Auf zum letzten Gefecht. Können sich die Roten Teufel ihre Mini-Chance auf Relegationsrang 3 so schönreden, dass sie "volle Pulle" zur Sache gehen? Für die Kölner ist die Ausgangslage einfacher zu fassen: Nicht verlieren, und alles ist gut.
So lief's seit dem Hinspiel: Zum Jahresabschluss 2024 gewann der 1. FC Köln im Fritz-Walter-Stadion mit 1:0 und sicherte sich so den wunderschönen Titel des "Wintermeisters", den Kölns österreichischer Trainer Gerhard Struber an diesem Tag in Deutschland einführte - klingt das nicht irgendwie nach "Game of Thrones"? Es war bereits das fünfte 1:0 der "Effzeher" innerhalb weniger Wochen, und der gemeine Fußball-Beobachter fragte sich: Zeugt diese Häufung knapper Siege wirklich nur von Matchglück, das sich bald auch wieder wendet - oder vielleicht doch von der speziellen Qualität einer Mannschaft, eben keinen mehr reinzulassen, sobald sie den Führungstreffer erzielt hat? Im Kölner Vorstand setzte sich am 32. Spieltag offenbar die erste These durch. Nach einem 1:1 zuhause gegen Absteiger Regensburg trennte sie sich nicht nur von Coach Struber, sondern auch von Sportchef Christian Keller - obwohl der "Effzeh" zu diesem Zeitpunkt noch immer Tabellenzweiter war. Vorausgegangen war eine Rückrunde, in der zwar zwei Mini-Serien mit drei Siegen in Folge gefeiert werden durften, es aber auch ständig Rückschläge gab. Wer verliert schon ein Heimspiel gegen Hertha BSC? Okay, der 1. FC Kaiserslautern, insofern eher schlechtes Beispiel. Für Struber kam, wie vor allem die Pfalz mit angehaltenem Atem registrierte, der Mann, der vergangene Saison den Lautrern den Allerwertesten rettete und sie gegen Saarbrücken ins DFB-Pokal-Finale führte: Friedhelm Funkel. Der 71-Jährige soll in den zwei verbleibenden Spielen den direkten Aufstieg klarmachen. Das erste in Nürnberg gewann er direkt mit 2:1 - mit einem Führungsstil, der, so der "Kicker", von "Ruhe, Vertrauen und Schmunzlern" geprägt war. Möglich gemacht hat den Erfolg hauptsächlich allerdings ein kapitaler Bock des FCN-Keepers Michal Kukucka, der eigentlich nur dritter Torwart der "Glubberer" ist, dem Trainer Miro Klose aber ausgerechnet in dieser Partie Spielpraxis spendierte. Drum dürfte der Name Klose im Lautrer Umfeld seither von einigen Freundeslisten getilgt worden sein. Zum Finale benötigt der FC nun nur noch einen Punkt, um sicher zu gehen, dass er nicht doch noch von Paderborn und/oder Elversberg eingeholt wird, die beide drei Zähler Rückstand und ein besseres Torverhältnis aufweisen.
Das hat sich geändert: In der Winterpause endete die Transfersperre, mit der Köln vergangenen Sommer belegt worden war. Daraufhin investierte Sportchef Keller über fünf Millionen Euro in Rechtsverteidiger Jusuf Gazibegovic (25), Mittelstürmer Imad Rondic (26) und InnenverteidigerJoël Schmied (26), lieh zudem von Hull City Torwart Anthony Racioppi (26). Eingeschlagen hat keiner der Genannten, was einer der Kritikpunkte war, die Keller am Ende den Job kosteten. Für ihn ist nun Ex-Keeper Thomas Kessler zum Sportdirektor aufgerückt. Der hatte vorher eher wenig zu sagen, war "Bereichsleiter Fußball" - ein Titel, der "Kicker"-Kollege Frank Lußem an die TV-Serie "Stromberg" erinnerte. Egal, fürs anstehende Spiel sind die Änderungen interessant, die Funkel in Nürnberg vornahm. So kehrte der alte Fuchs zu einer 4-2-3-1-Formation zurück, in der sich wohl jeder Profi seit seiner Juniorenzeit bewegen kann. Auch begann der FC die Partie tiefer positioniert als unter Struber, rückte mit Dauer des Spiels aber auf. Unterm Strich hat Kollege Lußem am Valznerweiher eine Leistungssteigerung erkannt, die, dem Kukucka-Bock zum Trotz, "nichts mit Glück und Zufall zu tun" hatte. Den Erfolg habe das "situative Angriffspressing" gebracht, das Funkel verordnet habe ... Na ja, an diesem taktischen Mittel versuchten sich diese Saison eigentlich alle Zweitliga-Teams, nur beherrschten es manche besser, manche schlechter. Bitter für Köln ist der drohende Ausfall von Tim Lemperle (23). Der Stürmer wurde am Sonntagabend in eine Schlägerei verwickelt und erlitt dabei Verletzungen im Gesicht. In der Domstadt wird diese Geschichte natürlich von allen Seiten ausgeschlachtet und selbst wenn Lemperle noch rechtzeitig fit werden sollte, kann es gut sein, dass Funkel angesichts der Nebengeräusche trotzdem auf seinen Topscorer verzichtet.
