Handball Europameisterschaft 2022 in Ungarn und der Slovakei
Vom 13.01.2022 bis zum 30.01.2022 findet unter Corona-Bedingungen die Handball-Europameisterschaft 2022 statt. Diese wird in Ungarn und der Slovakei ausgetragen. Nach der Europameisterschaft 2020 in Norwegen, Österreich und Schweden sind wieder 24 Teilnehmer vertreten.
Das Wichtigste vor der 15. Ausgabe - Handball-EM 2022: Modus, Favoriten, Übertragung
https://www.kicker.de/handball-em-2022- ... 90/artikel
Noch Fragen? Weitergehende Informationen finden sich zur Vorgänger-Europameisterschaft 2020:
Wissenswertes zum Handball-EM-Turnier in Schweden, Norwegen und Österreich -
Handball-EM 2020: Termine, Spielplan, Modus der Europameisterschaft
https://www.kicker.de/handball_em_2020_ ... 11/artikel
Welche Chancen hat der DHB?
Eigentlich sind die Chancen von Deutschland nicht schlecht. Unter Alfred Gislason konnte sich ein junges neues Team formieren, welches von Kai Häfner (31 Jahre) und Julius Kühn (28 Jahre) altersgemäß angeführt wird. Beide Spieler sind bei der MT Melsungen unter Vertrag. Ebenso wie Timo Kastening mit 26 Jahren. Kapitän ist Johannes Golla von der SG Flensburg-Handewitt.
In der Vorbereitung gelangen dem Team von Alfred Gislason Siege gegen die Schweiz (30:26) und Frankreich (35:34). Wenngleich man diese Spiele richtig einordnen muss. Die Franzosen waren doch sehr dosiert erfahren auf der Platte und wussten Kräfte für die EM zu schonen. Für den DHB waren die Siege allerdings Achtungserfolge, da die Mannschaft sehr jung und steigerungsfähig ist. Die Entwicklung soll hin zu einer wettbewerbsfähigen Mannschaft führen, die um die ersten vier Plätze bei den anstehenden Europa- und Weltmeisterschaften spielen kann.
Der deutsche EM-Kader
Nach dem Testspiel gegen Frankreich hat sich Alfred Gislason auf einen Kader von 16 Akteuren festgelegt, bestehend aus
Torwart: Andreas Wolf (PGE VIVE Kielce, Polen), Till Klimpke (HSG Wetzlar)
Außen: Lukas Mertens (SC Magdeburg), Marcel Schiller (FA Göppingen), Timo Kastening (TSV Hannover-Burgdorf), Lukas Zerbe (TBV Lemgo Lippe)
Rückraum: Philipp Weber (SC DHfK Leipzig), Sebastian Heymann (FA Göppingen), Julius Kühn (MT Melsungen), Julian Köster (VfL Gummersbach), Luca Witzke (SC Leipzig), Simon Ernst (SC Leipzig), Djibril M'Bengue (FC Porto), Christoph Steinert (HC Erlangen), Kai Häfner (MT Melsungen)
Kreis: Patrick Wiencek (THW Kiel), Johannes Golla (SG Flensburg-Handewitt)
Während des Turniers sind durch positive Covid-Diagnosen folgende Kaderspieler (zeitweise) ausgefallen: Julius Kühn, Hendrik Wagner, Andreas Wolff, Kai Häfner, Timo Kastening, Lukas Mertens, Luca Witzke, Sebastian Heymann, Christoph Steinert und Djibril M’Bengue.
Ersetzt wurde der Kader durch folgende Nachnominierungen:
Torwart: Johannes Bitter (TVB 1898 Stuttgart), Daniel Rebmann (Frisch Auf Göppingen)
Außen: Tobias Reichmann (MT Melsungen), Patrick Zieker (TVB 1898 Stuttgart), Rune Dahmke (THW Kiel),
Rückraum: Hendrik Wagner (Eulen Ludwigshafen), Paul Drux (Füchse Berlin), Fabian Wiede (Füchse Berlin), Lukas Stutzke (Bergischer HC), David Schmidt (Bergischer HC)
Kreis: Sebastian Firnhaber (HC Erlangen)
Vorrunde der deutschen Mannschaft:
Nach guten Spielen gegen Weißrussland (33:29) und Österreich (34:29) war das Spiel gegen Polen (30:23) geprägt von drei Corona-Infektionen, die das Team um Trainer Alfred Gislason ím dritten Gruppenspiel eindrucksvoll wegstecken konnte.
DHB vs. Weißrussland
https://www.kicker.de/deutschland-gegen ... ielbericht
DHB vs. Österreich
https://www.kicker.de/deutschland-gegen ... ielbericht
DHB vs. Polen
https://www.kicker.de/polen-gegen-deuts ... ielbericht
Eine Handschrift des Trainers ist mittlerweile deutlich erkennbar. Bereits im Freundschaftsspiel gegen Frankreich zeigte sich Kai Häfner mit 8 Treffern in beeindruckender Frühform und konnte diese in das zähe Spiel gegen Weißrussland mit weiteren 8 Treffern rüber retten. Nach mehreren Führungen der starken Weißrussen war die Erleichterung über den Sieg spürbar. Auch Julius Kühn mit sechs Treffern war bei der EM angekommen. Doch dann kam Corona dazwischen. Der Test von Julius Kühn war positiv, so dass die EM für ihn nach guter Leistung zunächst unterbrochen ist. Im schlimmsten Fall gar beendet.
Im zweiten Vorrundenspiel gegen Österreich avancierte Timo Kastening mit neun Treffern zu einem wichtigen Erfolgsfeiler der DHB-Mannschaft. Ebenso waren Lukas Mertens und Sebastian Heymann mit sechs und fünf Treffern erfolgreich. Auch nach diesem Spiel zeigte sich die Corona-Pandemie mit mehreren positiven Tests niederschmetternd für die Mannschaft. Es traf Timo Kastening, Lukas Mertens, Sebastian Heymann, Andreas Wolff und Till Klimpke.
Die Moral in der Truppe ist enorm. Die nachnominierten Spieler konnten sich gut in die Truppe integrieren und gegen eine gute neuformierte polnische Mannschaft einen beeindruckenden Sieg landen. Besonders Christoph Steinert mit neun Treffern und Julian Köster mit sechs Treffern ragten neben Torwart Johannes Bitter und Johannes Golla mit sechs Treffern heraus. Selbstverständlich war die Leistung nicht. Spielerisch wirkte die Mannschaft frisch und auf dem Weg den Widrigkeiten zu trotzen.
Was ist wenn die positiv getesteten noch zurückkommen? Ist das Halbfinale erreichbar?
Spiele in der Hauptrunde:
Durch die Siege in der Vorrunde konnte sich Deutschland für die Hauptrunde qualifizieren. Dort warten mit Spanien, Norwegen, Schweden und Russland starke Gegner. Aufgrund des Sieges gegen Polen startet der DHB mit 2 Punkten.
Schon wieder
Spanien? Bereits bei den Olympischen Spielen 2020* (27:28), der WM 2021 (28:32), der EM 2020 (26:33) und der EM 2018 (27:31) gab es vier Niederlagen, lediglich bei der deutschen Heim-WM 2019 gelang in der Hauptrunde ein 31:30-Erfolg.
Ein Sieg war nicht zu erwarten. Allerdings war das 23:29 doch sehr ernüchternd und deutlich zu hoch ausgefallen. Besonders das Torhüterduell ging an den spanischen Weltklassetorhüter Perez De Vargas, der der Abwehr die notwendige Sicherheit verlieh. Oder umgekehrt? Die DHB-Auswahl startete mit dem Schwung des Polenspiels und konnte bis ins erste Drittel des Spiels mit den cleveren Spaniern mithalten. Man spürte aber, dass die Spanier weniger Aufwand betrieben haben und auf ihren Spielstil in Abwehr und Angriff vertrauen konnten.
Speziell für die Debütanten war es eine erste Reifeprüfung auf dem Weg zur Karriere in der Nationalmannschaft. Sehr schade, dass die positiv getesteten deutschen Spieler nicht antreten konnten. Ebenso schade, dass die spanischen Brüder Alex und Daniel Dujshebaev nicht mitspielen konnten, so dass der DHB eine gute Standortortbestimmung bekommen hätten.
DHB vs. Spanien
https://www.kicker.de/deutschland-gegen ... ielbericht
Ein Sieg ist bereits morgen im nächsten Spiel gegen
Norwegen notwendig, um gute Chancen auf den Einzug ins Halbfinale zu haben. Der Gegner ist stark, erfahren und gut eingespielt. Aufbauend auf einer robusten 6:0 Abwehr können die Norweger über schnelle Konter einfache Tore erzielen. Mit u.a. Sander Sagosen und Harald Reinkind sind die Norweger im Rückraum gut besetzt. Mit Christian O’Sullivan auch spielerisch sehr gut.
Wie stehen die Chancen auf einen Sieg gegen Norwegen? Ohne eine Top-Abwehrleistung wird es nicht gehen. Mit einer überragenden Abwehr- und Torhüterleistung besteht die Chance mit den Norwegern mitzuhalten. Dabei hat sich die deutsche Abwehr im Vergleich zur Europameisterschaft 2016 bestehend aus einem groß gewachsenen Finn Lemke im Verbund mit Hendrik Pekeler personell gewandelt. Eine Option wäre eine 3:2:1 Abwehr mit einem Julian Köster auf der vorgezogenen Einserposition.
Fazit: Letztlich stellt sich die Frage wie norwegische Routine vs. deutsche Unbekümmertheit agiert? Aber auch wie die Frische und die Spielfreude ausschauen. Die Chancen auf einen Sieg schätze ich mit 33% ein.
ERGÄNZUNG (Stand 24.01.2022):
Leider hat sich die Routine der Norweger gegen die Unbekümmertheit der deutschen Nationalmannschaft durchgesetzt. ¬Am Ende siegten die Norweger mit 29:23 gegen ein sehr stark ersatzgeschwächtes Team aus Deutschland. Während die Mannen um Alfred Gislason elf Corona-Fälle kompensieren mussten, traten die Nordeuropäer um Trainer Christian Berge nahezu in Bestbesetzung an.
Dabei konnte der DHB anfangs in Angriff und Abwehr gegen die Startformation um Christian O’Sullivan, Sander Sagosen und Harald Reinkind im Rückraum gut mithalten. Zur Halbzeit keimte beim Stand von 12:14 noch leichte Hoffnung im Team von Alfred Gislason auf.
Im Laufe der Partie setzte sich die „gesunde“ Kaderbreite der Norweger durch. Der Norweger Thorsteinsen Toft wurde mit sieben Treffern und starker Wurfquote zum Man of the Match gewählt. Bei Deutschland trafen am häufigsten Johannes Golla (4), Julian Köster (3) und Philipp Weber (3).
DHB vs. Norwegen
https://www.kicker.de/deutschland-gegen ... ielbericht
Vor dem Spiel gegen
Schweden war man auf die Hilfe anderer Mannschaften angewiesen, um den Sprung ins Halbfinale doch noch zu schaffen. Gleichzeitig halfen nur ein Sieg gegen den amtierenden Vizeweltmeister Schweden sowie ein Sieg im nächsten Spiel gegen Russland. Die Chancen gegen den viermaligen Welt- und Europameister aus Skandinavien waren gering, so dass der Fokus darauf lag eine ordentliche Mannschaftsleistung auf die Platte zu bringen. Über weite Teile der Partie konnte das deutsche Team mithalten, musste aber mit zahlreichen technischen Fehlern Tribut zollen.
Analog zum Spielverlauf gegen Norwegen lag die DHB-Mannschaft zur Pause mit 10:12 zurück. Man hatte den Eindruck, dass mit mehr Entschlossenheit und weniger Fehlern eine kleine Sensation in der Luft läge. Am Ende konnten die Schweden um Andreas Palicka, Jim Gottfridsson, Hampus Wanne und Jonathan Carlsbogård der Favoritenrolle gerecht werden und mit einer mannschaftlich geschlossenen Leistung 25:21 siegen.
Als Torschützen traten wiederum Julian Köster mit vier Treffern und Paul Drux in den Vordergrund.
DHB vs. Schweden
https://www.kicker.de/deutschland-gegen ... ielbericht
Am Dienstag tritt der DHB im Spiel gegen die Mannschaft aus
Russland an. Das Team wird von Velimir Petković trainiert, der von 2016 bis 2020 Trainer der Füchse Berlin war. Ähnlich wie Schweden hat(te) der Handball in Russland einen hohen Stellenwert. Das damalige Team der Sowjetunion errang bei olympischen Spielen jeweils zwei Gold- und Silbermedaillen. Eine weitere Goldmedaille errang Russland 2000 in Sydney.
Für das deutsche Team die Möglichkeit mit einem Achtungserfolg die Europameisterschaft zu beenden. Immerhin konnte Russland das Team aus Norwegen mit 23:22 schlagen und war sehr dicht an einem Unentschieden gegen Spanien. Hätten die Russen den Siebenmeter in der letzten Sekunde nicht an den Pfosten geworfen, so wäre ein 26:26 Unentschieden rausgesprungen.
Bisheriges Turnierfazit:
Auch weil die Umstände alles andere als leicht waren, so muss man das Engagement der erweiterten Mannschaft incl. der Nachnominierten lobend erwähnen. Nicht selbstverständlich in Zeiten von Corona. Nicht selbstverständlich in Zeiten körperlicher Belastungen. Auch wenn dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft viele Fehlpässe und technische Fehler anhafteten, so waren diese verzeihlich.
Besonderes Lob geht an Alfred Gislason der mit viel Hingabe einen mMn guten Job gemacht hat und in Corona-Zeiten die Früchte seiner Arbeit nicht ernten konnte. Wer den Isländer kennt, weiß, dass sehr viel Videostudium, Erfahrung und akribisches Training Grundlage für seine Erfolge als Trainer sind. In Zeiten von Corona ist es schwierig eine neue Mannschaft aufzubauen, da der persönliche Kontakt, Trainings- und Spieleinheiten essentiell sind. Andere Mannschaften konnten auf einem bestehenden Fundament aufbauen.
Auch wenn bei den Spielern die absoluten Trefferzahlen in diesem Beitrag stark honoriert wurden, so wäre es natürlich für jeden einzelnen Spieler interessant, eine persönliche Statistik bestehend aus Treffern, Versuchen, Technischen Fehlern, Effektivität, Effizienz, Abwehrverhalten, Spielintelligenz zu führen. Liegt bestimmt auch schon vor.
Um mit den derzeit besten Mannschaften aus Dänemark, Norwegen, Schweden, Island und Spanien mitzuhalten bedarf es Feintuning. Und natürlich Matchglück. Letzteres war dem DHB vergönnt.
Was kann man aus Bratislava und Budapest mitnehmen? Erfahrungen! Teamgeist! Zusammenhalt! Motivation für die nächsten großen (coronafreien) Turniere! Vielleicht auch später die Möglichkeit die slowakische Hauptstadt und die ungarische Hauptstadt coronafrei als Tourist kennenzulernen.