Interview des Monats: FCK-Legende Ronnie Hellström, Teil 1/2

"Der FCK war ein absoluter Glücksfall für mich"

"Der FCK war ein absoluter Glücksfall für mich"

Foto: Imago

Die Woche der Torhüter-Legenden: Drei Tage nach Gerry Ehrmann (60) feiert Ronnie Hellström am Donnerstag seinen 70. Geburtstag. Wir haben mit dem sympathischen Schweden über seine Zeit beim FCK, verlorene Endspiele und große Siege gesprochen.

Der Betze brennt: Ronnie Hellström, du bist beim 1. FC Kaiserslautern noch immer ein Publikumsliebling und das Idol vieler Fans. Hast du bei deinem Wechsel 1974 schon damit gerechnet, dass dich der Verein und die Region ein Leben lang begleiten werden?

Ronnie Hellström (69): Nein, das habe ich so nicht erwartet. Ich wusste nicht, ob mein Wechsel nach Kaiserslautern gut geht. Ich kam als Amateurfußballer, es war meine erste und einzige Station im Ausland und ich hatte zunächst für zwei Jahre unterschrieben. Hätte es nicht geklappt, wäre ich wohl wieder zurück nach Schweden gegangen. Doch es war ein absoluter Glücksfall. Von Beginn an hat es mit der Mannschaft und Trainer Erich Ribbeck sehr gut gepasst.

Der Betze brennt: Wie hast du dich in Kaiserslautern damals eingelebt, die Sprachbarriere war zunächst sicherlich ein Problem?

Hellström: Ich habe natürlich sofort angefangen, die deutsche Sprache zu lernen und bin damit auch recht schnell zurecht gekommen, ein bisschen Schuldeutsch konnte ich schon. Das mit dem Pfälzischen hat aber etwas längere Zeit gedauert (lacht). Erst nach drei bis vier Jahren habe ich dann auch das verstanden. Eine große Hilfe war natürlich mein Landsmann Roland Sandberg. Sportlich ist es für mich persönlich auch gleich gut gelaufen. Von den ersten sechs Heimspielen 1974 haben wir fünfmal zu Null gewonnen. Einen besseren Start kannst du dir als Torhüter nicht wünschen. Auf dem Betzenberg waren wir immer sehr stark, gegen die Bayern habe ich zum Beispiel in zehn Jahren nur mein erstes und mein letztes Heimspiel verloren. Ärgerlich war nur, dass wir auswärts zu selten gewonnen haben.

Angebote anderer Vereine? "Geld ist nicht alles"

Der Betze brennt: Roland Sandberg kanntest du ja bereits und hast mit ihm in der schwedischen Nationalmannschaft gespielt. Welche Rolle hat er bei deinem Wechsel gespielt?

Hellström: Er war ein ganz wichtiger Teil des Ganzen. Bevor wir mit der schwedischen Nationalmannschaft im November 1973 das entscheidende WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich hatten, waren wir in Kaiserslautern und haben gegen den FCK getestet. Wir haben 1:0 gewonnen und der Toppi (Ronnies späterer Mitspieler Klaus Toppmöller; Anm. d. Red.) ist an mir verzweifelt. Zwei Bälle von ihm habe ich damals aus dem Winkel geholt. Nach dem Spiel war ich auch bei Roland zuhause in Morlautern und habe die Stadt bereits etwas kennengelernt. So war ich schon vorbereitet, wusste etwas über die Mannschaft, die Region und wo ich wohnen möchte. Als der FCK dann auf mich zugekommen ist, hatte ich keine Zweifel mehr. Ich habe tatsächlich dann auch im selben Haus wie Roland gewohnt.

Der Betze brennt: Im Mai 1974 hast du dann den Vertrag in der Pfalz unterschrieben. Bei der WM im Sommer in Deutschland warst du eine der großen Entdeckungen. Hast du dich im Nachhinein gefragt, ob du nicht nach der Weltmeisterschaft ein möglicherweise interessanteres und finanziell lukrativeres Angebot hättest annehmen können?

Hellström: Nein, ich wollte unbedingt zu meinem Vertrag stehen und in Kaiserslautern spielen. Vielleicht hätte ich woanders auch mehr verdienen können, aber Geld ist nicht alles. Ich habe am FCK geschätzt, dass es zur damaligen Zeit ein recht ruhiges Umfeld gab, in dem ich mich entwickeln konnte. In München, Köln oder Hamburg war das nicht so. Es hat einfach alles gepasst. Ich hatte in meinen ersten Spielen auch viel zu tun und konnte mich auszeichnen. Das fand ich sehr schön.

Der Betze brennt: Wusstest du denn von Angeboten anderer Vereine?

Hellström: Direkt nach der WM 1974 nicht. Vier Jahre später wollte mich Cosmos New York aber in die USA holen, wo unter anderem Franz Beckenbauer gespielt hat. Ich habe das damals aber als eine Art Rentner-Liga gesehen. Zu diesem Zeitpunkt war ich erst 29 Jahre alt und wollte meine Karriere bei weiten noch nicht ausklingen lassen.

"Wir waren oft nah dran an einem Titelgewinn"

Der Betze brennt: Sportlich warst du beim FCK eines der prägendsten Gesichter der ersten erfolgreichen Ära seit der Bundesliga-Gründung 1963. Ein Titel blieb dir jedoch verwehrt.

