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Gegner-Check Ulm: Wer legt dem Spatz ein Ei ins Nest?

Gegner-Check Ulm: Wer legt dem Spatz ein Ei ins Nest?

Foto: Imago Images

Zum Jahresauftakt zuhause gegen den Tabellen-16. Da erwarten viele einen "Pflichtsieg" für den 1. FC Kaiserslautern. Doch der SSV Ulm ist zäh, wie allein schon der Blick aufs Tor­ver­hält­nis zeigt: Der Aufsteiger stellt die zweitbeste Defensive der Liga.

So lief's seit dem Hinspiel: Nach der 1:2-Heimniederlage zum Auftakt gegen den FCK musste der Neuling noch bis zum 6. Spieltag auf sein erstes Erfolgserlebnis warten. Und auf ihren überraschenden 3:1-Sieg in Elversberg ließen die Spatzen direkt ein weiteres 3:1 zuhause gegen Braunschweig folgen. Der Höhenflug, den sich die Optimisten darauf erhofft hatten, blieb dann jedoch aus. Denn seither wartet der Aufsteiger vergeblich auf den nächsten Dreier. Andererseits haben die Ulmer von den jüngsten acht Spielen nur eines verloren. Und das 2:3 in Hannover am 7. Dezember war die bislang einzige Partie, in der ein Gegner dem Team von Thomas Wörle mehr als zwei Treffer einschenkte. Allein das zeigt: Die Durchmarschierer der vergangenen Saison tun sich in Liga Zwei zwar schwer, leisten aber stets heftige Gegenwehr. Lassen sich nicht nervös machen, weil sie für die diese Spielzeit nichts anderes erwarteten. Und sie wissen: Mit Relegationsplatz 16 nach der Hinrunde und nur zwei Zählern Rückstand auf den rettenden 15. Rang ist der Klassenverbleib allemal noch drin. Beim Abschlusstest vorm Jahresauftakt gegen den SCR Altach (0:1) wechselte Wörle erst nach 60 Minuten zum ersten Mal. Was vermuten lässt: Die dort gestartete Elf könnte auch in Lautern erste Wahl sein. Abgesehen vom gelbgesperrten Dennis Chessa (32), für den Romario Rösch (25) beginnen könnte.

Das hat sich geändert: Die Vereinsoberen sind auch im Wellental Aufstiegscoach ihrem Trainer treu geblieben und der wiederum seiner bevorzugten Grundordnung. Hinten agiert seine Elf mit Dreier- oder Fünferkette und vor zwei zentralen Mittelfeldspielern ein Offensivtriangel. Allerdings schiebt Wörle sein Personal gerne ein wenig hin und her. So tauchte Offensivtalent Aaron Keller zuletzt auch mal als linker Außenbahnspieler auf, während Rösch auf die rechte Seite wechselte. Und beim Abschlusstest in Altach startete plötzlich Andreas Ludwig (34). Der Oldie, der in seiner Karriere schon in Hoffenheim, Heidenheim, Utrecht, München und Magdeburg die Schuhe schnürte, drückte in der Hinrunde nahezu durchgehend die Bank, war lediglich ein einziges Mal für eine Minute im Einsatz. Ebenfalls keine große Rolle gespielt hatten bis zur Winterpause Niklas Kölle, Niklas Castelle und Laurin Ulrich, die den Verein nun verließen. Dem Werben der Münchner Löwen um Sechser Philipp Maier gaben die Spatzen dagegen nicht nach. Kaderergänzungen waren und sind zwar angedacht, aber vollzogen wurde erst eine, und zwar ganz frisch am heutigen Mittwoch: Oliver Batista Meier wechselt von Dynamo Dresden nach Ulm. Für FCK-Fans insofern eine interessante Personalie, als dass der Deutsch-Brasilianer in Kaiserslautern geboren wurde und auf dem Betze seine Ausbildung begann, doch schon mit 15 Jahren für die stolze Ablösesumme von 400.000 Euro zu den Bayern nach München zog, um die große Fußballwelt zu erobern. Darauf wartet der nunmehr 23-Jährige bis heute. Seine erfolgreichste Zeit erlebte er in der Hinrunde 2023/24 als Leihgabe an den Drittligisten SC Verl, wo er mit neun Treffern und elf Vorlagen glänzte. Zurück in Dresden aber drückte er zuletzt nur noch die Bank. Der jetzige Wechsel des einstigen Top-Talents schlägt folglich nur noch mit kolportierten 150.000 Euro zubuche.

Gewinner und Verlierer: Von den Talenten, mit denen die Spatzen im Sommer ihren Aufstiegskader auffrischten, hat die Bayern-Leihgabe Maurice Krattenmacher (19) am stärksten beeindruckt. Der offensive Mittelfeldspieler ist neben Innenverteidiger Philipp Strompf auch der einzige Ulmer, der es in die Winter-Rangliste des "Kicker" schaffte. Dass die Redaktion Krattenmacher sogar vor Daisuke Yokota platzierte, nehmen wir ihr jedoch persönlich übel. Ebenfalls gut performt hat der zentrale Mittelfeldspieler Luka Hyryläinen (20), der von der TSG Hoffenheim geleast ist. Die größten Hoffnungen gesetzt hatten die Klub-Verantwortlichen aber in den Ex-Gladbacher Semir Telalovic (25), den sie aus Blackburn nach Deutschland zurückholten. Der jedoch kam erst in der zweiten Hälfte der Hinserie in Tritt - und hat nun immerhin fünf Treffer auf dem Konto. Einer mehr als Sturm-Konkurrent Felix Higl (28), der im Hinspiel den Führungstreffer gegen den FCK erzielte. Er fällt zurzeit wegen einer Zehenverletzung aus. Ulms Urgestein und Kapitän Johannes Reichert, einst für zwei Spielzeiten in der Zweiten Mannschaft des FCK aktiv, war in der Vorrunde vorübergehend wegen einer Meniskusverletzung mattgesetzt, ist seit Dezember aber wieder fit. Ebenso war Stammkeeper Christian Ortag (29) wegen eines Schlüsselbeinbruchs einige Wochen nicht dabei und wurde vom Ex-Bochumer Niclas Thiede (25) vertreten, kehrte aber noch vor der Winterpause zurück. Der dritte Ex-Lautrer an der Donau, Lucas Röser, spielte auch in dieser Hinrunde keine Rolle. Im finalen Test gegen den SCR Altach (0:1) kam er allerdings nach 60 Minuten für Telalovic. Und da mit Higl und Chessa zwei Offensivspieler ausfallen, kann Röser am Samstag zumindest auf eine Einwechslung hoffen - oder gibt gar Batista Meier ausgerechnet auf dem Betze sein Debüt?

Zahlenspiele: Auswärts holten die Ulmer bislang zwei Punkte mehr als zuhause, acht nämlich. Und sowohl vor eigenem als auch vor fremden Publikum lautet das aktuelle Torverhältnis 8:10. Das bedeutet: Mit nur 16 erzielten Treffern stellt der SSV die zweitschlechteste Offensive der Liga. Auch nach xGoals dürften es lediglich zwei mehr sein. Auffallend: Ein Viertel ihrer Buden haben die Spatzen per Elfmeter erzielt. Reichert und Telalovic verwandelten jeweils einen, Higl zwei - und bei allen flogen die Keeper jeweils in die richtige Ecke, kamen aber nicht mehr ran. Nur 20 Gegentreffer bedeuten wiederum: Der SSV Ulm stellt die zweitbeste Defensive der Klasse, und das als nur bescheiden budgetierter Aufsteiger - Chapeau. Gelegenheiten, es mehr zu werden zu lassen, boten sie ihren Gegnern allerdings genug: Denn der "xGoals against"-Wert liegt ungleich höher, bei 29,8. Außerdem fällt auf: Nur der SC Paderborn hat in dieser Liga mehr Kilometer gefressen als Ulm. Insgesamt 2.010,1 haben die Opta-Analysten bislang gezählt. Die Lautrer sind in diesem Ranking nach wie vor Drittletzter, haben erst 1.931,1 Kilometern abgespult.

Fazit: Aus dem vorangegangenen Absatz ergibt sich: Diesen Spatzen muss erst einmal ein Ei ins Netz gelegt werden, irgendwie. Denn das kann sich schwierig gestalten. Ist es aber erst einmal geschafft, sollte gegen die schwache Offensive nicht mehr viel anbrennen. Eigentlich. Und Strafstöße sind gegen diesen Gegner tunlichst zu vermeiden. Die Betze-Buben werden sich wohl vom Anpfiff weg vor die Situation gestellt sehen, die sich auch bei der 0:1-Heimniederlage zum Jahresabschluss gegen 1. FC Köln ergab, nachdem der FC seinen Führungstreffer erzielt hatte: Sie müssen einen tiefstehenden Gegner bespielen, der auf Konter lauert. Im Dezember fehlte es den Lautrern an geistiger Frische, um zu schnellem, präzisem Passspiel zu finden, das notwendig gewesen wäre, um Erfolg zu haben. Nach den Weihnachtsferien sollte diese nun wieder hergestellt sein. Und natürlich wünscht sich jeder FCK-Fan einen Ragnar Ache von Beginn an im Sturmzentrum. Ob der Torjäger nach seiner jüngsten Verletzungspause jedoch wirklich beginnt oder eher später eingewechselt wird, ist noch nicht raus. Beim Abschlusstest gegen Progres Niederkorn (5:1) kam er von der Bank. Interessant: Bei dieser Generalprobe standen Leon Robinson und Tobias Raschl anstelle der zuletzt bevorzugten Afeez Aremu und Filip Kaloc in der Startelf - ein Fingerzeig für Samstag?

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Samstag, 13:00 Uhr: Rückrunden-Auftakt gegen die Spatzen (Der Betze brennt)

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