Neues vom Betzenberg

Littig zur Stadionmiete:

Littig zur Stadionmiete: "Nicht ob, sondern wie"


Morgen Nachmittag tagt der Lautrer Stadtrat in erster Sitzung zu den Stadionkosten des 1. FC Kaiserslautern. Einer, der beide Seiten sehr gut kennt, ist Michael Littig. Der 54-Jährige hat nun seine Sicht auf die Dinge veröffentlicht.

Um 16:00 Uhr beginnt die öffentliche Sondersitzung des Stadtrats mit einer Einwohnerfragestunde. FCK-Hauptsponsor Harald Layenberger hat die Fangemeinde zum "Flagge zeigen" am Rathaus aufgerufen. Eine Entscheidung ist am Montag allerdings noch nicht zu erwarten, sondern eher eine ausführliche Diskussion mit anschließender Vertagung auf den 03. Februar. Es geht darum, wieviel Stadionmiete der FCK in den Saisons 2020/21 und 2021/22 bezahlen muss - und was die Stadt bei einer Reduzierung eventuell als Gegenleistung erhält (siehe Chronologie im DBB-Forum).

"Ohne FCK müsste die Stadt kurzfristig 70 bis 90 Millionen aufbringen"

Einer der Protagonisten im Stadtrat ist Michael Littig, der Fraktionsvorsitzender der CDU ist und bis zu seinem erzwungenen Rücktritt vor sieben Monaten auch Aufsichtsratsvorsitzender des FCK war. Er hat sich am Sonntagabend mit einer ausführlichen Mitteilung zu Wort gemeldet, in der er die Situation betriebswirtschaftlich analysiert. Littig appelliert für eine konstruktive Lösung im Sinne aller Beteiligten, die dem FCK auch die nötige Luft zum Atmen lässt, denn: "Ohne FCK müsste die Stadt Kaiserslautern kurzfristig über 70 bis 90 Millionen Euro aufbringen (2,95 Millionen Zinsen bis 2036, Rückzahlung 66 Millionen, abzüglich Erlöse aus Vermarktung Stadion und Gelände). Natürlich kann schöngerechnet werden und spekuliert werden. Aber weder als Stadtrat noch als ehemaliger Aufsichtsrat des FCK liegen mir Informationen vor, die eine andere Rechnung derzeit seriös zulassen. Aber gerne lasse ich mich überraschen!"

» Zum kompletten Schreiben des CDU-Fraktionsvorsitzenden Michael Littig

Fritz-Walter-Stadion - nicht "ob" sondern "wie"! Betriebswirtschaftliche Überlegungen (Vorwarnung: schwer verdaulicher Stoff)

"Gestern Abend war ich in Saarbrücken in der Saarlandhalle: Andy Scott (Sweet) hat mit Uriah Heep, Nazareth und Wishbone Ash Rocklegenden der 70er präsentiert. Ein richtig toller Abend - die alten haben es noch voll drauf, wenngleich natürlich unterstützt von vielen jungen. Und ja - ich schwelge gerne in der Vergangenheit und ein Grinsen beschleicht mein Gesicht, wenn ich an viele tolle Erlebnisse zurück denke.

Neben der Saarlandhalle gestern Abend dann ein Blick auf das Saarbrücker Ludwigsparstadion bzw. die Großbaustelle. Ich war dort zuletzt am 34.Spieltag der Bundesligasaison 85/86. Der FCK hat dort 0:6 gewonnen! Und heute: Anfang 2016 wurde dort der Neubau des Stadions begonnen. Geplante Kosten: 16 Mio Euro für 16.000 Zuschauer. Die Kosten sind zwischenzeitlich auf 41 Mio (!!!) gestiegen - ein Ende ist nicht in Sicht. Am Ende steht zunächst nur eine regionalligafähige Spielstätte.

