Ein rundum gelungener Tag für alle Freunde des 1. FC Kaiserslautern. Mit einem 3:1-Sieg beim Karlsruher SC konnten die Roten Teufel ihre exzellente Position im Aufstiegsrennen weiter ausbauen. Und als i-Tüpfelchen gewann zeitgleich auch noch die zweite Mannschaft im Fritz-Walter-Stadion gegen den Erzrivalen Waldhof Mannheim. Gleich zwei überragende Derbysiege an einem Tag - perfekt!
Aus Kaiserslautern reisten rund 1.000 Fans in einem völlig überfüllten Entlastungszug nach Karlsruhe. Für ersten Unmut sorgte hier die Polizei, die teilweise sehr unfreundlich mit der gewaltsamen Räumung der Bereiche zwischen den Waggons drohte, wenn die Fans sich nicht noch mehr zwischen die Abteile quetschen als ohnehin schon. Nach Ankunft in Karlsruhe folgte dann die totale Eskalation: Zwei Anhänger des FC Metz, die den befreundeten FCK mit einer ganzen Busbesatzung begleiteten, wurden unter dem Vorwurf gekifft zu haben noch am Bahnsteig aus der Menge gezogen. Die (friedlichen) Vermittlungsversuche von FCK-Fans zwischen den nicht deutsch sprechenden Metzern und den nicht französisch sprechenden Polizisten endeten in einem brutalen Schlagstockeinsatz, bei dem Pfefferspray gleich von mehreren Seiten und in Massen auf teilweise sogar völlig unbeteiligte Fans gesprüht wurde. Am Bahnsteig entstand eine Panik und die Fans drängten Richtung Ausgang, während die Polizisten immer weiter aufrückten und noch mehr Pfefferspray einsetzten - wären hier Fans gestolpert und überrannt worden oder die Treppen herunter gefallen, hätte es zweifellos Schwerverletzte gegeben.
Im Vorfeld des Fußballspiels hatte ausgerechnet die Polizei noch zu einem friedlichen Derby aufgerufen und den Einsatz von „Anti-Konflikt-Teams“ angekündigt. Am Bahnsteig selbst war dann aber nur ein Konfliktmanager zu sehen, der erst nach mehrmaliger direkter Aufforderung eingriff, gleichzeitig waren an die 50 gepanzerte und bewaffnete Polizeibeamte im Einsatz. Die Bilanz: Mehr als ein Dutzend verletzte FCK-Fans, während die Polizei im Nachgang von Flaschenwürfen gegen Beamte spricht, die es laut zahlreichen Zeugenaussagen aber gar nicht gegeben hat.
Im Wildparkstadion angekommen sahen die Fans dann ein mit 28.765 Zuschauern ausverkauftes Rund, darunter etwa 9.000 Schlachtenbummler aus Kaiserslautern. Da sämtliche größeren Fan-Aktionen im Vorfeld verboten wurden, gab es man im Gästeblock nur einige kleine Schwenkfahnen, auch die Stimmung war zu Beginn - wohl auch dank der turbulenten Anreise - noch nicht auf dem Siedepunkt. Die Karlsruher Fans auf der Gegengeraden zeigten indes eine Choreographie mit blau-weißen Fähnchen, zwischen denen ein KSC-Wappen und die Konterfeis der berühmten badischen Erfinder Carl Benz und Karl Drais hoch gezogen wurden: „Was wäre die Welt ohne Karlsruhe?“ Nach wenigen Sekunden machten sich die Blockfahnen allerdings selbstständig und knickten im starken Wind um, so dass nichts mehr zu erkennen war. Zu allem Überfluss flogen dann auch noch unzählige der blau-weißen Fähnchen auf den Rasen, was zu einer kurzen Spielunterbrechung führte.
Das bereits am Vortag mit Unwetterwarnungen angekündigte Sturmtief „Xynthia“ sorgte nicht nur beim Spiel für irreguläre Bedingungen, sondern auch für Lebensgefahr im und um das Stadion. So entstanden unter anderem durch entwurzelte Bäume ein Sachschaden von rund 500.000 Euro und während dem Spiel mussten mehrere Bereiche des Stadions geräumt werden, da die Sicherheit der Zuschauer nicht mehr gewährleistet war - ein meterhohes Kamerapodest wackelte nach einer heftigen Windböe und Werbebanden wurden vom Sturm abgerissen, hinzu kamen unzählige herumfliegende Kleinteile. Während der Halbzeit und nach dem Spiel gab es gar eine Blocksperre, die Zuschauer durften ihre Blöcke bzw. das Stadion aus Sicherheitsgründen nicht verlassen.
Unter diesen Umständen geriet das Fußballspiel fast zur Nebensache, wurde von der Stadt Karlsruhe aber bereits am Morgen dennoch freigegeben. FCK-Trainer Marco Kurz änderte seine erfolgreiche Formation vom Spitzenspiel gegen St. Pauli nur auf einer Position: Markus Steinhöfer ersetzte Ivo Ilicevic, der zweite erfolgreiche „Joker“ Srdjan Lakic musste hingegen wieder auf der Bank Platz nehmen. Mehr Sorgen hatte Markus Schupp, mit dem FCK Deutscher Meister 1991, auf der Trainerbank des KSC. Nicht nur der Ex-Lautrer Marco Engelhardt gehörte aufgrund schwacher Leistungen nicht zur ersten Elf - schließlich sollte die Serie von zuletzt fünf Niederlagen in sechs Spielen beendet werden.
Angesichts der trotz Sonnenschein widrigen Wetterbedingungen fanden beide Teams nur schwer ins Spiel. Insbesondere der Tabellenführer aus der Pfalz konnte sich nicht wie gewohnt durchsetzen, doch auch der KSC kam nur zu wenigen Torchancen. Erst kurz vor der Pause konnten die Gastgeber etwas mehr Druck entwickeln und kamen in der letzten Minute der ersten Halbzeit zum Führungstreffer durch Macauley Chrisantus. Rückstand kurz vor dem Pausenpfiff, die Roten Teufel schienen diesmal nicht mit der Glücksgöttin Fortuna im Bunde. Auch die Stimmung war zwar gut, aber noch nicht eines Derbys würdig. Sowohl die Gästekurve als auch der kleine Fanbereich der Karlsruher am Rande der Haupttribüne taten sich außerdem schwer mit dem Ansingen gegen den nach wie vor starken Wind, der weiterhin für einige kurze Spielunterbrechungen sorgte.
Im zweiten Abschnitt wandelte sich das Bild dann, der FCK kam nun besser ins Spiel und nahm schnell das Zepter in die Hand. In der 56. Minute war es schließlich Erik Jendrisek, der einen von Jiri Bilek verlängerten Eckball Alexander Bugeras aus kurzer Distanz einnetzen konnte. Es folgte ein Urschrei aus der Südkurve, die fest in Lautrer Hand war - „jawoll, da geht noch was!“ Der Tabellenführer aus der Pfalz bestimmte nun klar das Spiel und auch die mitgereisten Fans sorgten langsam aber sicher für Heimspiel-Atmosphäre. KSC-Torwart Markus Miller konnte mehrmals noch gerade so retten, nachdem sich der Ball jeweils vom Wind getragen bedrohlich auf sein Tor senkte, doch gegen den nach 70 Minuten eingewechselten „Edeljoker“ Lakic hatte auch er keine Chance: Ein von der Karlsruher Abwehr geblockter Schuss fiel dem Kroaten vor die Füße, der das Leder zur Lautrer Führung in die Maschen hämmerte (79.). Der Wildpark bebte!
Noch besser kam es in der 85. Minute, als sich die Kunde vom Führungstreffer der zweiten Mannschaft im zeitgleichen Spiel gegen Waldhof Mannheim im Gästeblock verbreitete. „Nie mehr SV Waldhof“, „Nie mehr zweite Liga“, „Oh, wie ist das schön“ - die trotz Alkoholverbots freudetrunkenen FCK-Fans wussten gar nicht mehr, wie ihnen geschah. Den Schlusspunkt unter einen grandiosen Fußballtag setzte erneut Lakic, der sich wie schon gegen St. Pauli in der Nachspielzeit in Richtung eines Bugera-Freistoßes hochschraubte und das dritte Tor für die Roten Teufel markierte. Der FCK gewinnt mit 3:1 beim KSC, die Fans ließen erneut ein brachial lautes „Nie mehr zweite Liga“ folgen!
Ebenso enthusiastisch wie die Anhänger feierte auch die Mannschaft diesen Sieg. Gleiches galt für Torwarttrainer und FCK-Legende Gerry Ehrmann, der von den mitgereisten Fans gefeiert wurde wie in besten Zeiten. Wir sind die Besten im Südwesten - oder in Anlehnung an den doppelten Derbysieg an diesem Sonntag: Die Könige des Südwestens grüßen von der Tabellenspitze!
Berauscht von diesem denkwürdigen Fußballtag nahmen die FCK-Fans auch die knapp einstündige Blocksperre locker, während die Karlsruher Ultras wutschnaubend hinter dem Gästeblock standen und einige Feuerwerkskörper in die Luft schossen. Angeblich hatten sie geklaute KSC-Fahnen im Bereich der Gästefans vermutet, was aber offensichtlich nicht den Tatsachen entsprach.
Wie schon am Hinweg kam es dann auch bei der Rückreise der Zugfahrer aus Kaiserslautern zu Komplikationen. Nur langsam setzten sich die Shuttlebusse aufgrund der teilweise gesperrten Straßen vom Wildpark gen Bahnhof in Bewegung und auch der Entlastungszug verließ Karlsruhe erst mit über einer Stunde Verspätung. Wegen des Sturms musste jedoch eine andere Route als auf der Hinfahrt gewählt werden und ab Ludwigshafen bzw. Neustadt konnte der Zug dann gar nicht mehr weiter fahren. Nach reichlicher Wartezeit stellte die Bahn schließlich Busse zur Verfügung, die auch die letzten Fans mit bis zu sechs Stunden Verspätung endlich in Kaiserslautern ankommen ließen.
Nach dem Spiel verhielten sich auch die eingesetzten Polizeibeamten vom Wildparkstadion über den Zwischenhalt in Ludwigshafen bis zur Ankunft in Kaiserslautern ausgesprochen freundlich und kooperativ. Diese Strategie der Deeskalation ging voll auf und obwohl unter den wartenden Fans auch jene waren, die am Morgen von der Polizei verletzt wurden, kam es zu keinerlei Problemen.
Sportlich reitet der FCK weiter auf einer nicht abebben wollenden Euphoriewelle. Der Sieg in Karlsruhe bedeutet 53 Punkte nach 24 Spieltagen und damit bereits jetzt eine bessere Bilanz als in der vergangenen Saison, in der die Roten Teufel immerhin auch lange im Aufstiegsrennen mitmischten. Als nächstes stehen zwei Heimspiele gegen Frankfurt und Cottbus an - und selbst wenn die negative Sensation eintritt und beide Spiele verloren gehen, stehen die Roten Teufel immer noch auf einem direkten Aufstiegsplatz!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas