Hall of Game: 1. FC Kaiserslautern - Bayern München 1:4 (Supercup 1990)

Holpriger Start in eine historische Saison

Holpriger Start in eine historische Saison

Foto: Imago/Ferdi Hartung

Das Meisterjahr 1990/91 startete für den 1. FC Kaiserslautern wenig feierlich. Beginnend mit dem Supercup am 31. Juli 1990 startet auf Der Betze brennt eine neue Serie, mit der wir in den kommenden Monaten den Weg zur dritten Meisterschaft der Roten Teufel nachzeichnen.

Sommer 1990: In Berlin ist die Mauer gefallen, politische Umwälzungen in ganz Europa folgen darauf, das Schengener Abkommen wird unterzeichnet. Im Radio dudelt Matthias Reims Nummer-Eins-Hit „Verdammt ich lieb' Dich“ rauf und runter, während die Deutschen sich die überdurchschnittlich sonnigen Sommerferien an Baggersee und Co. vertreiben. Und in Italien sorgt die DFB-Elf unter Teamchef Franz Beckenbauer für bundesweite Fußball-Euphorie, als sie den dritten WM-Titel für Deutschland holt.

Eine riesengroße Fußball-Euphorie herrschte im Sommer 1990 auch in der Pfalz. Ein paar Monate zuvor noch schien beim 1. FC Kaiserslautern der unvorstellbare Absturz in die 2. Bundesliga bevorzustehen. Die Roten Teufel hatten gerade 0:4 beim absoluten Erzrivalen Waldhof Mannheim verloren und standen auf dem vorletzten Tabellenplatz – doch dann kam Kalli Feldkamp. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Mit dem zurückgekehrten Kult-Trainer schaffte der FCK nicht nur den Klassenerhalt, sondern holte am 19. Mai 1990 gegen Werder Bremen auch völlig überraschend den DFB-Pokal. Der erste Titel seit sage und schreibe 37 Jahren für den Verein Fritz Walters und ein nie für möglich gehaltenes Erlebnis für eine ganze Fan-Generation. Gigantisch!

Prägendes Erlebnis für eine ganze Fan-Generation

Jetzt, zwei Monate später, stand im Karlsruher Wildparkstadion das nächste Highlight an. Im Supercup war der Gegner kein Geringerer als Rekordmeister Bayern München, der sich gerade zum zweiten Mal in Folge den Titel gesichert hatte. Die Bayern hatten ihr trotz des Italien-Booms immer noch mit Weltmeistern gespicktes Team weiter verstärkt: Von Bayer Uerdingen kam Brian Laudrup, der 21-jährige Bruder des dänischen Weltstars Michael Laudrup (welcher später mit dem FC Barcelona auch noch seine Visitenkarte am Betzenberg abgeben sollte), der in München ebenfalls eine Karriere von internationaler Klasse starten sollte. Gleiches galt für ein ebenfalls 21-jähriges Talent, das in den Vorjahren bei Borussia Mönchengladbach auf sich aufmerksam gemacht hatte und auf dem Sprung in die deutsche Nationalmannschaft stand: Stefan Effenberg. Alleine diese beiden Spieler kosteten den FCB die stattliche Ablösesumme von 10 Millionen D-Mark, dazu kamen Michael Sternkopf vom Karlsruher SC für rund 3,5 Millionen und weitere Nachwuchstalente wie Christian Ziege oder Markus Münch.

Auf Lautrer Seite lasen sich die Neuverpflichtungen nicht ganz so spektakulär. Von TJ Viktovice wurde ein 26-jähriger Libero namens Miroslav Kadlec geholt, den in Deutschland niemand so recht kannte, der mit der Tschechoslowakei aber immerhin bei der WM für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Beim allgemeinen Fußballer-Wildern in der (ehemaligen) DDR schnappte sich der FCK außerdem den ostdeutschen Rekordmeister und letzten Nationalmannschaftskapitän, den 28-jährigen Rainer Ernst vom BFC Dynamo. Dazu kamen Zweitligaspieler wie Guido Hoffmann vom FC Homburg oder Bernhard Winkler vom FC Schweinfurt, beide 24 Jahre alt. Verlassen hatten den Verein ehemalige Stammspieler wie Franco Foda, der mit Leverkusen Deutscher Meister werden wollte, sowie der bereits ausgemusterte Wolfram Wuttke oder Sergio Allievi, Frank Hartmann und Karl-Heinz Emig.

Bayern führt Lautern einen Lehrfilm vor

Namhafte Spieler hin oder her, die Euphorie war wie gesagt groß und die FCK-Fans wollten es natürlich auch den stets ungeliebten Bayern zeigen und mit dem Supercup gleich den nächsten Pokal in die Pfalz holen. Viele von ihnen machten sich auf den Weg ins Badner Land, um auf neutralem Platz im Wildparkstadion den DFB-Pokalsieger im Duell mit dem Deutschen Meister zum Sieg zu schreien. Aber schon nach einer halben Stunde war die Luft raus: Die Bayern machten vor 27.000 Zuschauern kurzen Prozess und führten durch Stefan Reuter (6.), Jürgen Kohler (19.) und Manni Bender (28.) schnell mit 3:0, kurz vor der Pause beseitigte Thomas Strunz mit dem 4:0 (45.) die allerletzten Zweifel am Sieg der übermächtigen Bayern. Den in weiß angetretenen Roten Teufeln blieben in der zweiten Halbzeit nur noch das zu Ende bringen des Spiels und der Ehrentreffer durch Mannschaftskapitän Stefan Kuntz (62.).

Halb so wild, es war ja nur der Supercup, dem Kalli Feldkamp ohnehin „keinen besonderen Wert“ beigemessen hatte. Aber trotzdem irgendwie eine Ernüchterung. Den euphorisierten Lautrern wurden mehr als deutlich ihre Grenzen aufgezeigt, und das anderthalb Wochen vor dem kniffeligen Saisonstart mit der Auswärtspartie beim Hamburger SV und dem ersten Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt. Seine Spieler hätten vom Gegner „einen Lehrfilm vorgeführt“ bekommen, urteilte Feldkamp nach der Supercup-Pleite. Vielleicht aber es aber auch ein Dämpfer zur richtigen Zeit?

Heynckes: „Ich verspreche euch den Europacup“

Für den FC Bayern war der Gewinn des Supercups unterdessen nur eine Formsache, ebenso wie der bevorstehende dritte Meistertitel in Folge. Die wahre Sehnsucht der Münchner war europäisch, spätestens seit Erfolgstrainer Jupp Heynckes unter dem tosenden Jubel der Bayernfans auf dem Marienplatz akklamiert hatte: „Ich verspreche euch hiermit, dass wir im nächsten Jahr den Europapokal holen!“ Nach 15 Jahren Flaute sollte endlich wieder der Europacup der Landesmeister, aus dem ein Jahr später die UEFA Champions League hervorgehen sollte, in die bayrische Hauptstadt kommen.

In der Pfalz wurden derweil deutlich kleinere Brötchen gebacken, egal ob Pokalsieger oder nicht. Und doch hatte Trainerfuchs Kalli Feldkamp längst das schlummernde Potential in seiner zuvor fast abgestiegenen Truppe entdeckt, als er auf die obligatorische Frage nach dem Saisonziel vor Beginn der Runde 1990/91 antwortete: „Ein einstelliger Tabellenplatz. Ich kenne acht oder neun Mannschaften, die bestimmt schwächer sind als wir.“ Man kann nicht sagen, dass „König Kalli“ mit seiner Einschätzung ganz falsch gelegen hätte...

Den Supercup 1990 absolvierten die Roten Teufel mit folgender Mannschaft:

Ehrmann - Kadlec - Stumpf (30. Roos), Lutz - Scherr (56. Hoffmann), Dooley, Ernst, Schupp, Kranz - Hotic, Kuntz

Unter @BetzeHistorie twittert DBB-Autor paulgeht in den kommenden Monaten die FCK-Meistersaison 1990/91 nach. Wir werden dieses Projekt auf Der Betze brennt mit gelegentlichen Beiträgen und Querverweisen begleiten.

Die Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern, Saison 1990/91

Mannschaftsfoto 1. FC Kaiserslautern 1990/91
Foto: Imago/Ferdi Hartung

Hintere Reihe von links: Roger Lutz, Bruno Labbadia, Rainer Ernst, Kay Friedmann, Joachim Stadler, Thomas Renner, Frank Lelle, Guido Hoffmann, Uwe Scherr
Mittlere Reihe: Masseur Heinrich Loch, Trainer Karlheinz Feldkamp, Thomas Dooley, Bernhard Winkler, Thomas Richter, Elvis Hajradinovic, Marco Haber, Markus Kranz, Co-Trainer Reiner Hollmann, Zeugwart Fritz Krauß, Masseur Heinz Bossert
Vordere Reihe: Stefan Kuntz, Demir Hotic, Axel Roos, Michael Serr, Bjarne Goldbaek, Gerald Ehrmann, Grzegorz Wiezik, Markus Schupp, Reinhard Stumpf

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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