Interview mit Hans-Peter Briegel, Teil 2/2

"Für den FCK ist alles möglich"

"Für den FCK ist alles möglich"


Am heutigen Sonntag feiert Hans-Peter Briegel seinen 60. Geburtstag. Im zweiten Teil des Interviews mit Der Betze brennt spricht die Walz von der Pfalz über die Zeit nach seiner Spielerkarriere – mit Erfolgen weit draußen in der Welt, aber auch bitteren Momenten "dehäm" bei seinem FCK.

Der Betze brennt: Hans-Peter Briegel, nach Deiner Zeit in Italien wärst Du 1988 fast noch einmal als Spieler zum 1. FC Kaiserslautern zurückgekehrt. Letztendlich beendetest Du aber Deine aktive Karriere und wurdest Trainer. Hat in diesen Jahren auch mal der FCK angeklopft?

Hans-Peter Briegel (60): Nein, als Trainer hatte ich keine Anfrage vom FCK. Als der Verein 1996 im Abstiegskampf feststeckte, bat mich Norbert Thines um Hilfe und ich war eine Zeit lang in beratender Funktion tätig, später dann offiziell als Sportlicher Leiter.

Der Betze brennt: Nach dem Abstieg kam es damals zum großen Umbruch auf dem Betzenberg. Thines musste gehen und Atze Friedrich wurde der neue starke Mann im Verein, holte Otto Rehhagel als neuen Trainer. Du bliebst noch ein Jahr beim FCK, nach dem Wiederaufstieg 1997 hast Du dann aber – fast zeitgleich mit Kalli Feldkamp, der damals im Aufsichtsrat saß – hingeschmissen. Könnte man sagen, dass Ihr als erste die dunklen Wolken gesehen habt, die auf den Verein zurollten?

Briegel: Das will ich so nicht sagen. In meinem Fall ging es hauptsächlich um die sportlichen Handlungskompetenzen, wo unterschiedliche Ansprüche zwischen Otto Rehhagel und mir zutage traten. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich da auch Fehler gemacht habe, dafür habe ich mich dann auch entschuldigt. Und der FCK hatte ja auch erstmal noch großen Erfolg und wurde 1998 Deutscher Meister.

Der Betze brennt: Später kehrtest Du noch einmal in Amt und Würden zurück: In einer der größten Krisen der Vereinsgeschichte wurdest Du 2002/03 mit überwältigender Mehrheit in den Aufsichtsrat gewählt, wo Du aber auch nach nur einem Jahr wieder zurückgetreten bist. Deine Worte von damals klingen bis heute noch in den Ohren vieler Fans: "Jäggi (der FCK-Vorstandsvorsitzende René C. Jäggi; Anm. d. Red) hinterlässt hier verbrannte Erde. Da möchte ich nicht dabei gewesen sein."

Briegel: Am Anfang hatte ich viel von Jäggi gehalten, aber musste dann feststellen, dass ich mich in ihm sehr getäuscht habe. Vielen anderen ging es da ähnlich. Mir blieb dann nichts anderes als der Rücktritt übrig, denn wie könnte ich in einem Verein bzw. in einem Aufsichtsrat bleiben, der gegen mich prozessiert?

Briegel wollte Ende 2002, als der FCK wieder tief im Abstiegsstrudel steckte, den einstigen Meistermacher Karlheinz Feldkamp zurück in den Verein holen. Aus dieser Überlegung heraus resultierte ein Machtkampf, der vor allem von Seiten der übrigen Vereinsführung schmutzig geführt wurde: Vorstand Jäggi war gegen die Verpflichtung von Feldkamp, im Aufsichtsrat drehte sich die Mehrheit "über Nacht" gegen die Stimme von Briegel. Noch schlimmer: Jäggi forcierte im Namen des FCK einen Gerichtsprozess gegen Briegel.

Der Betze brennt: Ende 2003 erklärtest Du nicht nur den Rücktritt aus dem Aufsichtsrat, sondern gabst sogar Deinen Goldenen Ehrenring (die höchste Auszeichnung des FCK; Anm. d. Red.) zurück. Ein wohl bodenloser Tiefpunkt war dann die Mitgliederversammlung 2004, wo der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Walter Ruda Dich unter dem Applaus vieler Mitglieder verunglimpfte: "Als Aufsichtsrat benötigt es mehr, als die 100 Meter unter elf Sekunden zu laufen und den Speer weiter als 60 Meter zu werfen."

Briegel: Dafür hat sich Ruda später bei mir entschuldigt und dieses Thema ist für mich mittlerweile abgehakt. Auch der Zivilprozess wurde dann ja eingestellt und die Schadenersatzklage durch den Verein zurückgenommen – auch wenn es mehr als sieben Jahre gedauert hat, obwohl das Gericht frühzeitig die mangelnden Erfolgschancen für Jäggi und Co. signalisiert hatte. Da möchte ich auch meinen Rechtsanwalt Stefan Motzenbäcker hervorheben, der sehr zu dieser Erkenntnis des Gerichts beigetragen hat. Aber im Grunde genommen ist beim FCK heute noch alles genauso wie damals: Vor allem die Mitgliederversammlungen sind eine einzige Inszenierung, ich habe das ja schon von beiden Seiten aus miterlebt. Wenn du diese Veranstaltung organisierst, dann kannst du sie lenken, kannst zum Beispiel Redezeiten geschickt verteilen und die wichtigen Diskussionen nach hinten schieben, wenn die meisten Leute schon ungeduldig werden.

Der Betze brennt: Wie ist denn Dein Verhältnis zur heutigen Vereinsführung um Stefan Kuntz?

Briegel: Wenn wir uns sehen, dann gebe ich Stefan Kuntz natürlich die Hand. Wir haben uns in diesen siebeneinhalb Jahren, seitdem er wieder da ist, vielleicht zwei Mal unterhalten, da waren auch andere Ex-Spieler dabei. Aber unter vier Augen haben wir nie gesprochen.

Der Betze brennt: Du sprachst von zweieinhalb Fehlern, die Du in Deiner Karriere gemacht hattest. Gehören dazu auch die beiden Rücktritte als FCK-Funktionär?

Briegel: Nein, das nicht. Wie schon gesagt mache ich etwas entweder richtig oder gar nicht, und das war in diesen beiden Fällen nicht mehr gegeben. Die eine Sache war das Angebot von Real Madrid, das ich 1982 abgelehnt habe. Andererseits wäre ich dann aber zwei Jahre später sicher nicht bei Hellas Verona gelandet, deswegen bezeichne ich das im Rückblick nur als halben Fehler.

Der Betze brennt: Und die anderen beiden Fehler?

Briegel: Das eine war als Trainer in Istanbul bei Besiktas, wo wir 1999/2000 mit zwölf Siegen in Folge fast noch Galatasaray die Meisterschaft abgejagt hätten und in der Champions-League-Quali spielten. Ich hatte also Erfolg und hätte bleiben können, aber der neue Präsident wollte mir in meine Arbeit reinreden – das wollte ich dann nicht und habe aufgehört. Der andere Fehler war meine Station als Nationaltrainer in Albanien, wo ich nach vier Jahren ein Angebot auf Vertragsverlängerung ebenfalls ausgeschlagen habe.

Der Betze brennt: Waren Besiktas und Albanien die Höhepunkte in Deiner Trainerkarriere?

Briegel: Das kann man schon so sagen. Was in Istanbul los ist, ist der Wahnsinn und überhaupt nicht vergleichbar mit Deutschland oder auch mit Italien. Hier gibt es zwar auch emotionale Fans, aber man fühlt sich als Aktiver doch stets "sicher", was in der Türkei so nicht immer gegeben war. Bei einem Stadtderby standen da schon mal Panzerfahrzeuge vor dem Stadion. Trotzdem überwiegen ganz klar die positiven Erinnerungen. Auch die Fußballnation Albanien wird übrigens gerne unterschätzt. Als wir mal gegen Griechenland gewonnen hatten, waren da zwei Millionen Menschen auf der Straße und feierten uns.

Der Betze brennt: Der Trainer von Griechenland hieß damals Otto Rehhagel, ausgerechnet Dein Kontrahent aus früheren FCK-Tagen. Ihr hattet Euch zu diesem Zeitpunkt aber schon wieder vertragen und pflegt heute ein besseres Verhältnis. Stimmt eigentlich die Geschichte, dass nach diesem Sieg in Albanien viele Kinder "Briegel" getauft wurden?

Briegel: Jein. Es gibt da immer solche Legenden, auch dass ich in Albanien in einem Protzpalast des ehemaligen Diktators gelebt hätte, stimmt beispielsweise nicht. Menschen mit dem Vornamen "Briegel" gab es aber tatsächlich, das resultierte aber mehr aus den 1980er Jahren und nicht aus meiner Zeit als Trainer. Damals wurden dort viele Kinder nach Fußballspielern benannt, wahrscheinlich gab es auch einige "Rummenigges". Einem Namensvetter von mir bin ich mal in einer Hotellobby begegnet, der spielte da am Klavier und sein Vater haderte auf albanisch die ganze Zeit mit ihm: "Briegel, Briegel...". Das war schon komisch.

