Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - 1860 München 2:1

Zurück im Aufstiegsrennen

Es war Mitte der zweiten Halbzeit, als der Betze aus seiner Lethargie erwachte. Zu einer Zeit, in der auf dem Platz so gut wie nichts ging, kaum Bewegung bei den Spielern auszumachen war und auch die Fans fast teilnahmslos dem Treiben zuschauten. Doch dann wurde die Wende eingeleitet - von den Rängen aus!

Doch alles der Reihe nach: Beim Einlaufen der beiden Mannschaften wurde in der Westkurve an die etwas eingeschlafene Fanfreundschaft zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und 1860 München erinnert, ein Transparent mit der Aufschrift „Tradition verbindet“ wurde durch zwei sich aufeinander zu bewegende Wappen der beiden Clubs untermalt. Gleichzeitig wurde in Block 8.2 klar gemacht, dass die Punkte trotz der Freundschaft in der Pfalz bleiben sollen, ein weiteres Transparent verkündete: „Heute zählt nur eins - Sieg!“.

Zur ersten Chance des Spiels kam nach sieben Minuten der in vorderster Front spielende Benjamin Auer mit einem Kopfball, der über die Latte ging. Es war wohl Auers beste Szene im Spiel, ansonsten konnte die Bochumer Leihgabe wieder nicht überzeugen; es ist jedoch auch unverständlich, den bekannt langsamen Auer stets steil zu schicken, statt das Spiel über die Außen zu forcieren. Dies fand in der 1. Halbzeit eigentlich kaum statt, besonders die rechte Angriffsseite der Lautrer war teilweise komplett verwaist. Anders die der Sechzger: Nach gutem Beginn des FCK und leiser werdendem Support aus dem weiten Rund kamen die Löwen immer wieder gefährlich über ihre rechte Flanke, Gregory Vignal wurde ein ums andere Mal überlaufen, bis die aufgerückten Lautrer in der 15. Minute einkalt ausgekontert wurden. Mucksmäuschenstill wurde es plötzlich, als der ehemalige FCK-Spieler Berkant Göktan einen schnellen Konter mit einem sehenswerten Lupfer über Torwart Jürgen Macho hinweg abschloss und die Sechzger mit 1:0 in Führung schoss. Schon wieder ein Rückstand im eigenen Stadion und viele FCK Fans dachten schon mit Grauen an den Montags-Fluch, doch nur eine Minute später lagen sich alle wieder jubelnd in den Armen: Freistoß Tamas Hajnal, Kopfball Marcel Ziemer: 1:1 nach 16 Minuten! Die Erleichterung, nicht schon wieder ewig einem Rückstand hinterher laufen zu müssen war fast greifbar, der Jubel groß und die Hoffnung, dass die Mannschaft schnell nachlegen kann ebenfalls.

Doch dem war nicht so, die restliche Zeit der ersten Halbzeit passierte weder auf den Rängen noch auf dem Platz viel und so wurde die Mannschaft teilweise mit Pfiffen in die Kabine geschickt. Ebenfalls mit einigen Pfiffen bedacht wurde Schiedsrichter Wagner, der eine recht eigenwillige Art zu Pfeifen an den Tag legte, mit dem Höhepunkt, Axel Bellinghausen die gelbe Karte zu zeigen, obwohl Vignal ein Foul begangen hat.

Die 28.752 Zuschauer, darunter knappe 1.000 Löwenfans, die leider nur selten akustisch vernommen werden konnten, erlebten zu Beginn der zweiten Halbzeit besagte Lethargie: Keine Bewegung auf dem Platz, der Spieler mit dem Ball war der Dumme. Zwar spielte nun Emeka Opara für Auer und kurze Zeit später Stefan Lexa für Sven Müller, es änderte sich aber erstmal nichts. Symptomatisch war die Szene, als Lexa mit dem Ball am Fuß ins Aus lief. Langsam machte sich Unmut im Fritz-Walter-Stadion breit, erste Pfiffe waren nach missglückten Aktionen zu hören, Kopfschütteln wohin man blickte.

Doch dann besann sich die Kurve auf ihre Funktion als zwölfter Mann: Ein langsam anschwellendes Schalalala, dazu gewedelte Schals und nach und nach immer mehr geschwenkte Fahnen erinnerten an frühe Zeiten auf dem Betzenberg: Wenn nichts mehr geht, muss wenigstens die Kurve alles geben! Und dies trug Früchte: Als die Westkurve eigentlich nur noch damit beschäftigt war, sich selbst zu feiern - auf Spielszenen wurde kaum noch reagiert - gab es einen Einwurf auf Höhe des Fünfmeterraums: Steffen Bohl „flankte“ den Einwurf in die Mitte, Opara verlängerte mit dem Kopf und Silvio Meißer musste den Ball aus zwei Metern nur noch über die Linie drücken. Was darauf folgte war pure Extase, der Betzenberg explodierte geradezu, und jeder wusste: Wenn es ein Tor in dieser Saison oder den letzten Jahren gab, das durch die Fans geradezu erzwungen wurde, dann dieses!

Kurz vorher schon scheiterte Vignal mit einem Freistoßhammer am gut parierenden Hofmann, zu diesem Zeitpunkt war das Tor absolut verdient. Der FCK spielte zwar keinen grandiosen Fußball, aber scheinbar sprang der Funke von den Rängen auf den Platz und bewirkte, dass sich die Truppe zusammenriss und den Sieg wirklich wollte. Nach dem 2:1 wurde kräftig weiter gesungen, die Unterstützung ebbte bis zum Spielende nicht mehr ab. Optisch und akustisch wohl das Beste, was es in letzter Zeit bei FCK-Heimspielen zu erleben gab - beinahe vergleichbar mit dem Pokalfinale 2003 in Berlin.

Der Sieg geriet auch nicht mehr in Gefahr, das Aufbäumen der Löwen fiel aus, stattdessen hätte der FCK, wieder durch einen Freistoß von Vignal, durchaus das 3:1 erzielen können. Ehrlich gesagt wäre dies jedoch nicht verdient gewesen, trotz der Leistungssteigerung gegen Ende war die Leistung über 90 Minuten betrachtet nicht berauschend, in der 1. Halbzeit hätten die Sechzger nur entschlossener ihre Konter abschließen müssen - es wäre wohl anders ausgegangen.

Doch was zählt sind die drei Punkte, durch die der FCK zum MSV Duisburg aufschließen konnte. Noch lange nach dem Abpfiff hörte man Schlachtrufe im und außerhalb des Stadions - immer dabei die Hoffnung, durch den Sieg einen Push zu bekommen und das Wissen, durch den starken Dauergesang selbst einen Teil zu Sieg beigetragen zu haben.

- Fanfotos vom Spiel

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Sebastian

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