberhaus spielen, wenn diese Leistungsträger bleiben und punktuell ergänzt werden. Dafür braucht man Glück und Können. Genauso dafür, dass man hinten 30 Pflichstspiele lang ohne Änderungen und wie eine Wand steht. Ein Meilenstein für den Aufstieg!
Herzlichen Glückwunsch also, zum 22. Geburtstag an Tobias Sippel, und... herzlichen Glückwunsch zum 30. an die Viererkette, es war ein guter „Geburts-Tag“. Auf die nächsten sieben „Festtage“!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco