Kummt Senf druff

Meier war nicht das Hauptproblem

Meier war nicht das Hauptproblem

Foto: Imago/Huebner

Norbert Meier ist nicht mehr Trainer des 1. FC Kaiserslautern. Der 59-jährige verlässt den Klub nach 25 Pflichtspielen - doch gehen mit ihm auch die Gründe für die aktuelle Misere?

Um 9:50 Uhr, etwas mehr als zwölf Stunden nach dem Schlusspfiff im Heimspiel gegen Erzgebirge Aue, gab der FCK am Mittwochmorgen die Trennung von Norbert Meier bekannt. Neun Monate nach seiner Präsentation ist der gebürtige Reinbeker schon wieder Geschichte auf dem Betzenberg. Die sportliche Talfahrt ließ den Verantwortlichen wohl keine Möglichkeit mehr. Doch es bleibt fraglich, ob mit Meier auch die Kernprobleme des FCK gehen.

"Die Jungen müssen mitgerissen werden und auch mal die Hand der Erfahrenen spüren", bemängelte der ansonsten gerne mal zu Phrasen und ausschweifenden Erklärungen neigende Coach in seiner letzten Pressekonferenz. "Ohne das Ergebnis an einzelnen Spielern festzumachen: Wir müssen einfach auf gewissen Positionen vorangehen." Es mag ein letzter Rechtfertigungsversuch gewesen sein, doch es bestätigte den Eindruck, der sich seit Wochen von außen aufdrängte und spätestens mit den Ex-Sportdirektor Uwe Stöver bemängelten "Mentalitätsproblemen" offenbar wurde: Das Gefüge des Teams ist nicht stimmig. Die Älteren gehen nicht wie gewünscht voran, die Jüngeren sind noch nicht soweit, und dazu kommen immer wieder Verletzungsprobleme und Disziplinlosigkeiten. Das jedoch sind Probleme, die auch ein neuer Trainer nicht so schnell in den Griff bekommen dürfte. Die Kaderstruktur wird sich erst mittel- bis langfristig umbauen lassen.

Am Ende musste Meier Risiko gehen - und hat verloren

Deutlich schneller wird der neue Mann dagegen an der Stabilität arbeiten können, denn genau die ging dem FCK zuletzt völlig ab. Meier hatte in Kiel, Sandhausen und gegen Aue wieder mit einer Viererkette gespielt, in der sich die Außenverteidiger bei eigenem Ballbesitz weit nach vorne schoben - für konter- und umschaltstarke Mannschaften eine Einladung. Schon Holstein Kiel besetzte die Räume auf den Außenbahnen beinahe durchgehend und versuchte, die dort postierten Anspielstationen mit Diagonalbällen in Szene zu setzen. Auch Aue bestrafte die Lücken am Dienstagabend eiskalt.

Meier war von seiner flexiblen Fünfer-/Dreierkette abgerückt, obwohl sich der FCK in dieser Grundformation zum Klassenerhalt im Mai gemauert und auch gegen Darmstadt (1:1) und Braunschweig (1:1) seine besten Spiele in der neuen Spielzeit abgeliefert hatte. Gerade die beiden letzten Spiele sind Meier - wenn man von der unglücklichen Niederlage in Kiel absieht - anzukreiden, wobei sich der Druck auch auf dessen Risikobereitschaft ausgewirkt hat. Je länger seine Mannschaft ohne Erfolgserlebnis geblieben war, umso mehr muss sich der Coach gezwungen gefühlt haben, größeres Risiko einzugehen. "Ich glaube, dass wir heute mutig waren, auch was unsere Aufstellung anging", beschrieb Sportdirektor Boris Notzon stellvertretend die Ausgangslage vor dem Aue-Spiel.

Das "Alles oder nichts" ging allerdings krachend schief und fast zwangsläufig blieb den Verantwortlichen nur noch die Ventillösung, nämlich Meier, der vor neun Monaten mit dem Anspruch "besser zu spielen und mehr Tore zu erzielen" angetreten war, vor die Tür zu setzen. "Die letzten beiden Spiele hinterließen bei uns nicht mehr das Gefühl, dass wir in dieser Konstellation die dringend benötigte Wende schaffen", wird Notzon in der entsprechenden Pressemitteilung zitiert.

