Neues vom Betzenberg

Gegner-Check Fürth: Vorsicht vor freilaufenden Schweden

Gegner-Check Fürth: Vorsicht vor freilaufenden Schweden


Nach dem Auswärtssieg zum Auftakt kann der 1. FC Kaiserslautern zuhause den Traum­start perfekt machen. Mit der SpVgg Fürth kommt jedoch ein Gegner, der ebenfalls gut startete - trotz einiger schmerzhafter Abgänge.

Anspruch und Wirklichkeit: Zwei Jahre ist es jetzt her, dass die SpVgg Fürth aus der Bundesliga abstieg. Laut vom Wiederaufstieg geträumt wird am Ronhof aber auch vor der dritten Zweitliga-Spielzeit nicht. Die Verantwortlichen verstehen sich seit jeher darauf, ihre Möglichkeiten realistisch einzuschätzen. Die Zweite Liga ist ihr natürliches Biotop, das Kleeblatt hat dort mittlerweile mehr Spiele als jeder andere Klub bestritten. Dauerhaft mehr lässt der Rahmen nicht zu, ist allenfalls mal drin, wenn das Team in den berühmten "Flow" kommt. Der aber scheint im Frankenland nie so ganz unwahrscheinlich. Vergangene Saison schloss die Spielvereinigung auf Rang 8 ab, hatte zwischenzeitlich aber einen recht imposanten Höhenflug hingelegt. Nach jeder Spielzeit Personal abzugeben, das sich gut entwickelt hatte, ist für den Klub ebenfalls nichts Neues. Diesen Sommer aber war der Aderlass gewaltig: Mit Jonas Urbig, Tim Lemperle, Robert Wagner und Armindo Sieb haben gleich vier Stammkräfte der vergangenen Saison den Verein verlassen. Geld - geschätzte 1,5 Millionen Euro - gab's nur für Stürmer Sieb, den der FC Bayern zunächst zurückkaufte und anschließend an Mainz 05 weiter verlieh. Alle anderen waren lediglich Leihspieler aus Köln und Frankfurt und kehrten zu ihren Stammvereinen zurück. Der Start in die neue Saison lief dennoch rund. Unterm Strich war der Auftritt der Fürther bei ihrem 3:1 gegen Aufsteiger Preußen Münster sogar überzeugender als das 2:1 des FCK in Ulm.

Die Neuen: Bereits in der Vorbereitungszeit ließ Noel Futkeu (21) aufhorchen. Sportchef Rachid Azzouzi hat den Stürmer aus der Zweiten Mannschaft von Eintracht Frankfurt abgeworben. Für die erzielte Futkeu in 27 Regionalliga-Spielen 16 Tore, legte acht auf. Auch zur Saisonpremiere gegen Münster trat Futkeu stark auf, holte unter anderem den Elfer raus, den Julian Green (29) zum 1:0 verwandelte. Es scheint, als hätten die Franken da wieder mal ein Juwel ausgegraben. Roberto Massimo (23) will am Ronhof nun den Durchbruch schaffen, der ihm beim VfB Stuttgart versagt blieb: Nur 18 Startelf-Einsätze in vier Jahren. Der Außenverteidiger spielt nun aber auf der linken Seite statt auf seiner angestammten rechten, da dort an Simon Asta (23) kaum vorbeizukommen ist. Als dritte Neuerwerbung in der Startelf präsentierte sich zum Saisonauftakt Keeper Nahuel Noll (21, TSG Hoffenheim), der den Dreikampf um die Nachfolge des nach Köln zurückgekehrten Urbig damit für sich entschieden hat, fürs Erste zumindest. Von der Bank kam gegen Münster Marlon Mustapha (23), ein Stürmer, der dem italienischen Erstliga-Aufsteiger Como 1907 gehört, vergangene Spielzeit aber an Fortuna Düsseldorf ausgeliehen war, wo er allerdings kaum auf sich aufmerksam machte. Wie sich die Talente Reno Münz (19, Bayer Leverkusen) Matti Wagner (19, 1. FC Köln II) entwickeln, bleibt abzuwarten, Münz gab mit seiner Einwechslung gegen Münster sein Zweiliga-Debüt. Mit Moritz Schulze (23, Hallescher FC) kam ein weiterer Keeper, der jetzt gemeinsam mit dem bereits vergangenen Januar verpflichteten Nils Körber (27) auf seine Chance lauert.

