Der 1. FC Kaiserslautern präsentiert sich gegen den SC Paderborn mit einer stark veränderten Formation, die mehr aus der Not heraus geboren ist, sich aber dennoch bewährt. Allerdings nicht so überzeugend, wie es das 3:0 vermuten lässt.
Den Führungstreffer geschenkt bekommen, gegnerische Druckphasen mit viel Glück überstanden, immerhin aber leidenschaftlich gekämpft und zum Ende hin mit Marlon Ritter den Heilsbringer eingewechselt. So ungefähr dürften die Betrachtungen dieser Partie im Schnelldurchlauf ausfallen. Und mit Rücksicht auf die Gefühle der Roten Teufel und ihrer Fans sollten auch keine Diskussionen geführt werden, ob dieser Sieg nun "verdient" oder "unverdient" war.
Man kann sich doch schließlich einfach mal nur freuen. Darüber, dass nach zuletzt drei Niederlagen und zwei Unentschieden endlich wieder ein "Dreier" geglückt ist. Ebenso darf man hoffen, dass dieses Erfolgserlebnis nun Kopf und Brust freimacht. Und so vielleicht die Voraussetzung schafft, dass die Mannschaft sich künftig auch spielerisch überzeugender aus der Affäre zieht. Und diese Hoffnung ist durchaus berechtigt.
Einziger freiwilliger Wechsel: Kleinhansl für Wekesser
Denn außer, dass es in dieser ausgeglichenen Liga nunmal auch Matchglück braucht, um zu punkten, hielt die Partie noch ein paar Erkenntnisse mehr bereit. Trainer Markus Anfang hatte gegenüber dem jüngsten Auftritt in Elversberg einiges geändert, was sich als segensreich geändert erwies. Auch wenn er die meisten Neuerungen nicht freiwillig vorgenommen hatte. Sie hatten sich aufgrund zahlreicher Verletzungsausfälle ergeben. Selbst Kapitän Marlon Ritter war angeschlagen und kam erst später in die Partie.
Die Entscheidung, Florian Kleinhansl für Erik Wekesser starten zu lassen, geschah allerdings nicht gezwungenermaßen. Der Coach setzte diesmal auf eine eher konservative Art, seine Dreier-/Fünferkette situativ in eine Viererkette switchen zu lassen. Der zentrale Abwehrmann sollte situativ nach vorne rücken. In den Partien zuvor war bekanntlich der linke Verteidiger bei Ballbesitz auf die linke Innenverteidiger-Position geschoben, um aus der Vierer- eine Dreierkette zu machen. Eine Rolle, die Wekesser ausfüllte, in der er allerdings wiederholt Schwächen im Defensivverhalten offenbarte.
"Notnagel" Sirch schlägt ein
Kleinhansl gab nun einen echten Schienenspieler, den beweglichen Mittelmann in der Abwehrkette Luca Sirch, der seine Nominierung den Ausfällen von Jan Gyamerah, Boris Tomiak und Almamy Touré verdankte. Doch der im Sommer aus der Regionalliga geholte, vermeintliche Notnagel machte seine Sache in seinem ersten Zweitliga-Spiel von Beginn an wirklich gut. 83 Prozent Passpräzision, 78 Prozent seiner Zweikämpfe gewonnen, sechs Balleroberungen, einen davon sogar in der gegnerischen Hälfte, und den zweiten Treffer erzielt - was kann man von einem Debütanten mehr verlangen?
Sein erstes Spiel im FCK-Dress vom Start weg bestritt auch Afeez Aremu - obwohl er schon seit über einem Jahr am Betzenberg unter Vertrag steht. Er mühte sich, verzeichnete ebenfalls sechs Balleroberungen, überzeugte insgesamt aber längst nicht so. Auch er bekam mit seinem Nebenmann Filip Kaloc, der im Spiel mit dem Ball zum Achter wurde, die Lücken im zentralen Mittelfeld nicht geschlossen - ein Problem, das die Lautrer schon die gesamte Saison begleitet. Und die sich auch diesmal wieder besonders in der zweiten Hälfte offenbarten, als der Gegner brutal auf den Ausgleich drückte.
Wieder wankt der FCK unter Druck, fällt aber nicht
Überhaupt wirkte das Spiel in dieser Phase wie eine Wiederholung der Partie gegen den Hamburger SV, als ein in den Seilen hängender FCK verzweifelt eine 2:1-Führung über die Zeit zu bringen versuchte, den Gegner aber immer wieder lange Läufe durchs Zentrum gestattete oder Anspielstationen vor dem eigenen Sechzehner bot. Endlos lange Momente dieser Art waren auch diesmal wieder zu durchstehen.
Dass die 1:0-Führung bis in die Schlussphase hielte und durch Sirch und den eingewechselten Ritter noch ausgebaut werden konnte, war in erster Linie den aufopferungsvoll fightenden Abwehrspielern zu verdanken. Neben Sirch blockten Jan Elvedi und Jannis Heuer, was zu blocken war. Und wenn mit Blocken nichts mehr ging, schmissen sie ihren ganzen Körper in die Schussbahnen, die sich die anstürmenden Paderborner gesucht hatten.
Keeper Julian Krahl musste zwar bei Flugbällen immer wieder energisch zupacken hatte in der gesamten Partie aber nur zwei Torschüsse zu parieren, was schon ein wenig kurios ist angesichts der Angriffswucht der Gäste, die aber nicht die Qualität des HSV hatte, dem in der Schlussphase noch das 2:2 geglückt war.
Wenn Heuer länger ausfällt, wird's bitter
Tragischerweise verletzte sich Heuer in der 81. Minute. Wenn auch er nun länger ausfallen würde, wird's endgültig bitter. Abgesehen davon, dass Heuer überragend spielte - Markus Anfang würden nun endgültig die Innenverteidiger ausgehen, und die 3-5-2-Ordnung, die er für dieses Spiel gewählt hatte, ließe sich nicht stabilisieren. Und das wäre gerade vor den anstehenden Auswärtsspielen kommenden Samstag in Düsseldorf und am darauffolgenden Dienstag im DFB-Pokal gegen Vizemeister Stuttgart dringend geboten.
In diesem Spiel allerdings hatte Heuers Auswechslung womöglich sogar eine positive Nebenwirkung. Da kein Innenverteidiger mehr auf der Bank saß - Defensivkraft Leon Robinson war bereits nach 61 Minuten für Aremu gekommen -, brachte Anfang mit Tobias Raschl einen Mittelfeldspieler und stellte auf ein 4-4-2 um. Worauf es den Roten Teufeln besser gelang, den Ball vom Tor wegzuhalten. Und ein paar Minuten später fielen die Treffer zwei und drei.
Er kam, sah und siegte: MR7
Natürlich: Der dafür entscheidende Faktor war nicht die Umstellung, sondern Marlon Ritter. Mit seiner Einwechslung gelangen nach und nach endlich wieder Umschaltaktionen. Das 2:0 bereitete "MR7" vor, als nach einem Eckball von ihm der zweite Ball gesichert und ihm direkt wieder zugespielt wurde, das 3:0 erzielte er mit einem überlegten Schlenzer aus 16 Metern selbst.
Vor allem in der ersten Hälfte aber präsentierte sich die aus der Not heraus geborene 3-5-2-Formation gut geschlossen, gestaltete die Partie gegen den spielstarken Gegner phasenweise sogar ausgeglichen. Wenngleich es, wie schon in den ordentlichen ersten 45 Minuten gegen Elversberg, an guten Torchancen mangelte. Auch über ruhende Bälle ging nichts, was insofern kein Wunder war, als dass das mit Ritter, Wekesser und Philipp Klement dafür am besten geeignete Service-Personal auf der Bank saß.
Ache sagt danke: Pelle Boevink, aber auch Jannis Heuer
Drum bot sich die erste gute Einschussgelegenheit dann doch den Gästen. Luca Herrmann kam nach 28 Minuten aus sechs Metern frei zum Schuss, zielte aber direkt auf den gut postierten Krahl. Zwei Minuten, bevor Ragnar Ache das 1:0 für den FCK markierte.
Ein Treffer, den SCP-Trainer Lukas Kwasniok für sich persönlich als Eigentor verbuchte. Keeper Pelle Boevink legte sich nach einem Seitwärts-Move den Ball zu weit vor, Ache war zur Stelle und schob den Ball ins leere Tor. Funfact: Den Tipp, dass Boevink gerne mal solche Manöver durchzieht, hatte er von Heuer bekommen, der im Sommer von Paderborn zum FCK gewechselt war.
Ansonsten bekam Lauterns Torjäger nicht allzu viele verwertbare Bälle. Er war Teil eines Offensivtriangels, das Daniel Hanslik und Daisuke Yokota komplettierten. Im Spiel gegen den Ball nahm sich einer der beiden dem Paderborner Sechser Santiago Castaneda an, auf dass er seinen Abwehrspielern keine Option für ihr Aufbauspiel. Bei Ballbesitz schob sich Yokota auf den Flügel, meist den rechten. Sorgte dort für Betrieb, war sich auch für den Rückwärtsgang nicht zu schade, blieb bei seinen Dribblings aber auch oft hängen. Hanslik hingegen blieb zentral, wodurch es dem FCK in der Offensive an Breite fehlte.
Es bleibt dabei: Aus dem hinteren Mittelfeld kommt zu wenig
Auch daran muss noch gefeilt werden, wenn sich das Spiel nach vorne bessern soll. Obwohl nach zehn erzielte Treffer nach vier Heimspielen kein schlechter Schnitt sind, wie Markus Anfang nach Spielende bemerkte.
Zu den Grafiken: Dank der beiden Treffer gestaltet der FCK auch das xG-Bilanz zu seinen Gunsten. Das sollte die über weite Strecken in der Offensive hilflos geführte Partie aber nicht vergessen machen.
Die Positions- und Passgrafik der Roten Teufel: Da sieht man schön, wie wichtig Heuer (Nr. 24) als Aufbauspieler war. Und wie unbedeutend Aremu (23), der förmlich in der Luft hängt.
Da sieht Castaneda (5) bei den Gästen besser aus, und das, obwohl ihn Hanslik oder Yokota, siehe oben, gut umsorgten. 19 Jahre alt ist der Junge erst. Paderborn hat ihn zu Beginn der Saison ablösefrei von Drittliga-Absteiger Duisburg verpflichtet. Schade, dass er keinem FCK-Späher aufgefallen ist.
Zum Beleg, dass aus dem hinteren Mittelfeld bei Lautern zu wenig kommt, hier wieder die exakte Übersicht über die gespielten Passkombinationen. Da sieht nicht nur Aremu, sondern auch Nebenmann Kaloc schlecht aus. Zum Vergleich: Auf der Gegenseite interagierte Castaneda 40-mal mit seinen Mitspielern.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer
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