Gewinner und Verlierer: Für Lemperle endet diese Zweitligasaison damit sehr unglücklich, nachdem sie zuvor bestens gelaufen war: Zehn Treffer, sechs Assists und ein neuer, lukrativer Vertrag, den er schon im Januar bei Erstligist Hoffenheim unterschrieb. Bei Aufstieg womöglich halten kann der FC Jungstürmer Damion Downs (20), der ebenfalls schon zehnmal traf und entsprechend umworben ist. In Nürnberg aber ließ Funkel den Jungen 90 Minuten auf der Bank schmoren. Dafür blühte Florian Kainz (32) auf, der beide Treffer erzielte. Zum wertvollsten Spieler des Kaders gemausert hat sich jedoch Eric Martel (23) mit konstant starken Leistungen auf der Sechs. Auch ihn haben mittlerweile einige Erstligisten auf dem Zettel. In Nürnberg nur eingewechselt wurde Linton Maina (25), mit zehn Assists der beste Vorlagengeber des Teams, der nach Verletzungspause noch nicht wieder 100 Prozent ist. Auch sein Vertrag dürfte sich wohl nur im Aufstiegsfall verlängern lassen. Bei Funkels Debüt wiedererstarkt ist Jan Thielmann (22), der im 4-2-3-1 wieder rechts offensiv aufspielen durfte, was ihm besser liegt als die defensivere Rolle. Am Ende warf der Trainer zudem Mark Uth (33) nochmal in die Schlacht - der Veteran wird seine Zelte in Köln am Ende der Saison abbrechen, ebenso wie Eigengewächs Marvin Obuz (23), das seinem Talent nicht gerecht werden konnte. Auch Stürmer Steffen Tigges (26) war angesichts der Konkurrenz der aufstrebenden Jungspunde Lemperle/Downs zuletzt nicht mehr gefragt. Schon im Februar aussortiert wurde Nikola Soldo (24), der schon vergangene Saison als Leihgabe in Kaiserslautern zeigte, dass er seine Schnelligkeitsdefizite im deutschen Profi-Fußball nicht kaschieren kann.
Zahlenspiele: Mittlerweile haben die Kölner bereits acht Spiele 1:0 gewonnen. Das schlägt sich auch im Torverhältnis insgesamt nieder. Mit nur 49 erzielten Treffern beschäftigen sie die schwächste Offensive unter den sogenannten "Topteams" der Liga. Dafür stellen sie mit nur 38 Gegentoren die drittbeste Defensive. Umso erstaunlicher, dass der "Effzeh" so oft aufs Tor schießt wie kein anderes Zweitligateam - und nach xGoals eigentlich hätte zwölf Buden mehr machen müssen. Den "xGoals against" zufolge dagegen könnten es lediglich zwei Gegentreffer mehr sein. Innenverteidiger Timo Hübers (28) gewinnt die zweitmeisten Kopfballduelle in der Liga, Lauterns Ragnar Ache die drittmeisten - das verspricht ein spannendes Aufeinandertreffen. Bei welchem dem FCK-Stürmer aber ein paar Flanken mehr serviert werden müssten, wenn er sich da erfolgreich behaupten soll. Denn im "Flanken aus dem Spiel heraus"-Ranking ist der FCK nur der 13., während Linton Maina und Co. den zweitbesten Wert der Liga verzeichnen. Bei der speziellen Betrachtung des Funkel-Debüts in Nürnberg fällt auf, dass der FC mit auffallend wenig mit langen Bällen operierte. Und sich wenn, dann über seine Zweikampfstärke den Sieg verdiente: 56 Prozent aller Duelle entschied er für sich.
Fazit: Friedhelm Funkel hat es einfach, seinen Jungs die Ausgangslage zu erklären: Ein Punkt, und alles ist gut. Torsten Lieberknecht dagegen sollte vielleicht ein Flipchart benutzen, um seinem Team darzulegen, was parallel auf den anderen Plätzen alles geschehen muss, beziehungsweise nicht geschehen darf, damit es vielleicht doch noch für Relegationsrang 3 reicht. Die Kurzversion wäre: "Erstmal selbst gewinnen, dann auf die anderen gucken." Aber ob die Formel genügt, die Truppe wirklich nochmal scharf zu machen - gegen einen Gegner, der nur noch einen so kurzen Weg zum großen Ziel vor sich hat? Standardsituationen besser verteidigen, die sogenannten "Tiefenläufe" des Gegners unterbinden, wie Lieberknecht es nach dem 2:1 gegen Darmstadt ansprach - es gibt einiges zu verbessern, wenn das gutgehen soll. Vor allem aber darf Julian Krahl nicht den Kukucka machen. Gegen die Lilien war er zweimal nah dran. Vielleicht sind es aber am Sonntag auch die Kölner, die aufgrund ihrer Ausgangssituation zu nervösen Aktionen neigen?
Quelle: Der Betze brennt
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