Die Formation: Coach Alexander Zorniger setzte auch zum Saisonstart wieder auf ein 3-4-1-2, das sich im Spiel gegen den Ball auch mal in ein 3-4-3 wandelt. Dergleichen bevorzugte er schon in der vergangenen Runde, sein Team kann aber auch Viererkette. Dreh- und Angelpunkt auf der Zehn ist und bleibt der Schwede Branomir Hrgota (31) - ja, den Satz fügen wir mittlerweile per Copy & Paste in Kleeblatt-Texte ein. Eigengewächs Philipp Müller (20), vergangene Saison mit nur zwei Startelf-Einsätzen bedacht, wird zugetraut, in dieser Spielzeit den abgewanderten Wagner auf der Sechs zu ersetzen, allerdings schaut sich Azzouzi auch noch nach Alternativ-Kandidaten um. Gegen Münster startete Fürth mit der Dreierkette Marco Meyerhöfer (28), Gideon Jung (29) und Luca Itter (25) in der Abwehr, Jung erzielte mit einem Kopfballtreffer nach Hrgota-Flanke auch den 3:1-Endstand. Der Pole Damian Michalski, letzte Saison noch Stammkraft in den Innenverteidigung, saß 90 Minuten auf der Bank, mittlerweile werden ihm Abwanderungsgelüste nachgesagt. Das zentrale Mittelfeld komplettiert mit Green ein weiterer erfahrener Zweitliga-Profi. Im Sturm erwies sich die Kante Dennis Srbeny als gute Ergänzung zu Futkeu, erzielte auch den Treffer zum 2:1. Diese Spieler dürften auch das Gerüst für den Auftritt am Betzenberg stellen. Zumal mit Maximilian Dietz ein weiterer Stamm-Innenverteidiger derzeit das deutsche Olympia-Team verstärkt.

Zahlenspiele: Zorniger vermittelt seinen Teams nicht nur effektives Pressing, er versteht auch, deren Stil der jeweiligen Situation anzupassen. Bis zum Führungstreffer gegen Münster etwa verzeichneten die Franken 62 Prozent Ballbesitz, in der Schlussphase, als sie in Führung lagen, nur noch 29 Prozent, gewannen dabei aber 62 Prozent ihrer Zweikämpfe. Gegen diese Mannschaft gerät man also besser nicht in Rückstand. Neun von 21 Schussversuchen kamen aufs Tor, von den 13, die innerhalb des Strafraums abgegeben wurde, fanden sechs den Weg zum Kasten, der erzielte xG-Wert lag am Ende bei stolzen 2,94. Will sagen: Da war mehr Offensivkraft im Spiel als bei Lauterns 2:1 in Ulm. Der FCK brachte lediglich drei von zwölf Versuchen aufs Tor, dafür kamen alle drei - bei acht Versuchen - von innerhalb des Strafraums, und der xG-Wert lag laut "Wyscout" am Ende bei 2,01. Einen Elfmeter, der allein bekanntlich 0,76 Punkte bedeutet, verwandelten beide Teams.

Fazit: Vergangene Saison verloren die Lautrer beide Spiele gegen die SpVgg Fürth, allein das sollte Warnung genug sein. Die 1:2-Niederlage im Rückspiel dürfte so manchem Fan noch böse Träume bereiten: Als Hrgota in der Schlusssekunde auf der linken Seite völlig frei stand und seelenruhig vors Tor flanken durfte, wo der junge Wagner vollstreckte. Boris Tomiak war in dieser Partie Innenverteidiger, bekommt aber ebenso wie Ex-Trainer Dirk Schuster vermutlich eher vom Hinspiel die genannten Albträume: Da war er nach 69 Minuten und einer auch nachträglich nicht aufgeklärten Einlage von Hrgota mit glatt Rot vom Platz geflogen. Am Freitag wird Tomiak als Sechser hauptsächlich dafür zuständig sein, dass sich dieser ausgefuchste Zehner nicht wieder unbemerkt von der Mitte auf die Seite stehlen kann. Ansonsten sollten die Zahlen oben es zumindest angerissen haben: Trotz der qualitativ hochwertigen Abgänge hat sich das Kleeblatt zum Saisonstart schon wieder als kompakte, spielstarke Einheit präsentiert. Die auch auf dem Betzenberg phasenweise Angriffspressing praktizieren dürfte, wie es Markus Anfang beim FCK perfektionieren will. Von daher könnte entscheidend sein, welche Hintermannschaft unter Gegnerdruck cooler - und passsicher - bleibt. Auf jeden Fall ist ein hochintensives Spiel zu erwarten. In einem abgesehen vom Gästeblock mit Sicherheit proppenvollen Fritz-Walter-Stadion, und, hoffentlich, mit einer FCK-Elf, die sich bewusst ist, dass sie nach einem Auswärtssieg zum Auftakt den Traumstart perfekt machen kann. Die Preußen haben bei einigen beherzten Angriffen vergangenen Sonntag gezeigt, dass die Fürther Hintermannschaft noch nicht optimal formiert ist - und durchaus verwundbar.

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Freitag, 18:30 Uhr: Aufeinandertreffen der Auftaktsieger (Der Betze brennt)

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