Hellström: Das ist tatsächlich mein Dilemma. Als Kaiserslautern in den 1990er Jahren je zweimal Meister und Pokalsieger wurde, hat mir meine eigene Titel-Bilanz nochmals etwas weh getan. Wir waren oft nah dran, haben es aber leider nie geschafft.

Der Betze brennt: Du spielst unter anderem auf die beiden verlorenen Pokalfinals 1976 gegen Hamburg, 1981 gegen Frankfurt und die dritten Plätze in der Meisterschaft 1979 und 1980 an.

Hellström: Ja, genau. Das ist mit das schlimmste als Fußballer, ein Pokalfinale zu verlieren oder auch in der Meisterschaft am Ende knapp zu unterliegen. Du hast den Titel ja schon zum Greifen nahe. Im Nachhinein war das sehr ärgerlich, aber beispielsweise in den beiden Finalspielen waren die Gegner leider jeweils besser. 1976 war es unheimlich heiß, gefühlte 50 Grad in der Sonne. Wir hatten ein paar Verletzte und eigentlich keine Chance. Hamburg war besser. Aber es war eine schöne Erfahrung damals im Frankfurter Waldstadion vor über 60.000 Zuschauern. Auch 1981 war Frankfurt das bessere Team beim Endspiel in Stuttgart. Bum-Kun Cha hat damals ein überragendes Spiel gemacht. 1978/79 waren wir in der Bundesliga 14 Spiele ungeschlagen und wurden Herbstmeister, hatten dann im entscheidenden Spiel beim HSV aber auch Pech. Hans-Günter Neues flog damals früh vom Platz und wir verloren anschließend mit 0:3.

Der Betze brennt: Dafür hast du mit dem 5:0-Erfolg über Real Madrid im Uefa-Cup-Viertelfinale 1982 eines der legendärsten Spiele der Vereinshistorie miterlebt.

Hellström: Das ist natürlich ein tolles Erlebnis gewesen und auch heute noch eine tolle Erinnerung. Zusammen mit dem 7:4 über Bayern München und dem 3:1 über den FC Barcelona geht es fast immer um dieses Spiel, wenn über die FCK-Historie gesprochen wird. Dabei war die Saison nicht einfach für mich, nach einer Verletzung hatte ich meinen Stammplatz zwischenzeitlich an Armin Reichel verloren. Zum Glück war ich bis zum Rückspiel gegen Madrid wieder fit. Es war aber unheimlich schade, dass wir diesen Erfolg nicht vergolden konnten und im Halbfinale ausgeschieden sind.

"Bei Elfmetern hatte ich einen speziellen Trick"

Der Betze brennt: Was hat gegen IFK Göteborg im Halbfinale damals gefehlt? Mit Real Madrid habt ihr schließlich zuvor ein größeres Kaliber ausschalten können.

Hellström: Wir wurden von der Taktik völlig überrascht. Göteborg hat schon im Hinspiel auf dem Betzenberg ganz früh angegriffen. Heute würde man von einem Offensivpressing sprechen. Ich musste dann alle Bälle von hinten weit herausschlagen, wir hatten gar keine Möglichkeit unser Spiel geordnet von hinten heraus aufzubauen. Im Rückspiel hatten wir dann etwas Pech, letztlich war es ein zweifelhafter Elfmeter in der Nachspielzeit, der uns das Finale gekostet hat.

Der Betze brennt: Dabei hat das Halten von Elfmetern zu einer deiner Spezialitäten gehört, unter anderem auch im Viertelfinale gegen Real. Hast du einen speziellen Trick gehabt?

Hellström: Ja, den hatte ich. Ich wollte, dass mich der Schütze vor dem Elfmeter anschaut, habe ihn zum Teil sogar bewusst angesprochen. Dabei habe ich ihm entweder gezeigt oder gesagt, in welche Ecke ich springen werde, um ihn zu täuschen. Natürlich bin ich dann genau in die andere Ecke abgetaucht, die der Schütze meist auch gewählt hat. So habe ich viele Bälle gehalten. Ich meine mich zu erinnern, insgesamt zwölf Elfmeter pariert zu haben. Leider war der gegen Göteborg nicht dabei.

Der Betze brennt: Ihr hattet damals eine wirklich gute Mannschaft zusammen: Hans-Peter Briegel, Klaus Toppmöller, der junge Andy Brehme, Hans-Günter Neues, Friedhelm Funkel, Hannes Bongartz - von vielen dieser Spieler wird auch heute noch auf dem Betzenberg geschwärmt. Habt ihr noch Kontakt zueinander?

Hellström: Das stimmt, wir waren eine tolle Truppe, ein eingeschworener Haufen. Wir haben viel zusammen erlebt, und das nicht nur auf dem Fußballplatz. Zu Peter Briegel, Werner Melzer und Sepp Stabel, aber auch zu einigen anderen habe ich auch heute noch viel Kontakt. Wenn ich in Kaiserslautern bin, treffen wir uns oder sehen uns nach den Spielen im Stadion, das ist immer wieder schön.

Morgen im zweiten Teil des großen DBB-Interviews: Ronnie Hellström über ein Kopfballtraining mit brummendem Schädel, seinen FCK-Nachfolger Gerry Ehrmann und seine im März auch in Deutschland erscheinende Biographie.

(Das Interview führten Moritz Kreilinger und Thomas Hilmes.)

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

Weitere Links zum Thema:

- Teil 2 des Interviews: "Die Situation des FCK geht mir nahe"

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