Markus Merk wurde im Dezember 2019 zum großen Hoffnungsträger des 1. FC Kaiserslautern gewählt. 14 Monate später steht er in der Kritik. Im DBB-Interview spricht der Beiratsvorsitzende über berechtigte und unberechtigte Vorwürfe sowie den Zwischenstand im "Ultramarathon" des FCK.
Der Betze brennt: Markus Merk, die Roten Teufel stecken weiter in der sportlichen Krise - was ist in den vergangenen 14 Monaten schiefgelaufen beim 1. FC Kaiserslautern?
Markus Merk (58): Es ist die Tabelle, die nicht lügt und vieles überschattet. Als Sportler ärgert mich das genauso wie jeden unserer Fans. Wir sind auch in der dritten Saison sportlich noch nicht in der 3. Liga, der Mentalitätsliga, angekommen. Zwei Trainerwechsel sind mindestens einer zuviel, der Aderlass an Scorerpunkten im Sommer konnte nicht kompensiert werden. Erst mit den letzten eingeleiteten Veränderungen spürt man einen Umschwung, der Hoffnung gibt. Und klar: Wir brauchen eine neue sportliche Gesamtausrichtung, die jetzt eingeläutet ist. Das "Wie geht es überhaupt weiter" hat das Tagesgeschäft und eine Entwicklung in vielen Bereichen im letzten Jahr natürlich überlagert und gehemmt. Leider muss man daran erinnern, dass es jahrzehntelang schiefgelaufen ist und ich immer von einem Ultramarathon gesprochen habe. Da läuft man eben nicht nach 14 Monaten glückstrahlend ins Ziel.
Steckbrief:
Name: Dr. Markus Merk
Alter: 58
Wohnort: Weisenheim am Berg
Beruf: Unternehmer
FCK-Mitglied seit: 15.03.1962 (Tag der Geburt)
Der Betze brennt: Sie sitzen seit dem 01. Dezember 2019 im Aufsichtsrat des FCK e.V. und auch im Beirat der FCK-Kapitalgesellschaft, wo Sie Vorsitzender sind. In dieser Zeit ist viel passiert, und trotz der angesprochenen Tabellensituation auch keineswegs nur negatives. Welche positiven Fortschritte konnten Sie in Ihrer bisherigen Amtszeit in Bewegung setzen?
Merk: Na ja, viel Zeit zu "sitzen" hatte ich nicht (lacht). Am 01. Dezember 2019 zitterten wir alle um die Lizenz, diese war millionenweit weg. Der Verein war mit rund 24 Millionen hoch verschuldet, mit Fremdkapital "auskapitalisiert", die vier Säulen weitgehend leer, der Verein führungslos. Und wir konnten noch nicht erahnen, welche historischen Zeiten uns durch eine Pandemie bevorstehen. Mit dem Einstieg der regionalen Investorengruppe ist uns die positive Fortführungsprognose gelungen, das Fundament für einen Re-Start steht. Die Frage, wie und ob der FCK sonst überhaupt noch existieren würde, überlasse ich gerne der eigenen Betrachtung.
"Kritik ist grundsätzlich positiv, wenn sie fundamentiert und sachlich bleibt"
Der Betze brennt: Als bekanntestes Gesicht des FCK und amtierender Beiratsvorsitzender haben Sie sich Ihre erneute Kandidatur sehr lange offen gelassen und Ihre Bewerbung erst kurz vor Anmeldeschluss abgegeben. Warum haben sie so lange mit ihrer Entscheidung gezögert?
Merk: Wenn man in diesen Verein geboren wurde, immer mit ihm gejubelt und gelitten hat, dann entscheidet man das nicht leichtfertig aus der Hüfte. Die Verantwortung ist riesig und auch wenn es niemand hören will: Die Zukunft bleibt kritisch! Den Respekt vor der Aufgabe und meinen hohen eigenen Anspruch habe ich nie verloren. Im Gegenteil, in der kurzen Amtszeit ist er gestiegen.
Und klar, auch der Faktor "bekanntes Gesicht" reicht von "was macht der überhaupt" bis "der schon wieder". Das ist zwar persönlich eingepreist, aber mein Vorbild und Freund, unser Ehrenpräsident Norbert Thines, bleibt mir da ein warnendes Beispiel. Wenn es nicht im Sinne Einzelner ist, dann ist der Schuldige schnell identifiziert.
Warum doch? Weil wir in den Gremien endlich mal die Chance auf etwas Kontinuität haben. Gerade das war das Erfolgsrezept der früheren Zeit beim FCK und heute bei den erfolgreichen Klubs! Aufsichtsrat, Vorstand, Ehrenrat haben im Kern in den letzten Monaten eine starke Einheit gebildet. Mit Rainer Keßler und Martin Weimer besteht von Anfang an eine konstruktive, vertrauensvolle und zielführende Zusammenarbeit im Sinne des FCK. Es bleibt die Hoffnung, dass viele der von uns im Vorder-, wie Hintergrund angestoßenen Prozesse zeitnah fruchten und nicht wieder torpediert werden.
Der Betze brennt: Im Dezember sagten Sie, dass es ein "Weiter so" nicht geben wird, und tatsächlich wurde seitdem auch schon viel in die Wege geleitet: Neue Spieler, neuer Trainer, neuer Sportchef. Fühlen oder fühlten Sie sich auch manchmal ungerecht beurteilt, wenn Kritik an Ihrer Arbeit geübt wurde?
Merk: ... und ich habe selbst vor ein paar Wochen hier auch noch betont, dass ich mich daran gerne im Rahmen meiner zu respektierenden und eingeschränkten Möglichkeiten im Amt messen lasse. Wir haben, ungeachtet der anstehenden elektronischen Jahreshauptversammlung, Prozesse im Sinne des FCK weiter vorangetrieben, konzentrieren uns auf die Entwicklung. Das Thema "Geschäftsführer Sport" ist das beste Beispiel, die so wichtige wirtschaftliche Sanierung unseres e.V. ein anderes.
Kritik ist grundsätzlich positiv, wenn sie fundamentiert ist und auf der Sachebene bleibt. Ich bin weder naiv, noch blauäugig. Wer Verantwortung übernimmt, speziell beim emotionalen FCK, der darf eine "für sich gerechte" Beurteilung nicht erwarten.
"Das operative Geschäft ist und bleibt die Aufgabe der Geschäftsführung"
Der Betze brennt: Zuletzt wirkten Sie insbesondere bei der Trainersuche stark involviert und nach außen sogar als treibende Kraft. Ihnen wurde als Beirat eine Einmischung ins operative Geschäft vorgeworfen. Wie ist diese Geschichte aus Ihrer Sicht gelaufen und welche Rolle spielte es, dass der zukünftige Sportchef Thomas Hengen schon in Sicht, aber eben noch nicht offiziell verpflichtet war?
Merk: Die sportliche Situation war die treibende Kraft! Unsere Aufgabe ist es, die Geschäftsführung mit unserer Kompetenz zu stärken und zu unterstützen - und nur dieser Pflicht sind wir nachgekommen. Das operative Geschäft ist und bleibt einzig und allein Aufgabe der Geschäftsführung. Im Rahmen unserer Aufgabenbereiche sind wir aber auch gefordert, den Verein zukunftsorientiert aufzustellen und die Geschäftsführung gegebenenfalls, wie jetzt mit unserem neuen Geschäftsführer Sport, zu verstärken.
Nur nebenbei: Die schönsten Spiele waren für mich als Schiedsrichter die, bei denen ich überhaupt nicht in Erscheinung treten musste. Ein cooles Gefühl, das wünsche ich mir auch als Gremiumsmitglied und für unseren FCK, das ist das Ziel.
Der Betze brennt: Nun treten Sie zur Wiederwahl an, bei der es um eine Amtszeit von knapp drei weiteren Jahren geht. Was sind die größten Baustellen in diesem Zeitraum und was hat in ihrer "To-do-Liste" die höchste Priorität? Wie lautet Ihr persönlicher Drei-Jahres-Plan für den FCK?
Merk: Die größte Baustelle bleibt der Doppelpass Sport/Wirtschaftlichkeit, dies in einer durch die Pandemie zudem extrem angespannten Zeit, speziell im Profisport und der 3. Liga. Durch meine Tätigkeit in der Task Force 3. Liga weiß ich um die Sorgen und Nöte der Klubs. Da sind wir nicht allein, es ist ein schmaler Grat. Ein Drei-Jahres-Plan wäre in diesen Zeiten ein leeres Versprechen. Zudem wird das Stadionthema die handelnden Personen schon bald wieder beschäftigen. Es gibt keine hohen und niedrigen Prioritäten, sondern Kontinuität, Flexibilität und Entwicklung in allen Bereichen sind entscheidend. Dies werden wir unseren Mitgliedern auf der eJHV deutlich machen.
Ein Punkt ist mir wichtig, der beim Blick auf die Tabelle zu kurz kommt, gerade im Rahmen einer Mitgliederversammlung aber Beachtung finden sollte. Bei aller Härte des Alltags, erlaube ich mir diese Sozialromantik: Es geht um unseren FCK e.V., um die Restsanierung, besonders aber um Vereinskultur, Vorbildfunktion, Vertrauen und Verantwortung unseren Mitgliedern gegenüber, die in unseren Abteilungen und Fanclubs aktiv sind. Dort wird, wie auch im Museumsteam, bei den Betze-Engeln, bei unseren Mitgliedern und Fans mit Handicap und so weiter wertvolle Arbeit geleistet. Wenn der FCK in der Region wieder "hip" und "in" ist, Kinder auf dem Bolzplatz wieder das FCK-Trikot tragen, dann ist der Erfolg sichtbar. Dies gelingt nur mit dem sportlichen Erfolg, der FCK muss aber immer mehr als ein 1:0 sein.
"Investoren nur als Geldgeber und nicht als Partner zu sehen, ist weltfremd"
Der Betze brennt: Leider fielen in Ihre erste Amtsperiode auch überwunden geglaubte Streitigkeiten und Rücktritte, etwa bei der Investorensuche im letzten Sommer. Welche Lehren haben Sie daraus gezogen? Und wie ist der weitere Stand der Dinge beim FCK in Sachen Investoren und Vier-Säulen-Modell?
Merk: Persönlich macht mich das betroffen und für den Verein empfinde ich es erschreckend. Genau wie die Tatsache, dass immer wieder Informationen durchgesteckt und Unwahrheiten verbreitet werden. Mir liegt es fern, abermals auf Themen wie Investorensuche einzugehen. Nur eine Anmerkung dazu: Investoren nur als Geldgeber und nicht als Partner zu sehen ist schlichtweg weltfremd. Auch darauf habe ich im Dezember 2019 klar hingewiesen. Diesen Weg haben wir Mitglieder selbst mit der Ausgliederung geebnet. Es ist der gemeinsame Weg, der unter gegenseitigem Respekt ziel- und lösungsorientiert für den FCK gefunden werden muss. Fakt ist: Dank 50+1 ist die Einflussnahme per se geregelt und das ist gut so. Wir haben das Vier-Säulen-Modell belebt, aber dies kann nur der erste Schritt sein. Zum Thema Fan-Säule werden wir uns konkret auf der JHV äußern.
Meine Lehre ist aber eindeutig, wenn auch deutlich: Ein ruhiger FCK, das bleibt ein Traum!
Der Betze brennt: Abschließend möchten wir Sie gerne um ein Plädoyer in eigener Sache bitten: Wie würden Sie Ihre Kandidatur zusammenfassen und weshalb sollten die FCK-Mitglieder Ihnen am 26. Februar ihre Stimme geben?
Merk: Die Mitgliederversammlung ist und bleibt das wichtigste Organ unseres Vereins. Sie hat meinen uneingeschränkten Respekt und Vertrauen. Nur ein klares Votum fördert Kontinuität und Ruhe. Mit aller Kraft begleite ich weiterhin gerne den Weg in eine erfolgreichere Zukunft. Sie, die Mitglieder treffen ihre Entscheidung bestmöglich im Sinne unseres FCK, daran glaube ich, darauf hoffe ich.
Der Betze brennt: Besten Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei den Wahlen!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas Hilmes, Gerrit Schnabel
Weitere Links zum Thema:
- Komplette Interviewserie: Die Kandidaten zur Aufsichtsratswahl am 26. Februar 2021