Gefühlter Auswärtssieg zum Jahresabschluss
Zum Abschluss der Vorrunde 2006/07 fand das „Lieblings-Auswärtsspiel“ des 1. FC Kaiserslautern beim - trotz schwacher Vorrunde immer noch aufstiegsambitionierten - 1. FC Köln statt. Seit 17 Jahren hatten die Lautrer dort nicht mehr verloren, und das sollte auch diesmal wieder so bleiben. Doch der Reihe nach!
49.500 Zuschauer, darunter annähernd 6.000 FCK-Fans, sorgten für einen neuen Zweitliga-Saisonrekord. Die Kölner Ultras von der „Wilden Horde“ präsentierten vor Spielbeginn zu ihrem 10-jährigen Bestehen eine passable Choreographie, wirklich gute Stimmung kam in der Südkurve aber im weiteren Verlauf des Abends nur selten auf, während der Gästeblock sich zumindest in der 2. Halbzeit sehr lautstark präsentierte.
Nach beiderseits eher verhaltenem Beginn auf dem Spielfeld kam es nach wenigen Minuten aber zu einigen wüsten Rangeleien im Gästeblock zwischen dem übermotivierten Ordnungsdienst und einigen FCK-Fans, die auf den Zaun geklettert waren, was der Security wiederum nicht passte. Als sich die Situation langsam beruhigte, traf aus heiterem Himmel Ismael Bouzid ins eigene Netz - 1:0 für die Geißböcke (14.). Nun kamen die Kölner etwas besser ins Spiel, die Stimmung der eigenen Fans blieb trotzdem eher schwach. Als wiederum Scherz in der 36. Minute das 2:0 für die Kölner erzielte - dieses Mal aus klarer Abseitsposition - schien bereits frühzeitig eine Vorentscheidung gefallen. Der FCK hatte zwar in den letzten 20 Minuten vor der Pause optische Vorteile, konnte aber aus mehreren guten Torchancen noch kein Kapital schlagen. Es drohte also die erste Niederlage in Köln seit Ende der 1980er Jahre.
Doch was sich dann in der 2. Halbzeit abspielte, haben selbst hartgesottene und langjährige FCK-Fans in dieser Form wohl noch nie erlebt. Zunächst kamen die Kölner noch zu zwei bis drei ordentlichen Torchancen, bevor sich die Roten Teufel immer mehr in diese Partie hinein bissen. Hoch verdient erzielte der erneut hervorragende Tamàs Hajnal mit einem herrlichen Freistoß nach einer Stunde den Anschlußtreffer. Doch nur wenige Minuten später mußte der erstmals in der Abwehrzentrale eingesetzte und bis dahin sehr gut spielende Azar Karadas nach einer Attacke gegen Scherz mit Gelb-Rot vom Platz. Daran anschließend entwickelte sich eine Rudelbildung mit kleineren Handgreiflichkeiten auf beiden Seiten, woraufhin nur wenige Sekunden nach Karadas nun auch noch Balàsz Borbély mit Gelb-Rot vom Platz mußte. Lautern mitten in der eigenen Drangphase plötzlich nur noch mit neun Mann, und das 25 Minuten vor Schluß. Das mußte doch nun endgültig der Kölner Sieg sein?!
Doch weit gefehlt! Was diese neun wunderbaren Teufel von da an ablieferten, hat man seit Jahren nicht mehr gesehen. FCK-Trainer Wolfgang Wolf hatte mittlerweile dreimal ausgewechselt und mit Matthias Henn, Nicolas Pavlovich und dem 18-jährigen Debütanten Sascha Kotysch für Sven Müller, Josh Simpson und Noureddine Daham für frischen Wind gesorgt. Stefan Lexa, der sein bisher bestes Spiel im Dress der Roten Teufel zeigte, und Axel Bellinghausen, lieferten ein unglaubliches Laufpensum über die Flügel ab und stießen immer wieder in die Spitze. Hajnal war stets anspielbar und oft nur mit Fouls zu bremsen. Pavlovich kämpte wie ein Löwe und nahm es mehrfach mit gleich drei Gegenspielern auf. Die tapferen neun Pfälzer schnürten nun doch tatsächlich die immer stärker verunsicherten Kölner mehr und mehr in deren eigenen Hälfte ein und drückten auf den Ausgleich. Die FC-Spieler wirkten wie paralysiert. Nachdem Kotysch mit einem schönen Kopfball schon beinahe getroffen hatte, markierte dann Steffen Bohl in der 82. Minute nach Freistoßflanke von Hajnal das inzwischen hochverdiente 2:2. Mit neun gegen elf Mann!
Was für ein Jubel beim Team, auf der Bank und vor allem im Gästeblock, wo sich wildfremde Menschen in den Armen lagen und ihr Glück nicht fassen konnten. In den letzten Spielminuten mußten dann auch noch die Kölner Spieler Madsen und Haas nach überflüssigen Attacken auf ihre Gegenspieler mit Gelb-Rot vorzeitig vom Platz, so dass am Ende nur noch 9 gegen 9 spielten und der FCK dem Sieg mittlerweile deutlich näher war als der einheimische FC. Der ganze Gästebereich inklusive den lautstarken FCK-Fans auf den Sitzplätzen unterstützte und feierte das eigene Team, während die Kölner Fans zunehmend die Fassung verloren. Zunächst noch gab es schon beim Spielstand von 1:2 vereinzelte Pfiffe gegen das eigene Team, die sich dann in ein übles Pfeifkonzert mit wüsten Beschimpfungen steigerten und schließlich nach dem Spiel zu einer Busblockade und einem stundenlangen Polizeieinsatz bis nach Mitternacht führten.
Wie anders sah es da auf der Nord- und der angrenzenden Osttribüne des Stadions aus! Selten sah man die Mannschaft und Trainer Wolfgang Wolf so ausgelassen und ekstatisch jubeln. Noch lange nach Spielende feierte der Gästeanhang das Unentschieden wie einen Sieg, wobei Erinnerungen an den grandiosen Last-Minute-Sieg in der vergangenen Saison wach wurden. Köln - für FCK-Fans immer eine Reise wert!
Mit dieser Energieleistung hat die Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern gezeigt, dass sie alles daran setzen wird, um den Aufstieg im Mai 2007 zu realisieren. Und die Lautrer Fans haben ebenfalls klargestellt, dass sie ihren Teil zu diesem hohen Saisonziel beitragen werden. Hoffen wir also auf die nächste große Party gegen den 1. FC Köln am 20. Mai 2007 auf dem Betzenberg. Zunächst aber können alle FCK-Fans mit nun 30 Punkten in Ruhe das Weihnachtsfest genießen.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Altmeister