Nachlese zur JHV 2022

Der FCK als "Work in Progress"

Der FCK als "Work in Progress"

Foto: MS-Sportfoto

Zahlen, die positiv stimmen, und Gremien, die sich wieder als Einheit präsentieren. In Selbstbeweihräucherung artete die Jahreshauptversammlung des 1. FC Kaiserslautern dennoch nicht aus. Auf dem Weg in die Zukunft steht noch manche Hürde.

Knapp zweieinhalb Jahre ist es nun her, dass die 1. FC Kaiserslautern GmbH & Co. KGaA eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragte. Und in Fanforen, aber auch in Funktionärskreisen benachbarter Vereine - ob geographisch oder tabellarisch -, wird bisweilen immer noch gemeckert, es sei moralisch oder sonstwie nicht korrekt gewesen, diesem Verein, der sich doch selbst zugrunde gewirtschaftet hätte, dieses Schlupfloch zu lassen. Zuletzt etwa sprach im Oktober der damalige Rostocker Trainer Jens Härtel von einem "faden Beigeschmack", den die Planinsolvenz und der Corona-bedingte Erlass des üblicherweise fälligen Neun-Punkte-Abzugs hinterlassen hätten.

Ob diese geschmacklich Irritierten sich irgendwann mal die Mühe machen, sich mal einfach nur die Zahlen anzuschauen, die dieser FCK mittlerweile produziert, nur zweieinhalb Jahre, nachdem ihm das Überleben gestattet wurde? Der 1. FC Kaiserslautern e.V. hat im Geschäftsjahr 2021/22 einen Überschuss von 411.000 erwirtschaftet. Seine noch bestehenden Verbindlichkeiten - die übrigens vor allem aus jener Insolvenz der ausgegliederten Kapitalgesellschaft resultieren - hat er von zuvor 6,522 auf nun 5,956 Millionen Euro reduziert. Die zugehörigen Kreditverträge wurden inzwischen auf eine mittelfristige Laufzeit umgeschuldet und bestehen "intern", also bei den Investoren der Saar-Pfalz-Invest GmbH und bei der einst insolventen FCK GmbH & Co. KGaA.

Insolvenz hat FCK über-lebt, nun be-lebt er Fußball-Deutschland

Die Zahl der Vereinsmitglieder ist nach der überaus erfolgreichen Kampagne "Mitglied schafft Zukunft" seit Beginn des Jahres von 16.900 auf den historischen Höchststand von 22.459 geklettert. Für die laufende Saison sind mittlerweile über 20.000 Dauerkarten verkauft. Im Schnitt besuchten 38.602 Zuschauer die Heimspiele des Tabellenvierten der 2. Bundesliga. Über 5.000 FCK-Fans im Mittel füllen bei Auswärtsfahrten die Ränge und Kassen der gastgebenden Vereine.

Kann es denn tatsächlich Fußball-"Freunde" oder gar Fußball-"Romantiker" geben, die es allen Ernstes lieber gesehen hätten, wenn dieser Verein von der Deutschlandkarte des Fußballs verschwunden wäre?

Applaus, Applaus - auch für Marco Antwerpen und Frank Döpper

Trotz vieler positiver Zahlen, Daten und Fakten geriet den Verantwortlichen die Jahreshauptversammlung 2022 jedoch keinesfalls zur Selbstbeweihräucherung. Vielmehr präsentierten sich der "eV." und seine Profifußball spielende Tochter, die "KG", als gemeinschaftliches "Work in Progress". Das machte vor allem der Bericht von FCK-Kapitalgesellschaft-Geschäftsführer Thomas Hengen deutlich. Nach dem Aufstieg im Sommer und einer famosen Hinrunde war dem 48-Jährigen tosender Beifall ohnehin sicher, ebenso wie dem Mannschaftsrat und dem Trainerteam um Dirk Schuster sowie Sascha Franz, die der Versammlung vorübergehend trotz eigentlich noch laufenden Urlaubs beiwohnten.

Hengen beleuchtete aber auch noch einmal die schwierige Situation vor dem Trainerwechsel unmittelbar vor den Relegationsspielen. Was Dank und viel Applaus fürs kurzfristig "geschasste" Trainerteam Marco Antwerpen und Frank Döpper miteinschloss. Schließlich hatte die beiden die Mannschaft auf den Rang geführt, der für die Relegation gegen Dynamo Dresden qualifizierte. Und bei der Erwähnung der beiden Namen im Bericht des Aufsichtsratsvorsitzenden und Versammlungsleiters Rainer Keßler gab's ein weiteres Mal Beifall - ebenfalls ein Beleg für den neuen Spirit, der sich im vor drei Jahren noch so zerstrittenen Verein auszubreiten scheint.

Lizenz 2022/23: DFL hat Leistungsfähigkeit bescheinigt - ohne Auflagen

16 Millionen Euro Umsatzerlöse hat die ausgegliederte Profi-Abteilung im Geschäftsjahr 2021/22 erzielt. Das Konzern-Ergebnis weist für die 3. Liga einen operativen Verlust von 4,12 Millionen auf. Dennoch verfügt die KG über ein positives Eigenkapital von 19,83 Millionen Euro. Die Erlöse im Merchandising-Bereich haben bereits wieder das Niveau der letzten Zweitliga-Saison 2017/18 erreicht.

Und, ganz aktuell: Im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens für die Saison 2022/23 hat die Deutsche Fußball-Liga (DFL) dem FCK bereits die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ohne Auflagen bescheinigt. Braucht es sonst noch irgendwelche Belege, dass die "Planinsolvenz" zum Guten genutzt wurde?

Hengen blickte aber auch nach vorne, und da erstrahlt, der aktuellen Tabellensituation zum Trotz, beileibe nicht alles rosarot. Für Pacht und Instandhaltung des Fritz-Walter-Stadions liefen 2021/22 Kosten in Höhe von drei Millionen Euro. Diese dürften sich im ersten Zweitliga-Jahr mehr als verdoppeln. Weil nun wieder mehr Pacht gezahlt werden muss, aber auch angesichts der steigenden Energiekosten. Natürlich steigen aber auch die Einnahmen des FCK in der 2. Bundesliga in erheblichem Ausmaß, nicht nur wegen der erstklassigen Zuschauerzahlen.

Hengen will Investitionen in NLZ und Scouting

Um wirtschaftlich konkurrenzfähig zu werden, müsse der FCK im Profifußball dennoch "über einen längeren Zeitraum eine Konstante bilden", so Hengen. Dies sei unter anderem geboten, um in der TV-Geld-Tabelle wieder weiter nach oben zu klettern. Auf der nämlich rangiert der FCK aktuell nur auf dem letzten Platz der Zweiten Liga. Ursache dafür sind die vier Jahre in der Drittklassigkeit, die sich nachteilig auf die Bemessung des Anteils aus dem TV-Gelder-Topf auswirkten. Zwar kassiert der FCK im Vergleich zu rund einer Million Euro in der 3. Liga jetzt schon etwa 7,6 Millionen, liegt damit aber deutlich hinter den 10,1 Millionen, die beispielsweise der 1. FC Nürnberg auf Platz 10 der von Hengen eingeblendeten TV-Geld-Tabelle bekommt. Von den drei Erstplatzierten in diesem Ranking ganz zu schweigen, die zwischen 15,8 und 19,2 Millionen Euro von der DFL erhalten: Fortuna Düsseldorf, Hamburger SV und Arminia Bielefeld.

Eine ebenso wichtige Einnahmequelle seien Transfererlöse. Um diese auch in Zukunft zu erzielen, müsse weiter in die Infrastruktur des Nachwuchsleistungszentrums investiert werden - wobei Thomas Hengen nicht vergaß, dem NLZ-Förderverein zu danken, der seit seiner Gründung vor 15 Monaten schon 50.000 Euro für den Betze-Nachwuchs zusammengetragen hat.

Notwendig sei aber auch der Ausbau der Scouting-Abteilung, damit diese auch "vermehrt an überregionalen Ort präsent sein kann". Mittelfristig soll der Stab an Fußball-Fachleuten zudem durch einen Kaderplaner oder einen technischen Direktor verstärkt werden. Aktuell in der Winterpause solle der Kader "punktuell" verstärkt werden. Im Gegenzug will Hengen den einen oder andere Spieler mit wenig Einsatzzeit abgeben.

Die Investoren: Nicht bei allen beliebt, aber (noch) lebenswichtig

Und, natürlich, auch im Investoren-Bereich müsse sich weiter was bewegen, so der Geschäftsführer. Aufsichtsratsvorsitzener Keßler nannte erneut die Jahreszahlen, bis wann es mit der Öffnung der vom Anhang schon seit 2018 geforderten "Fan-Säule" endlich soweit sein soll: 2025 oder 2026. Dann muss der FCK e.V. nach Ablauf einer siebenjährigen Frist keine Steuern mehr für die Veräußerung seiner Aktien zahlen. Auch dem normalen Fan zu ermöglichen, Anteile am FCK zu erwerben, sei dann auch notwendig, um die ab dann fälligen Verbindlichkeiten begleichen zu können, begründete Keßler.

Und die bereits vorhandenen Investoren, die wegen des vielleicht schädlichen Einflusses, den sie auf den Verein nehmen könnten, vom normalen Fan oft kritisch gesehen werden? "Ohne die könnten wir nicht überleben", betonten Hengen und Keßler unisono. Wie der Aufsichtsratsvorsitzende berichtete, engagiere sich die Saar-Pfalz-Invest GmbH (SPI) nicht nur mit Eigenkapital in der KG - sie habe auch den e.V. mit einem Kredit vor der möglichen Insolvenz bewahrt.

Die "Pacific Media Group" dagegen firmiert nun als "Platin 2180 Gmbh" in der Aktionärsstruktur der KG. Die chinesisch-amerikanisch geführte Gruppe hat sich bekanntlich im März 2022 knapp zehn Prozent der Anteile gesichert - exakt 9,94 Prozent, wie nun erstmals offiziell bekanntgegeben wurde. Rund 3,3 Millionen Euro soll sie dem Vernehmen nach dafür gezahlt haben. Weil das vielen weiterhin zu wenig erscheint, erläuterte Rainer Keßler ein weiteres Mal, dass die Gruppe bereits Investitionsbereitschaft am FCK signalisiert habe, als diesem zu Beginn der Saison 2021/22 der erneute Abstiegskampf in der 3. Liga drohte. Damals war die Verhandlungsgrundlage noch eine andere.

Überraschenderweise wurde "nebenbei" auch noch bekannt gemacht, dass die Regionalen Investoren in der Zwischenzeit ihren Anteil um weitere zehn Prozent aufgestockt haben. Von der FCK GmbH & Co. KGaA gehören nun 34,93 Prozent der SPI sowie jeweils 4,40 Prozent Dienes Packaging und Dr. Theiss Naturwaren, den Firmen von drei der fünf SPI-Investoren. Wieviel Geld dafür geflossen ist, ist bislang nicht bekannt. Der FCK e.V. besitzt somit nur noch 45,85 Prozent der Anteile und nur durch die 50+1-Regel sowie die Satzung ist noch die Stimmenmehrheit des Vereins gesichert.

Die "Mutter" hat auch noch andere schöne Töchter

"Der Mutter", also dem e.V., könne es nur gut gehen, wenn es auch "der Tochter", also auch der KG, gut gehe. Der Vergleich wurde gleich von mehreren Rednern bemüht. Die Berichte des Vorstandsmitglied Tobias Frey allerdings machten deutlich: Bei der ausgegliederten Profiabteilung handelt es sich lediglich um die Promi-Tochter des FCK. Der Verein hat noch einige Töchter mehr, und auch die sind schön anzuschauen, auch wenn sie nicht permanent im Rampenlicht stehen.

Die Hockey-Abteilung etwa besteht schon 110 Jahre und wird in der Hallensaison 2022/23 mit sechs Jugendteams und zwei Erwachsenenteams an den Start gehen. Im Feld stellen die Mädchen der U14, in der Halle die der U12 die aktuellen Meister der Verbandsliga. Die Leichtathletik-Abteilung hat sich als Landes-Leistungszentrum profiliert und stellt mit Hürdensprinter Moritz Heene und Zehnkämpfer Cordian Mielczarek Aktive, die in ihren Disziplinen deutschlandweit zur Spitze zählen. Die Basketball-Damen stiegen aktuell als souveräner Oberligameister in die 1. Regionalliga Südwest auf und holten den Rheinland-Pfalz Pokal.

Und Fußball-Frauen sind auch in der Pfalz auf dem Vormarsch. Derzeit werde über die Gründung einer Frauenfußball-Abteilung nachgedacht, dazu liefen bereits Gespräche mit 1. FFC Kaiserslautern. Mit der 2021 gegründeten E-Sports-Sparte beschreitet der FCK bereits einen weiteren neuen Weg.

Der neue Jugendstil: Nicht alles dreht sich um Fußball

Interessant auch: Gegenwärtig treiben 872 Jugendliche und Kinder unter 18 Jahren Sport beim FCK - und 676 davon spielen keinen Fußball. Das zeigt: Die Zeiten, in denen nach Schule und Hausaufgaben alle nur gegen den Ball treten wollten, sind lange vorbei. Was aber nicht heißen muss, dass junge Sportler anderer Disziplinen nicht gerne auf den Betzenberg pilgern, wenn die Roten Teufel kicken.

Apropos Jugend: Dass die Mitglieder den 35-jährigen Patrick Buchmann und der 31-jährigen Torsten Lill nach dem 55-jährigen ehemaligen FCK-Jugendspieler Michael Schultheiss zu den ersten Nachrückern für den Aufsichtsrat wählten, lässt sich ebenfalls als Zeichen dafür werten, dass die Jugend auch auf dem Vormarsch Richtung FCK-Führungsspitze ist. Wenn auch zum Leidwesen eines Fritz Koch, der es mit seinen 71 Jahren nicht auf die Ersatzbank des Kontrollgremiums schaffte. In diesem bleibt FCK-Legende Hans-Peter Briegel mit seinen nunmehr 67 Lenzen weiterhin der Nestor. Als im Mai nachberufenes Aufsichtsratsmitglied wurde der Altinternationale gemeinsam mit Ministerialdirektor Daniel Stich nun von den Mitgliedern auch offiziell bestätigt.

"Ich will zeigen, dass es nicht nur in den Vereinigten Staaten und im Vatikan möglich ist, auch im reifen Alter noch gewählt zu werden", hatte sich Fritz Koch um die Position beworben. Das ist dem Handwerksmeister aus Frankenthal nun zwar nicht geglückt. Dafür aber darf er für sich in Anspruch nehmen, das netteste Bonmot des Tages platziert zu haben.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer, Thomas Hilmes

Weitere Links zum Thema:

- Chronologie im DBB-Forum: Nachlese zur Jahreshauptversammlung 2022

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