Rückschlag im Erzgebirge
Aue - ein schmuckes Kleinstädtchen im Erzgebirge, mit etwa 18.000 Einwohnern die kleinste Profifußball-Residenz in Deutschland. Jedoch mit riesiger Fußballtradition, spielte doch der Club unter dem Namen BSG Wismut Aue als einziger Klub ohne jede Unterbrechung in der ehemaligen DDR-Oberliga. Im Erzgebirgestadion fanden sich 14.100 Zuschauer ein, davon etwa 700 Fans der Teufel aus der Barbarossa-Stadt, die überall freundlich und sehr nett empfangen wurden. Sie sahen ein ganz in veilchen-lila und weiß getauchtes Oval, in dem die sächsischen Anhänger ihren Club von der ersten Minute an nach vorne peitschten.
Der FCK wollte diesen Sturmlauf mit Viererkette und nur einer Spitze brechen. Benjamin Auer blieb, angeblich leicht angeschlagen, auf der Bank, dafür war Sven Müller wieder dabei. Ansonsten vertraute Wolf der Startelf vom 4:0-Sieg gegen Unterhaching.
Bereits nach zwei Minuten hatte Aue die erste Chance, Lautern fand überhaupt nicht ins Spiel, gewann im Mittelfeld kaum Zweikämpfe und wurde immer wieder zu Rückpässen gezwungen. Die Roten Teufel waren ob der druckvollen Spielweise der Sachsen überrascht und ließen sich hinten rein drängen. Die Viererkette stand alles andere als sicher, insbesondere weil Moussa Ouattara sich nicht dazu bewegen ließ seitlich zu schieben und Sven Müller nach hinten den Laufradius einer angebundenen Ziege hatte. So musste der junge Sascha Kotysch immer wieder alleine die rechte Seite zumachen, was schon in der 11. Minute schief ging. Nach Kopfballverlängerung stand Dostalek völlig alleine hinter dem langen Eck und ließ FCK-Keeper Jürgen Macho aus zehn Metern keine Chance.
Die Auer Fans trugen von nun an ihre lautstarke und emotionale Unterstützung ihrer Elf noch intensiver vor, während sich im Gästeblock kaum etwas rührte. Etwa 50 aktive Fans versuchten teilweise verzweifelt, die anwesenden, aber in großer Anzahl regional beheimateten, FCK-Anhänger zu animieren - erfolglos. Es ist toll, dass der FCK gerade in den neuen Ländern so viele Anhänger hat, es wäre jedoch noch toller, wenn diese sich dann auch aktiv mit einbringen! Die Veilchen hingegen gefielen mit Wechselgesängen, teilweise schönem, altem Wismut-Liedgut und einem insgesamt großem Repertoire. Die Erwartungen nach dem guten Hinspiel-Auftritt wurden allerdings nicht komplett erfüllt und auch die versuchte Wende-Choreographie der Auer Ultras misslang - nur das Spruchband „Back to the roots“ entsprach hier Bundesliga-Ansprüchen.
Zurück zum Spiel: Nach dem Rückstand versuchte vor allem Ismael Bouzid sich mehr ins Angriffsspiel einzuschalten, war neben den wiederum agilen Axel Bellinghausen und Silvio Meißner gefährlichster Roter. Der FCK übernahm jetzt das Kommando und kam zu großen Chancen, die wieder einmal kläglich vergeben wurden. Zunächst „Bello“ aus 16 Metern drüber (16.), dann Kopfball von Müller links vorbei (18.). In der 20. Minute lag die Kugel frei am Fünfmeterraum, doch Ouattara und Marcel Ziemer fanden sie im Getümmel nicht, zwei Minuten später hat dann Bouzid die Riesen-Kopfballchance, wieder vorbei... es hätte locker Unentschieden stehen müssen.
Bouzid war nun auch derjenige, der hinten Kotysch aushalf, wenn Müller mal wieder der Rückwärtsgang versagte, insbesondere nach eigenen Ballverlusten. Das ging gut bis zur 41. Minute. Bereits verwarnt für ein Allerwelts-Foul und nach einer Attacke von hinten schon auf der Kippe, grätschte er Rangelov von hinten in die Parade. Er traf zwar den Ball zuerst und wurde sicherlich vom nassen Rasen nicht gerade gebremst, doch wer zweimal so einsteigt, der muss mit Konsequenzen rechnen. Die zog Schiri Frank aus Hannover auch. Gelb-Rot! Lautern nur noch zu zehnt und im Rückstand. Ohne Bouzid hier wegen seiner übertriebenen, aber eigentlich fairen Aktion an den Pranger zu stellen, war dies doch die wahrscheinlich spielentscheidende Situation. Spielentscheidend aber auch, dass wiederum die Chance vertan wurde, von Anfang an klar zu zeigen, was man will, indem man zwei Spitzen aufbietet. Egal ob diese Auer, Ziemer oder Werner heißen, jeder von den Jungs hätte anfangen können! Noch schlimmer die mangelnde Einsicht und Konsequenz nach dem Rückstand zu reagieren, spätestens nach der Hinausstellung weitere Offensivkräfte zu bringen und umzustellen auf 3-4-2.
Bellinghausen und Müller mussten in der zweiten Hälfte tatsächlich beide außen in der Kette spielen! Dafür kam Josh Simpson, der ein engagiertes Spiel zeigte, aber durch den extrem schlechten Tag von Tamas Hajnal, der kaum einen Zweikampf für sich entschied, zu selten in Szene gesetzt werden konnte. So war wiederum zunächst nur der Gastgeber am Ball und hatte unter anderem zwei Aluminiumtreffer, während der FCK kaum noch Torraumszenen hatte. Aue wurde zudem ein Elfmeter verwehrt, nach Foul von Meißner gegen Kos.
Übrigens: Als FCK-Trainer Wolfgang Wolf Nachwuchsstürmer Christoph Werner brachte, nahm er Ziemer raus, brachte die zweite Spitze mit Auer erst 13 Minuten vor dem Ende. Immer wieder stellt man fest, dass der Trainer sozusagen seine Mannschaft durch die Taktik und Wechselspiele praktisch „entwaffnet“. Was soll das?
Fazit: Wolf versuchte es bis zum bitteren Ende in Unterzahl mit der Viererkette, beorderte zudem die einzigen zwei Spieler, die das Spiel nach vorne hätten wenden können, nach hinten Der FCK hat völlig verdient verloren, weil er bis auf 20 starke Minuten in Durchgang eins keine Zeichen setzte, kaum ein Spieler und vor allem nicht der Trainer zeigten, dass sie hier etwas holen wollen. Verletzungen und Krankheiten sind keine Ausreden für taktische Feigheit auf dem Platz. So gewinnt der Betze auswärts keinen Blumentopf!
Nun muss der FCK wieder auf die Konkurrenz hoffen - und auf viele eigene Siege in den verbleibenden zehn Spielen!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco