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Gegner-Check Bielefeld: Die Sünder von der Alm

Gegner-Check Bielefeld: Die Sünder von der Alm


Nächster Gegner, nächstes Kellerkind, das nie eines sein wollte. Für den 1. FC Kais­ers­lautern gilt es zur Heimaufgabe gegen Arminia Bielefeld Fragen zu klären, die sich mit Blick aufs eigene Personal und eigene Spielanlage stellen.

So lief's seit dem Hinspiel: Der Bundesliga-Absteiger empfing den FCK am 15. Spieltag als Tabellenletzter mit gerade mal elf Punkten auf dem Konto. Und auch diese Partie gestaltete sich für ihn fatal. Nach einem Platzverweis kurz vor der Pause nur noch zehnt, schafften es die Arminen, einen 0:2-Rückstand auszugleichen, verloren am Ende aber dennoch, durch einen späten Treffer von Daniel Hanslik. Auf der Trainerbank hatte Daniel Scherning bereits nach vier Spieltagen den glücklosen Uli Forte abgelöst, unter dem nicht ein einziger Punkt eingefahren worden war. Doch auch Scherning blieb nicht lange. Nach 20 Partien mit einem Punkteschnitt von lediglich 1,05 war auch für ihn Schluss. Nachfolger Uwe Koschinat legte furios los, schlug nur zwei Tage nach seinem Amtsantritt direkt Tabellenführer Darmstadt mit 3:1. Es folgten noch ein Sieg und zwei Remis, doch dann setzte es drei Niederlagen. Der "Trainereffekt", der sich ohnehin nicht empirisch nachweisen lässt, scheint also bereits wieder verpufft. Zuletzt gab's ein hart umkämpftes 1:1 zuhause gegen Fürth, das auch nicht so richtig glücklich machte. Zurzeit steht die Arminia auf Relegationsrang 16.

Das hat sich geändert: Den härtesten Einschnitt dieser Saison markiert kein Trainerwechsel, sondern die Trennung von Sport-Geschäftsführer Samir Arabi Anfang März. Arabi hatte sich fast zwölf Jahre fürs Sportmanagement in Bielefeld verantwortlich gezeichnet. Lange galt seine Arbeit als geradezu vorbildlich für einen bescheiden dimensionierten Profiklub, der nicht von Konzernmillionen gepimpt wird: Spieler im U21/U23-Alter holen, entwickeln und gut verkaufen, dabei aber auch das eigene sportliche Vorwärtskommen im Blick behalten. 2020 stieg die Arminia nach zwölf Jahren in den Liga zwei und drei wieder in die Bundesliga auf, 2022 wieder ab. Im Umfeld wurde da bereits Kritik laut, Arabi habe die Erstklassigkeit "leichtfertig" verspielt, während außenstehende Beobachter sich noch immer wunderten, dass die Bielefelder im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten das erste Jahr überstanden hatten. Im enttäuschenden Verlauf dieser Saison verschärfte sich die Stimmung gegen den Sportchef: Die Verpflichtung ligaunerfahrener Trainer sei ein fataler Fehler gewesen, zudem habe er den Kader für die speziellen Ansprüche der Zweiten Liga nicht richtig zusammengestellt und überhaupt am Ende nur noch "amtsmüde" gewirkt. Arabis Nachfolge ist noch offen. Trainer Koschinat mag, was das Spiel der Arminia angeht, das Rad nicht neu erfunden haben, doch seine erfahrenen Spieler, wie zuletzt Urgestein Fabian Klos im "Kicker", loben "seine spezielle, eindringliche Art, eine Ansprache und eine Taktikbesprechung abzuhalten." Durchaus erfreut dürfte im Lautrer Umfeld registriert werden: An diesem Samstag, an dem die Helden von 1998 gefeiert werden, wird Michael Henke den Betzenberg nicht mit der ohnehin zweifelhaften Ehre seiner Anwesenheit beglücken. Die Arminia hat den in der Pfalz aus vielerlei Gründen unbeliebten Co-Trainer zum Jahreswechsel rasiert. Nach wie vor als Assistenzcoach auf der Alm dient der Ex-Lautrer Kai Hesse.

