Interview des Monats: Ex-FCK-Spieler und -Trainer Hannes Bongartz, Teil 2/2

"Ein FCK-Aufstieg würde mich wahnsinnig freuen"

"Ein FCK-Aufstieg würde mich wahnsinnig freuen"

Foto: Imago Images

Teil 2 unseres Interviews des Monats: Hannes Bongartz erzählt, was er vom heutigen Fußball-Geschäft hält, was er in der Lautrer Altstadt schon alles erlebt hat und was er dem 1. FC Kaiserslautern für die Zukunft wünscht.

Der Betze brennt: Hannes Bongartz, etliche Spieler, die Sie trainiert haben, konnten sich unter Ihrer Führung besser entwickeln. Markus Schupp etwa, einer, der am Betzenberg groß geworden war. 1991 haben Sie ihn als damals 25-Jährigen vom FCK nach Wattenscheid geholt, nachdem es in Lautern für ihn nicht mehr weiterging. In seiner ersten Saison unter Ihnen spielte er so stark auf, dass ihn anschließend die Bayern verpflichteten. Wie konnte er bei Ihnen so explodieren?

Hannes Bongartz (69): Das konnte ich nur mit jemandem wie unserem Mäzen Klaus Steilmann hinbekommen. Markus war ja gerade Deutscher Meister geworden, aber ich hatte mitbekommen, dass er in Kaiserslautern nicht so die Wertschätzung genoss, der typische Lehrling im eigenen Haus halt. Ich brauchte aber genau so einen Spieler. Da habe ich ihm gesagt: Wenn du zu uns kommst, wirst du deinen Weg machen, und wenn dann ein größerer Verein kommt und dich will, werden wir dich nicht aufhalten. So kam es dann auch. Schon nach einem halben Jahr war klar, dass er zu den Bayern wechselt.

Der Betze brennt: Tut es nicht weh, so einen Mann gleich wieder zu verlieren, direkt nachdem man ihm zum Durchbruch verholfen hat?

Bongartz: Das ist natürlich schade, aber wir standen ja bei ihm im Wort, und das mussten wir dann auch halten. Er war ja auch keine 19 mehr, da musste er diese Chance doch nutzen. Uns hat er in diesem Moment sehr geholfen und uns viel Ansehen verschafft. Mir blieb zudem Zeit genug, mich nach Ersatz umzusehen. So war’s für alle Beteiligten eine riesen Geschichte. Auch Leute wie Thorsten Fink und Maurice Banach haben damals den Weg über den Wattenscheid genommen. Banach ist ja später leider tödlich verunglückt, der wäre einer geworden wie Robert Lewandowski. Über Fink hat mir Karl-Heinz Rummenigge später mal erzählt, der sei einer der intelligentesten Spieler gewesen, die der FC Bayern jemals hatte.

Der Betze brennt: Ihr Abwehrchef bei Wattenscheid 09 hieß damals Uwe Neuhaus. Er wurde selbst Trainer, war später bei Union Berlin, Dynamo Dresden und Arminia Bielefeld tätig. Überall ließ er gepflegten, attraktiven Fußball spielen. Denken Sie, dass da auch was von dem drin steckte, was ihm sein alter Trainer mitgegeben hat?

Bongartz: Ja, der Uwe und ich, wir kamen immer super klar. Ich habe ihn damals aus Remscheid geholt, da spielten die in der Oberliga. Neben ihm brachte ich Jörg Bach, der hatte in Wattenscheid noch gar keine Rolle gespielt, als ich kam. Zusammen funktionierten Neuhaus und Bach dann genauso gut wie Majewski und Dusek in Kaiserslautern. Uwe verstand den Fußball vom Kopf her, war mein verlängerter Arm auf dem Spielfeld. Ich glaube schon, dass er ein bisschen was von mir übernommen hat, als er später selbst Trainer geworden ist. Dass er letztes Jahr mit Bielefeld in die Bundesliga aufgestiegen ist, hat mich unheimlich gefreut.

"Ein Trainer sollte auch mal Nein sagen können"

Der Betze brennt: Im März 2021 wurde er in Bielefeld entlassen. In der gleichen Saison, in der Ihre Ex-Vereine Schalke und Kaiserslautern gleich drei Trainer verschlissen, Schalke dennoch abstieg. Die Hire- und Fire-Mentalität in dem Geschäft hat ein neues Level erreicht. Kann man als Trainer unter diesen Umständen überhaupt noch vernünftig arbeiten, geschweige denn etwas aufbauen?

Bongartz: Tja, das ist schwer geworden. Manche Vereine setzen einen jungen Trainer auf die Bank, gucken ihm ein paar Spiele zu und werfen ihn direkt wieder raus, wenn die Ergebnisse nicht stimmen, statt sich zu fragen: Was konnten wir dem Trainer eigentlich an sportlichem Wert bieten, um mit ihm zu erfolgreich zu sein? Verständlicherweise will jeder Trainer, der seine Lizenz erworben hat, in dem Job auch arbeiten und denkt daher immer erst einmal positiv, wenn er eine Aufgabe übernimmt. Ich denke aber, ein Trainer sollte auch mal Nein sagen können, wenn er sieht, das, was der Verein sich mit dieser Mannschaft vorstellt, ist doch gar nicht drin. Erst recht, wenn der Präsident dann auch noch mit auf der Bank sitzt und mitreden will. Es mag den ein oder anderen Trainer geben, der kann vielleicht sogar ein bisschen zaubern, aber irgendwann ist es mit so einem Zauber halt auch mal vorbei.

Der Betze brennt: Kennen Sie auch den FCK-Trainer Marco Antwerpen näher, der ja genau wie Sie aus dem Ruhrpott kommt?

Bongartz: Ja, wir hatten ein, zwei Mal länger telefoniert, ehe er in Kaiserslautern anfing, daher weiß ich, wie sehr er sich auf diese Aufgabe gefreut hat. Wir hatten auch schon während seiner Zeit in Braunschweig über den ein oder anderen Spieler gesprochen. Ich weiß, wie Marco arbeitet und wie impulsiv er ist. Und ich hatte gleich das Gefühl, dass es mit ihm und dem FCK passen würde.

Der Betze brennt: Telefonieren Sie zurzeit auch öfter?

Bongartz: Im Moment nicht. Marco hat ja genug um die Ohren. Aber wenn ich mal wieder in der Nähe bin, versuche ich, bei ihm vorbeizuschauen. Einer meiner Spieler steht jetzt in Saarbrücken unter Vertrag, da ergibt sich bestimmt mal eine Gelegenheit.

"Ich hatte gleich das Gefühl, dass Antwerpen zum FCK passen würde"

Der Betze brennt: Wann haben Sie denn ein letztes Mal ein Spiel im Fritz-Walter-Stadion angeschaut?

Bongartz: Das weiß ich schon gar nicht mehr. Wegen der Pandemie ist es jetzt schon eine Ewigkeit her. Das war auch für mich eine Schweinezeit.

Der Betze brennt: Wie schauen Sie sich denn die FCK-Spiele im TV an - live und komplett oder nur in der Zusammenfassung?

Bongartz: Ich sehe fast alle Live-Übertragungen, aber auch viele andere Spiele der 3. Liga. Die ist schließlich eines meiner wichtigsten Reviere.

Der Betze brennt: Welches war das FCK-Spiel der jüngeren Vergangenheit, das Sie am meisten beeindruckte?

Bongartz: Das Derby in Mannheim, der 2:0-Sieg, da hat Marco in seinem ersten Spiel direkt zugeschlagen. Das war von der Emotion her das schönste, was ich zuletzt vom FCK gesehen habe.

"Ob der FCK aufsteigen kann? Das kann alles ganz schnell gehen"

Der Betze brennt: Was glauben Sie ist für den FCK noch drin in dieser Saison?

Bongartz: Dass das Spiel gegen Osnabrück gewonnen wurde, war auf jeden Fall sehr wichtig. Wenn jetzt auch der nächste Auswärtssieg eingefahren wird, kann die Mannschaft in einen Lauf kommen. Und dank der Drei-Punkte-Regel kann dann alles sehr schnell gehen. In Kaiserslautern hast du eben diese Tradition mit den Fans und dem Verein, und im Moment scheinen ja auch die Leute im Umfeld mal ruhig zu sein. Mit sportlichen Erfolgen kann da alles ganz schnell wieder in die richtige Richtung gehen.

Der Betze brennt: Den Aufstieg, das große Ziel, das im Verein keiner aussprechen will, halten Sie also für erreichbar?

Bongartz: Absolut. Das kann alles ganz schnell gehen. Allerdings kann man genauso schnell nach unten durchgereicht werden. Aber daran wollen wir nicht denken. Wir wissen alle, wo der FCK hingehört. Und ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn sie möglichst schnell wieder in diese Gefilde kommen würden. Das hat das Umfeld, das haben die Fans einfach verdient. So viel Herzblut wie in Kaiserslautern habe ich im deutschen Fußball selten erlebt.

Der Betze brennt: Als Freund des schönen Fußballs - welcher Mannschaft schauen Sie denn einfach um des Spiels willen gerne zu, ohne dass ihr Herz besonders an ihr hängt?

Bongartz: Da brauchen wir nicht groß drüber reden: den Bayern halt. Die haben nun einmal die Möglichkeiten, die besten Spieler zu holen. Drum spielen sie auch den besten Fußball. Okay, manchmal auch für meinen Geschmack zu viel quer. Auch wie Leipzig bereits unter Nagelsmann nach vorne gespielt hat - das ist für mich Fußball, der begeistert.

Der Betze brennt: Sie hatten auch immer eine Leidenschaft für Trabrennsport. Frönen Sie dieser heute noch?

Bongartz: Altersbedingt nur noch passiv. Zurzeit laboriere ich noch an einer Verletzung, nachdem ich dieses Jahr am Vatertag vom Pferd gefallen bin. Jetzt am Mittwoch bin ich gerade an der Schulter operiert worden. Soweit ist jetzt alles wieder in Ordnung, aktiv reiten werde ich nun aber nicht mehr.

"Wir sind nach den Spielen immer in der Lautrer Altstadt unterwegs gewesen"

Der Betze brennt: Sie galten in Ihrer aktiven Zeit als einer, der nach Feierabend gerne einem, sagen wir es mal so, lockeren Lebensstil frönte und nichts anbrennen ließ ...

Bongartz: Klar, das habe ich doch in Kaiserslautern gelernt (lacht).

Der Betze brennt: Wie sind Sie in diesen Fragen später als Trainer und Spielerberater mit Ihren Schützlingen umgegangen - konnten Sie ernst bleiben, wenn Sie ihnen was von Disziplin und solidem Lebenswandel erzählten?

Bongartz: Es ist wie überall im Leben: Es gibt für alles Grenzen, an die muss man sich halten. Wer ständig über die Stränge schlägt, wird immer Probleme bekommen. Die Zeit heute ist mit unserer auch nicht mehr zu vergleichen. Wenn heute mal einer loszieht, steht sofort einer irgendwo mit einem Handy, macht ein Bild, lädt es hoch, und schon ist die Küche am Qualmen. Aktuelles Beispiel: Erling Haaland. Da war es zu unserer Zeit schöner. Wir sind nach den Spielen immer mal in der Altstadt unterwegs gewesen, und ich hab den Kontakt mit den Menschen sehr genossen. Da ging es immer sehr familiär zu. Mit Familie Lutzi beispielsweise bin ich heute noch eng befreundet, ich bin der Trauzeuge von Manuela und Peter, und über sie hatte ich auch Kontakt zu Fritz Walter. Das sind Bande, die werden niemals abreißen.

Der Betze brennt: Und wo genau haben Sie die Lautrer Altstadt unsicher gemacht?

Bongartz: Ach, wir waren oft im "Simpel", das gibt’s ja auch heute noch. Und in einer Studentenkneipe in der Mühlstraße, dem "Inn", da haben wir uns oft montags getroffen. Und natürlich beim Italiener "Firenze", da schaue ich heute noch jedes Mal vorbei, wenn ich in Kaiserslautern bin. Der Wirt, Francesco, war auch schon bei mir zuhause, und wir haben zusammen Fußball geguckt: Deutschland gegen Italien.

"Es waren tolle Jahre": Bongartz will bald wieder nach Kaiserslautern

Der Betze brennt: Gibt es irgendeine Aufgabe im Fußball, die Sie nochmal reizen könnte - als Trainer, Manager oder Funktionär?

Bongartz: Ich glaube nicht. Das, was ich zurzeit mache, mache ich gerne. Und ich bestimme selbst, wo und zu wem ich gehe. Aufregung habe ich im Leben genug gehabt, jetzt genieße ich nur noch die angenehmen Seiten des Fußballs. Meine Kinder sind auch gut versorgt, von mir aus kann alles so wie es jetzt ist noch ein paar Jahre weitergehen.

Der Betze brennt: Und wann kommen Sie mal wieder nach Kaiserslautern?

Bongartz: Bestimmt schon bald. Wenn ich nach meinem Spieler in Saarbrücken schaue, lege ich einen Stopp in der Pfalz ein. Dann wird Familie Lutzi besucht, bei Francesco gegessen und Marco Antwerpen "Guten Tag" gesagt. Zu Thomas Hengen habe ich übrigens ebenfalls Kontakt. Die A61 von mir zuhause nach Kaiserslautern fahre ich schon lange wie im Schlaf. Ist ja auch kein Wunder: Wenn man die Zeit als Spieler und Trainer zusammenrechnet, sind das fast zehn Jahre, in denen ich in Kaiserslautern war. Das prägt. Und es waren tolle Jahre.

Der Betze brennt: Das haben Sie uns auch in diesem Gespräch deutlich spüren lassen, Herr Bongartz. Wir wünschen Ihnen am Sonntag einen schönen Geburtstag - auf dass die Schulter schnell besser wird und ansonsten für Sie alles noch lange so bleibt, wie es jetzt ist!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas Hilmes, Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Teil 1 des Interviews: "Das 5:0 gegen Real bleibt im Kopf wie eingenagelt" (Der Betze brennt)

Kommentare 7 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken