Kämpfen, Lautern, kämpfen!
1954 verhalf der 1. FC Kaiserslautern der Republik zum Weltmeister-Titel. Jetzt könnte der Verein in die Dritte Liga absteigen. Besuch in einer Stadt, die sich wehrt
Könnte man den freundlichen Geist dieser Stadt erblicken, dann sähe er vermutlich aus wie Dieter Kitzmann. Er trüge eine schnittige, leicht verspiegelte Brille auf seiner gebräunten Nase und dazu ein bedrucktes Poloshirt, leicht ausgewaschene Jeans und einen Nietengürtel. Er stünde wie Kitzmann in einem niedrigen Laden im Zentrum des Ortes vor einer Batterie Zigarettenschachteln, auf dem Tresen läge die Tagespresse. Der Geist würde seine Kundschaft ausnahmslos duzen, er würde Menschen, die häufig in sein Geschäft kommen, ab und zu ein Feuerzeug mit eingebauter Taschenlampe schenken. Und auch das rechte Bein zöge der Geist ein wenig nach; als Langzeitfolge eines schweren Bruchs, den er sich beim Kampf auf dem Fußballplatz zugezogen hätte.
Dabei ist Dieter Kitzmann kein ganz großer Sohn seiner Stadt. Irgendwann in den 80ern hat er "oben" auf dem Betzenberg seine Spiele beim 1. FC Kaiserslautern absolviert - beim FCK, wie das hier heißt. Er hatte keinen Anteil daran, dass der Name eines Ortes irgendwo in den Pfälzer Bergen durch die drei Buchstaben FCK nicht nur für Fußballfans einen unverwechselbaren Klang erhielt. Kaiserslautern schenkte der Bundesrepublik ihren ersten Mythos. Fünf der elf "Helden von Bern", die 1954 als krasse Außenseiter Fußball-Weltmeister wurden, spielten für diesen Klub. Fritz Walter, Ottmar Walter, Werner Liebrich, Horst Eckel, Werner Kohlmeyer, das sind Namen, die viele, die damals das Spiel verfolgten, bis heute aufsagen können. Und nicht nur die. Von den Eigenschaften Fleiß, Kameradschaft, Fairness im Kampf, Bescheidenheit im Sieg, die man mit diesen Namen verbindet, ganz zu schweigen - eine ganze Wertepalette soll damals auf dem Rasen unterwegs gewesen sein.
Beim FCK führten sie diese Werte immer im Mund und hatten damit lange Erfolg. 33 Jahre lang war das Gründungsmitglied der Bundesliga nach 1963 durchgängig erstklassig, was die "Roten Teufel" endgültig zu einer Marke der alten Bundesrepublik machte. 1991 und 1998 holten sie sogar die deutsche Meisterschaft nach Kaiserslautern.
Doch nun ist geschehen, was für Kaiserslautern unfassbar ist, und was dem Klub auch außerhalb der Stadt kaum jemand wünscht. Der FCK könnte absteigen. Und zwar aus der Zweiten Bundesliga in die Dritte Liga, das heißt: in die Bedeutungslosigkeit. Dieter Kitzmann sagt dazu: "Mir blutet das Herz." Das sagen hier fast alle. Nur ein Taxifahrer drückt es anders aus: "Wir waren schon immer ein Kaff, aber jetzt merken wir's." Was in Kaiserslautern nicht heißt, dass er kein Anhänger des FCK wäre. Ihm flattern die Nerven so sehr, dass er beim Spiel gegen Alemannia Aachen vor einer Woche, das im Fall einer Niederlage vorentscheidend gewesen wäre, gar nicht dabei sein wollte.
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Quelle und kompletter Text:
http://www.welt.de/welt_print/article19 ... mpfen.html