Was hat das mit unserem Fritz-Walter-Stadion bzw. den aktuellen Diskussionen in Kaiserslautern zu tun? Unsere Stadt steht diesbzgl. wieder einmal vor existentiellen Entscheidungen. Alle emotionalen Argumente sind seit Jahren ausgetauscht. Jeder weiß, dass ich stolzes Mitglied, Fan und nun auch wieder Dauerkartenbesitzer in der Westkurve bin. Zum FCK und dessen Bedeutung ist schon fast alles gesagt. Alle Emotionen sind beschrieben und Liebeserklärungen kundgetan. Nun geht es aber um Sachentscheidungen im Stadtrat von Kaiserslautern!

Als Stadtrat überlege ich mir gerade folgendes: sollte es nicht gelingen, dem FCK eine Restchance für eine Perspektive "1.Bundesliga" zu erhalten und der FCK sich die Spielstätte Fritz-Walter-Stadion nicht mehr leisten können, dann führt das offensichtlich dazu, dass das Fritz-Walter-Stadion als Bundesligaspielstätte aufgegeben wird. Weder der laufende Unterhalt (siebenstellig im Jahr) geschweige denn größere Erhaltungsinvestitionen für das Stadion sind in Kaiserslautern in irgendeinem Haushalt eingeplant. Der "Mieter" muss das tragen.

Aber den Mieter gibt es evtl. nicht mehr??? (so ein Horrorszenario) Was bedeutet das konkret?: (Die wesentlichen Fakten sind öffentlich hier zu finden: Beteiligungsübersicht: Fritz-Walter-Stadion Kaiserslautern GmbH & Änderung des Pacht- und Betreibervertrages im Jahr 2014)

Um es kurz zu machen:

- ohne FCK muss Kaiserslautern kurzfristig über 70 bis 90 Mio Euro aufbringen (2,95 Mio Zinsen bis 2036 , Rückzahlung 66 Mio, abzüglich Erlöse aus Vermarktung Stadion und Gelände). Natürlich kann schöngerechnet werden und spekuliert werden. Aber weder als Stadtrat noch als ehemaliger Aufsichtsrat des FCK liegen mir Informationen vor, die eine andere Rechnung derzeit seriös zulassen. Aber gerne lasse ich mich überraschen!

- Investitionsschutz: das Fritz-Walter-Stadion ist evtl. die wertvollste Investition in Kaiserslautern. Der Neubau eines vergleichbaren Stadions ist heute mit mindestens 300 Mio Euro zu kalkulieren. Der Marktwert ist natürlich ein anderer. Ohne Mieter ist der Wert nicht nur Null sondern evtl. sogar negativ (Immobilie - nicht Grundstück). Ähnlich wie andere öffentliche Einrichtungen, Schwimmbäder, Theater uva. Sehr wohl ergibt sich aber in der gesellschaftlichen Gesamtbetrachtung ein Wert für die Kommune i.S.v. Lebensqualität, Attraktivität der Gemeinde etc. In anderen Städten ist es eher die Frage, wie können wir ein Stadionprojekt realisieren und nicht: wie werde ich mein Stadion los! Zunächst laufen wir also Gefahr, dass wir die prägende Investition in Kaiserslautern der vergangenen 70 Jahren ggf. fahrlässig vernichten und dann auch in den Büchern abschreiben müssen.

- Rückblick auf Saarbrücken: am Beispiel Saarbrücken wird zudem offensichtlich, dass es in Kaiserslautern neben dem Fritz-Walter-Stadion nie (NIE!!!!!) wieder eine regionalligataugliche Spielstätte geben wird, zumindest keine, die eine seriöse Entwicklungsperspektive für eine Bundesligateilnahme bietet. Wir werden in KL wohl absehbar weder 41 Mio plus X aufbringen können geschweige denn die Infrastruktur und Planung für eine neue Spielstätte entwickeln. AUCH NICHT FÜR REGIONALLIGA!!!!! (gut - darüber kann man vielleicht noch streiten - aber mehr nicht)

Ich denke, dass ich diese Szenarien nicht weiter ausführen muss. Wichtig sicher noch folgende Überlegung: "Investoren".

Ein Investor ist jemand, der Ressourcen (Geld, Zeit, Expertise, etc.) einbringt und eine Rendite (i.d.R. monetär) erarbeiten möchte. Im Kontext von Immobilien ist das vergleichsweise gut kalkulierbar. Investitionen in einen Drittligisten sind sicher maximal spekulativ und erfordern neben richtig viel Geld auch eine gute Portion positiver Verrücktheit und den Glauben an (mindestens kleine) Wunder. Wunder können wir in Kaiserslautern - ich war schon bei einigen dabei. Aber ohne Stadion wird das unendlich viel schwerer. Wie soll der FCK aktuell Investoren mobilisieren, wenn es keine kalkulierbare Spielstätte gibt?

Bei allem was ich nun geschrieben habe, könnte man meinen, dass es nur einen Schluss geben kann und zwar den, dass die Stadt Kaiserslautern geradezu bedingungslos unterstützen muss! Tatsächlich fehlt mir auch ohne jeden Bezug zu einem 1.FCK eine alternative Antwort. Allerdings hat Kaiserslautern keinen Cent übrig und ich kann es auch nur schwer akzeptieren, dass eine zweifelsohne überregional begründete Investition von einer bekanntlich finanziell am Ende stehenden Stadt alleine geschultert werden soll!

Vor diesem Hintergrund ist es die Pflicht aller Stadträte jede Entscheidung auf das sachlich bestmöglich belastbare Fundament aufzubauen. Dazu zählt auch in diesem speziellen Fall die Betrachtung des Partners 1. FCKaiserslautern. In diesem Szenario ist der FCK für mich eben nicht irgendein Mieter sondern ein Partner einer sprichwörtlichen Schicksalsgemeinschaft. Und es geht nicht nur darum, dass dieser Partner ein oder zwei weitere Jahre überlebt, sondern eine echte Perspektive hat, um in der langfristigen Kalkulation gemeinsame Ziele erreichen zu können: Aufstieg in die Zweite und Erste Bundesliga - mit allen gewaltigen Nutzenpotentialen für alle Partner!!! Ohne diese Perspektive fällt jedes betriebswirtschaftliche Szenario zur weiteren Stützung des Fritz-Walter-Stadions zusammen, wonach dann tatsächlich nur noch bleibt zu prüfen, ob das Stadion als Kulturdenkmal erhalten werden kann. (durchaus ernst gemeint).

Wichtig ist daher auch die kritische Betrachtung des 1.FCK. Daher auch die Fragen im Antrag des Stadtrates zur Situation des 1.FCK. Ich hoffe, dass es dem FCK gelingt hier eine Planung vorzustellen, die Zutrauen in eine geeignete Entwicklung fördert. Ein Partner ist für mich natürlich nur jemand, der Normen, Werte, Richtlinien, Satzungen und Gesetze respektiert und stützt! Geschäfte mit Personen, die das sichtbar nicht interessiert sind für mich grundsätzlich ausgeschlossen!

Ich will und kann hier nicht damit schließen, dass ich hier die zwingende und bedingungslose Unterstützung der FCK-Anträge propagiere. Ich glaube jedoch, dass ansatzweise transparent geworden ist, wie komplex das ganze ist und dass es viele unterschiedliche Betrachtungsweisen und Blickwinkel gibt.

Klar ist nicht nur für mich, dass die Stadt Kaiserslautern und der 1.FCK untrennbar miteinander verbunden sind und sich alle maximal anstrengen müssen und für eine gemeinsame Lösung kämpfen müssen. Bei jedem anderen Szenario wird der FCK und ganz sicher auch die Stadt verlieren. Gewinner können allenfalls Dritte, beispielsweise Immobilieninvestoren sein, die ihren Profit auf unserem Rücken aufbauen.

FCK und Stadt können daher aktuell nur gemeinsam gewinnen!

Sollte das Stadion nicht weiter betrieben werden können, dann müsste tatsächlich Mark Forster das Licht ausmachen. Dass das absoluter Mist ist und das braucht man sicher nicht zu erklären. Die Frage ist also nicht "ob der FCK unterstützt wird" sondern "wie" es Stadt und FCK gemeinsam gelingen kann, wieder ganz nach oben zu kommen!"

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Chronologie im DBB-Forum: FCK beantragt Mietminderung - Stadtrat berät im Januar

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