Der FCK droht allmählich den Anschluss zu verlieren

Wird nun eine Bilanz gezogen, gehört dann allerdings auch angemerkt, dass Meier ein Stück weit die allgemeine Schieflage beim FCK zum Verhängnis wurde. Das chronische Finanznot, allen voran die zu hohen Stadionkosten bei rückläufigen Zuschauerzahlen, aber auch DFL-Auflagen und der Sanierungsbedarf an bald allen Ecken und Enden lassen den FCK Stück für Stück den Anschluss verlieren. Aus den vergeblichen Versuchen, nach dem Abstieg 2012 aufzusteigen, sind inzwischen Spielzeiten geworden, die schon dann als erfolgreich verkauft werden sollen, wenn sie "sorgenfrei" sind.

Meier hatte mit Vehemenz darauf hingewiesen, dass der FCK nicht nur einen Umbruch hinter sich habe, sondern neuverpflichtete Spieler auch zum Teil mit Verletzungsproblemen oder eklatanter Formschwäche in den Verein kamen. Jüngstes Beispiel in dieser Reihe aus Pech und Schicksal: Mads Albaek, der mit einer Schambeinverletzung weitere drei Wochen pausieren muss - mindestens. Bis zuletzt hatte Meier außerdem den Verlust von wichtigen Leistungsträgern beklagt, gleichwohl aber auch Verständnis aufgebracht, dass der FCK unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten handeln müsse.

Bei seiner Präsentation im Januar wurde er gefragt, ob er denn wisse, auf welche Rahmenbedingungen er sich einlasse. Meier erinnerte an seine Zeit in Düsseldorf, als man dort vor den Pressekonferenzen gemeinsam Brötchen geschmiert habe. Was er damit zum Ausdruck bringen wollte: Mit schwierigen Situationen kenne er sich aus und gemeinsam könne man sich aus diesen befreien.

Mal wieder: Die Mannschaft ist in der Pflicht

Doch vielleicht auch deshalb hätte sich der Coach wohl mehr Rückendeckung gewünscht. "Ich übernehme Verantwortung, aber es wäre schön, wenn auch andere die übernehmen können", kritisierte er einen Tag vor seinem letzten Spiel. Dass das Verhältnis zu Sportdirektor Notzon und wohl auch zum Vorstand nicht immer ganz unbelastet blieb, war schon seit Wochen zwischen den Zeilen herauszulesen. Meier kritisierte die geplatzten Testspiele in der Sommerpause, er wirkte mit der Transferpolitik nicht richtig einverstanden und bemängelte die fehlende Fußballkompetenz in der Führungsetage. Ein neuer Trainer, der nun auch von Notzon ausgewählt wird, wird sich in dieser Hinsicht vielleicht besser ins Gefüge einpassen.

Doch möchte der FCK nicht schon zur Winterpause als (fast) sicherer Absteiger gelten, muss der neue Cheftrainer die Kehrt- und Trendwende dringend schaffen. Wie nach jedem Trainerwechsel ist nun mal wieder die Mannschaft in der Pflicht - doch kann diese genau jetzt die richtigen Antworten finden?

Dass es während der desolaten Leistung gegen Aue nicht einmal zu lauten Unmutsbekundungen gegen Meier kam, lässt tief blicken. Stattdessen wurde das Team mit Pfiffen in die Kabine geschickt. Es scheint auch daran deutlich ablesbar: Meier war sicher nicht der erhoffte Stabilisator. Aber er war auch nicht das alleinige Problem.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

Weitere Links zum Thema:

- Offizielle Bestätigung: FCK stellt Trainer Norbert Meier frei (Pressemeldung FCK)
- Meier im Interview: "Wir drücken dem FCK weiter die Daumen" (SWR)

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