Die Trainerkarriere von Hans-Peter Briegel endete 2007 relativ plötzlich nach zwei kurzen Abenteuern mit der Nationalmannschaft von Bahrain und bei MKE Ankaragücu in der Türkei. Briegel-typisch war vor allem der Abschied in Bahrain: "Die Scheichs hatten nach einer Niederlage hinter meinem Rücken eine Mannschaftssitzung einberufen und den Spielern eine Standpauke erteilt, was als Trainer ja eigentlich meine Aufgabe gewesen wäre. Da war für mich Schluss." Als Trainer lagen die großen Erlebnisse der "Walz aus der Pfalz" vor allem im Ausland, auch exotische Anfragen etwa aus Ruanda oder Pakistan lagen mal auf dem Tisch: "Aber das hat mich nicht mehr gereizt."

Der Betze brennt: Hast Du heute noch Ambitionen?

Briegel: Nein, meine Zeit als Trainer ist beendet. Es gab zwar immer mal wieder Anfragen, aber irgendwann ist es dann auch so, dass man aus dem Geschäft raus ist.

Der Betze brennt: Was machst Du heute?

Briegel: Ich bin seit fünf Jahren freier Mitarbeiter und Repräsentant bei Lotto Rheinland-Pfalz, wo ich gerade auch meinen Vertrag noch mal verlängert habe. Da betreue ich zum Beispiel als Trainer die Lotto-Elf, mit der wir schon über 1,8 Millionen Euro für karitative Zwecke eingespielt haben. Außerdem schreibe ich Kolumnen, habe öffentliche Auftritte, tippe die Spiele der Südwestvereine. Das macht mir Spaß.

Der Betze brennt: Da kommen wir natürlich nicht drumherum, Dich nach Deinem Tipp zu fragen: Wo landet der FCK am Ende dieser Saison?

Briegel: Meistens liegen ja die mit ihren Tipps richtig, die eigentlich keine Ahnung von Fußball haben (lacht). Im Ernst: Die ersten beiden Spiele unter dem neuen Trainer waren schon vielversprechend, nachdem es vorher nicht so prickelnd lief. Ich bin generell Optimist und glaube, dass der FCK mit dieser Mannschaft grundsätzlich vorne mitspielen könnte. Nach dem Trainerwechsel kann sie nun auch befreiter aufspielen – meiner Meinung nach ist alles möglich.

Der Betze brennt: Bist Du denn noch regelmäßig bei den Spielen des FCK?

Briegel: Wenn es geht, bin ich bei jedem Heimspiel, gegen Düsseldorf zuletzt war ich auch oben. Ich versäume vielleicht zwei, drei Spiele pro Jahr.

Der Betze brennt: Und hast Du noch viel Kontakt zu Deinem alten Wegbegleiter Kalli Feldkamp?

Briegel: Ja, mit Kalli unterhalte ich mich noch regelmäßig und natürlich geht es dabei auch immer wieder um den FCK. Er wird mich an meinem Geburtstag auch hier in der Pfalz besuchen kommen.

Der Betze brennt: Zum Abschluss des Interviews ist uns noch eine Frage wichtig, über die auch bei den Fans immer mal wieder diskutiert wird: Kannst Du Dir vorstellen, irgendwann noch mal ein offizielles Amt beim FCK zu übernehmen?

Briegel: Nein. Das habe ich schon mehrmals gesagt, aber die Frage kommt immer wieder: Ich strebe keinen Posten mehr beim FCK an und würde auch auf Anfrage für kein Amt zur Verfügung stehen.

Der Betze brennt: ... und wenn Dich jemand vom FCK um Deinen Rat fragen würde?

Briegel: Das wäre kein Problem. Man kann über alles miteinander sprechen.

Lieber Hans-Peter Briegel, wir bedanken uns für das interessante Gespräch und wünschen Dir alles Gute zum Geburtstag. Bleib so, wie Du bist!

(Das Interview führten Altmeister, jos und Thomas)

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

Weitere Links zum Thema:

- Zu Teil 1 des Interviews: "Weil ich ein Lautrer bin"

- Nie wollte er den einfachen Sieg (fck.de)
- Die Walz aus der Pfalz hat Geburtstag (DFB)
- Vom Leichtathlet zum Fußball-Europameister (SWR)
- Stets ohne Schienbeinschoner: Hans-Peter Briegel wird 60 (dpa)
- Die "Walz von der Pfalz" wird 60 (weltfussball.de)
- Hans-Peter Briegel wird 60 – Alles Gute, Walz! (FCK-Blog)

Kommentare 48 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken