Auf und ab ging es diese Saison schon für den 1. FC Kaiserslautern wie für den 1. FC Köln. In welcher Stimmung sich der Anhang unter den Christbaum setzen darf, wird wohl erst ihr Aufeinandertreffen am Sonntag entscheiden.
Anspruch und Wirklichkeit: Sieh an, der 1. FC Köln steht nun auf Rang 2, ist sogar punktgleich mit Tabellenführer Elversberg. Und darf jetzt davon träumen, bei einem Erfolg am Betze den Gipfel zu erklimmen. Derlei Schwärmereien sind den Roten Teufeln am vergangenen Wochenende bekanntlich gar nicht gut bekommen. Auf und ab ging's in dieser Saison schon für beide, auch wenn die Berg- und Talfahrt der Kölner ein wenig heftiger anmutete. Nach einem okayen Start mit sieben Punkten in vier Spielen, darunter ein 5:0-Sieg gegen Braunschweig und ein 3:1 auf Schalke, glaubte der Geißbock bereits, es hätte vielleicht doch sein Gutes, dass es nach dem Abstieg zu ungewohnt wenigen Personaländerungen kam. Denn eine vom Internationalen Sportgerichtshof verhängte Transfersperre erlaubte dem FC zunächst nur die Festverpflichtung von Leihspielern. Andererseits hatte außer Jeff Chabot, Davie Selke und Benno Schmitz kein Kaderspieler den Klub verlassen. Das nach Stuttgart abgewanderte Toptalent Justin Diehl hatte den Durchbruch in der Profi-Elf noch nicht wirklich geschafft. Dann aber folgten sechs Spiele mit nur einem Sieg, unter anderem ein 1:5 in Darmstadt und ein 1:2 zuhause gegen Paderborn, worauf im nervösen Kölner Umfeld schon wieder über die Abschiede von Trainer Gerhard Struber und Sportchef Christian Keller spekuliert wurde. In den darauf folgenden sechs Spielen aber gewannen die Kölner fünfmal, leisteten sich nur ein Remis gegen Hannover (2:2). Jetzt sitzen alle wieder fest im Sattel. Okay, vier der fünf Siege endeten mit einem 1:0 denkbar knapp. Nach dem jüngsten 3:1 über den 1. FC Nürnberg jedoch hagelte es ausnahmslos positive Kritiken ... Nur demütige oder gar bescheidene Ansprüche zu stellen, war noch nie Kölner Ding, und angebracht wäre es auch in dieser Spielzeit nicht. Laut "Transfermarkt.de" verfügt der Geißbock-Klub mit 63,20 Millionen Euro über den wertvollsten Zweitliga-Kader, und das mit weitem Abstand vor dem Zweiten dieses Rankings, Hertha BSC (51,35 Millionen Euro).
Die Neuen: So richtig neu ist keiner, die Transfersperre erlaubte lediglich die Festverpflichtung einiger bereits ausgeliehener Spieler. Als da wären: Stürmer Luca Waldschmidt (28) und Rechtsverteidiger Rasmus Carstensen (24). Regelmäßige Startelf-Kandidaten sind jedoch beide nicht. Als Leihspieler von der SpVgg Fürth zurück kehrte Stürmer Tim Lemperle (22), der mit acht Treffern und vier Assists zum bislang besten Scorer avancierte. Derzeit aber fällt er mit einem Muskelfaserriss aus. Ansonsten zogen Struber und Keller einige Youngster aus dem Nachwuchsstall hoch. Von denen machte Innenverteidiger Julian Pauli (19) die beste Figur. Ihn jedoch setzt seit zwei Wochen eine Gehirnerschütterung matt. Das Talent, das zurzeit am härtesten rockt, feierte bereits vergangene Saison sein Debüt im Profikader, ist nun aber so richtig durchgestartet: Stürmer Damion Downs hat bereits sieben Treffer und drei Vorlagen auf dem Konto und überragte zuletzt auch in Nürnberg.
Die Formation: Coach Struber kommt aus der von Ralf Rangnick geprägten RB-Schule. Steht also für hohes Anlaufen, intensives Pressing/Gegenpressing und so weiter, also den üblichen Volldampf-Fußball, den deren Fußballlehrer so predigen. Am Ende aber zählt nur, wie dies alles auf dem Platz umgesetzt wird, und das war zuletzt gegen den FCN vor allem in der ersten halben Stunde beeindruckend. Was die Anordnung seiner Elf angeht, ist Struber flexibel. Nach der Ergebnisflaute im Oktober stellte er hinten auf eine Dreierkette um. Worauf die Stunde des Ex-Lautrers Dominique Heintz (31) schlug, der bis dato bei seinem Köln-Comeback noch nicht so richtig Fuß fasste, seither aber festes Kettenglied ist und nach seinem Auftritt gegen den FCN mit Lob überschüttet wurde. Von Seiten der Teamkollegen war von einem " Zauberfuß" die Rede, sein Trainer nannte ihn einen "Rotwein, der mit der Zeit immer besser wird". Aber: Nach Lautern wird Heintz nur als Tribünengast reisen, er fällt gelbgesperrt aus. Ihm zur Seite standen zuletzt Eric Martel (22) und Kapitän Timo Hübers (28). Ersetzt werden könnte Heintz am Samstag von Elias Bakatukanda (20). Der vergangene Saison an den FCK verliehene Nikola Soldo (23) dagegen spielt beim FC keine Rolle mehr, hat zurzeit "Sonderurlaub". Ebenso möglich wäre, dass Struber zur Viererkette zurückkehrt. Denn auf den Außenverteidiger-Positionen hätte er die Qual der Wahl. Links zwischen Leart Paçarada (30) und Max Finkgräfe (20), rechts zwischen Jan Thielmann (22) und Carstensen. Im Tor hat Marvin Schwäbe (29) nach der Ergebnisflaute den von Fürth zurückgekehrten Jonas Urbig (21) abgelöst, im zentralen Mittelfeld ordnen Dejan Ljubicic (27) und Denis Huseinbasic (23). Nach Lemperles Ausfall setzte Struber gegen den FCN auf ein Offensivtriangel mit Linton Maina (25) und Florian Kainz (32) auf den Halbpositionen sowie Downs als Keilspitze. Waldschmidt und Stefan Tigges (26) stünden aber ebenfalls bereit.
Zahlenspiele: Auch wenn die Kölner von den vergangenen sechs Partien vier nur mit 1:0 gewannen, sind sie keinesfalls Minimalisten. Sie schießen so oft aufs Tor wie kein anderes Zweitliga-Team. 291 Mal haben sie schon abgezogen, Lautern ist in diesem Ranking lediglich Zehnter (213 Torschüsse). Sie verzeichnen die meisten Ballberührungen im Strafraum (434), sogar deutlich mehr als der Zweite im Ranking, der 1. FC Magdeburg (347). Der FCK ist da nur 13. (283). Und sie holen die meisten Ecken heraus, im Schnitt 6,11 pro Spiel, Lautern lediglich 4,55 (Platz 10). In den Lauf-Rankings stehen die Kölner auf den vorderen Plätzen im Mitteldrittel. Ihr Pressing-Index ist im Saisondurchschnitt auch nicht außergewöhnlich, allerdings: Gegen Nürnberg machten sie in der Anfangsphase mächtig Druck, gestatteten dem Gegner in dieser Phase nur 5,1 Abspiele bis zur Attacke. Nach Karlsruhe schlagen die Geißböcke die meisten Flanken aus dem Spiel heraus, der Fleißigste ist Paqarada, der bereits 63 Flanken brachte und dieses Ranking damit ligaweit anführt. Interessant: Lauterns bester Flankengeber ist nach wie vor Aaron Opoku (Rang 41), obwohl der schon seit Wochen nicht mehr in der Startelf steht. Mit Martel stellt der FC den stärksten Zweikämpfer der Liga - 226 gewonnene Duelle bislang. Bester Betze-Zweikämpfer: Boris Tomiak (Rang 46). Zudem hat Martel nach dem Düsseldorfer Isak Jóhannesson bislang die meisten Kilometer in der Zweiten Klasse gefressen (189,9) - das ist für einen Innenverteidiger erstaunlich. Der FCK-Primus Daniel Hanslik folgt erst auf Rang 56.
Fazit: Für beide Teams ging es diese Saison schon Auf und Ab. Mit welchen Gefühlen genau sich der Anhang unter den Christbaum setzen darf, wird zu einem guten Teil in diesem Spiel entscheiden. Die zweite Niederlage in Folge, zuhause auch noch, und der Lauf, den der FCK zuvor hatte, dürfte schon wieder vergessen sein. Ebenso schlüge es aufs Kölsche Gemüt, endete die jüngste Erfolgsserie des FC ausgerechnet unmittelbar, bevor das Christkind kommt. Dass die Lautrer nicht noch einmal so lasch auftreten dürfen wie zuletzt beim 1:5 in Darmstadt, ist wohl keine Frage. Vor allem, wenn die Kölner erneut beginnen wie gegen den FCN und versuchen, dem Gegner mit hoher Pressing-Intensität vom Anpfiff weg den Schneid abkaufen. Markus Anfang und sein Team werden unter der Woche die Frage beantworten müssen: Wer hatte am "Bölle" nur mal ein schlechten Tag, und wer braucht - was ja keine Schande wäre - gegebenenfalls mal eine Pause? Das gilt es etwa für Boris Tomiak zu beantworten. Gut auf jeden Fall, dass Jan Elvedi zurückkehrt, das wird die Zweikampf-Bilanzen in der hinteren Reihe verbessern. Vorne sollte ein Startelf-Einsatz Jannik Mauses eine Überlegung wert sein. Daniel Hanslik mag ein Offensivspieler mit vielen Qualitäten sein. Der Typ, lang, vertikale Zuspiele ins Sturmzentrum festzumachen, ist er nicht. Das war in Darmstadt deutlich zu sehen.
Quelle: Der Betze brennt
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