Gewinner und Verlierer: Es lässt sich nicht leugnen - vielen der ohne Frage begabten Kicker, die Arabi holte, hilft dieses Jahr Abstiegskampf weder in ihrer persönlichen Entwicklung noch helfen sie der Arminia. Sturmtank Janni Serra, in der Hinrunde sechs Mal erfolgreich, hat in der Rückrunde noch nicht einmal getroffen. Zu schwankend in seinen Leistungen präsentierte sich auch der Franzose Bryan Lasme. Der Japaner Masaya Okugawa, mit fünf Treffern und zehn Vorlagen Topscorer des Teams, hat sich gerade verletzt und fällt für den Rest der Saison aus. Der konstanteste Kicker unter den Unter-25-Jährigen ist Linksaußen Robin Hack, der mit zehn Treffern bislang auch bester Torschütze des Teams ist - und an dem Borussia Mönchengladbach bereits baggert. Zusammengehalten wird der Laden gegenwärtig von den Alten - wie Keeper Martin Fraisl, den der "Kicker" in seiner Winterrangliste als den viertbesten Keeper der Liga einstufte. Oder Ösi-Oldie Manuel Prietl, der unter Koschinat wieder aufblühte. Und natürlich der unverwüstliche Fabian Klos, der in der Rückrunde die sechs Buden machte, die Serra eben nicht machte. In Fürth zuletzt musste Klos allerdings verletzt raus: Fußprellung. Ob er gegen Lautern ausfällt, ist aktuell noch ungewiss. Aber: Wenn sich einer zur Not auch auf Krücken noch auf den Platz schleppt, dann Klos. Bei seiner Auswechslung vergangenen Freitag sank der 35-Jährige, von körperlichen und seelischen Schmerzen über alle erträglichen Maße gepeinigt, seinem Trainer weinend in die Arme. Wer da nicht mitfühlte, hat kein Herz.

Zahlen, Daten, Fakten: Auch wenn sich Uwe Koschinat noch nicht zum großen Retter aufgeschwungen hat: Mit einem Punkteschnitt von 1,13 in acht Partien ist er bislang erfolgreicher als seine beiden Vorgänger. Dabei zeichnet die Arminia kein besonderer Stil aus. Die Passquote (76,4 Prozent) entspricht der eines Teams aus dem unteren Tabellendrittel, wobei die der Roten Teufel um Schnitt nur unwesentlich besser liegt (77,1 Prozent). Wobei: Zuletzt in Nürnberg war der FCK richtig gut (87 Prozent). Um Dominanz bemühen sie Ostwestfalen unter Koschinat allenfalls auf der heimischen Alm, auswärts liegt der Ballbesitzanteil stets deutlich unter 50 Prozent, nur unwesentlich besser als der der Lautrer, deren 42 Prozent für einen Tabellen-7. bekanntlich signifikant niedrig sind. Über besondere Standardstärken verfügen sie ebenfalls nicht, sechs Treffer nach Ecken sind nicht gut und nicht schlecht. Doch, aufgepasst: Bei "bundesliga.de" führen die Arminen das Ranking der "gewonnenen Zweikämpfe" an. Nach Sandhausen gemeinsam mit Kiel die meisten Gegentore kassiert haben sie dennoch (55). Da war aber auch viel Pech dabei, nicht zuletzt stressten umstrittene Schiedsrichter- beziehungsweise VAR-Entscheidungen. Laut der "xG against"-Tabelle von "Wyscout" hätten sie sieben Gegentreffer weniger fangen müssen, und der xPoints-Tabelle zufolge müsste der DSC eigentlich auf Platz 11 stehen. "Unsere Spielphasen sind einfach zu wechselhaft", stellte Uwe Koschinat zuletzt fest. "Wir verlieren auch in guten Phasen immer wieder die Kontrolle."

Fazit: Schon klar, in der Pressekonferenz vor dem Spiel wird Dirk Schuster am Donnerstag wieder darauf verweisen, dass sein Team abermals einen Gegner vor Brust hat, der mit dem Rücken zur Wand steht und der über viel, viel mehr Potenzial verfügt als der Tabellenstand es aussagt. Stimmt ja auch, im Fall der Arminia sogar erst recht. Aber auch bei diesem Gegner gilt: Fehler macht er vor allem dann, wenn er gestresst wird. Daher ist der Schlüssel zum Erfolg zu diesem Spiel im eigenen Lager zu suchen. Können die Lautrer auch mal beim Stand von 0:0 die dominante Spielweise pflegen, die sie zuletzt gegen Rostock und in Nürnberg durchaus ansehnlich ausübten? Oder klappt das wieder erst, wenn nach einem Rückstand das "Mentalitätsmonster" erweckt werden muss? Damit einher geht natürlich die Frage nach der gegenwärtig am heißesten diskutierten Personalie: Wie wird Schuster mit Philipp Klement weiterverfahren, gerade nach dessen grandiosem Auftritt mit drei Torbeteiligungen in Nürnberg? Das Umfeld wäre wohl fassungslos, wenn er den Feintechniker, dessen spielerische Qualitäten gerade in dieser Partie gefragt wären, abermals auf die Bank setzt. Andererseits: Demonstrativ gegen das zu entscheiden, was der Mainstream ihnen aufdrängen möchte, hat auch Trainer-Ikonen wie Kalli Feldkamp und Otto Rehhagel stets gekennzeichnet, getreu dem Motto: "Wer spielt und wer nicht, das entscheide ich, sonst niemand." Rehhagel wird mit rund einem Dutzend Spielern seiner Meistermannschaft am Samstag zwar persönlich anwesend sein, in dieser Frage aber wäre er als Ratgeber weniger zu empfehlen.

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Samstag, 13:00 Uhr: Arminia unter Druck am Betze (Der Betze brennt)

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