Hall of Game: FCK - FC Barcelona 3:1 (1991/92)

FCK verpasst die Sensation nur hauchdünn!

FCK verpasst die Sensation nur hauchdünn!

Foto: Imago

In der 2. Qualifikationsrunde zur Gruppenphase der Champions League 1991/1992 (damals wurde die „Königsklasse“ eingeführt, der Modus war anders als heute) traf der Deutsche Meister 1. FC Kaiserslautern am 06. November 1991 auf die damals beste Mannschaft der Welt: Den FC Barcelona mit seinem holländischen Startrainer Johan Cruyff. Das Hinspiel hatte der spanische Titelträger dank zweier Treffer des Katalanen Trixi Beguiristain mit 2:0 gewonnen. Allerdings vergab dabei Guido Hoffmann die hundertprozentige Chance zum Anschlusstreffer für die Pfälzer, als er das leere Tor der Gastgeber mit seinem schwächeren rechten Fuß verfehlte und somit eine bessere Ausgangsposition für den FCK verspielte.

Dennoch waren die gut 30.000 Zuschauer im restlos ausverkauften Fritz-Walter-Stadion vor dem Rückspiel bester Dinge, denn die Heimstärke der Lautrer ließ auf ein gutes Spiel und auch noch auf ein Weiterkommen hoffen. Schon vor dem Spiel gab es ein wohl in dieser Form einmaliges rot-weißes Pyro-Spektakel in der Westkurve, das später auf vielen Fotos und Internetseiten legendär wurde - Gänsehautstimmung schon vor dem Anpfiff.

Der FCK setzte das mit Weltstars wie Andoni Zubizaretta, Ronald Koeman, Josip Guardiola, Michael Laudrup oder Hristo Stoitschkov gespickte Gästeteam sofort unter Druck und kam schnell zu ersten guten Torchancen. Die Stimmung auf dem Betzenberg war dabei absolut famos, sodass noch heute viele, die damals dabei waren, von diesem Spiel schwärmen. Als in der 35. Minute die Bemühungen des FCK erstmalig durch Demir Hotic von Erfolg gekrönt wurden, gab es auf den Rängen endgültig kein Halten mehr. Tosender Applaus zur Halbzeit für ein rassiges Spiel der Truppe von Trainer Kalli Feldkamp gegen einen mittlerweile bereits wankenden Riesen.

Und nach der Pause wurde es noch besser! Jetzt nahmen die Lautrer die letzte Bremse aus ihrem Spiel und gaben nur noch Vollgas. Bereits in der 49. Minute konnte Hotic mit seinem zweiten Treffer den Vorsprung der Spanier aus dem Hinspiel egalisieren. Und wer noch nicht wusste, was „Der Betze brennt“ bedeutet, der erlebte es jetzt hautnah. Die Spanier staunten nicht schlecht über das Feuerwerk, das die FCK-Fans auf den Tribünen und die Roten Teufel auf dem Rasen abbrannten. Der FCK hatte den großen FC Barcelona nun tatsächlich im Griff und drängte auf die Sensation. Nachdem mehrere Großchancen nur denkbar knapp vereitelt werden konnten, traf schließlich doch noch der Däne Bjarne Goldbaek zum unglaublichen Spielstand von 3:0 für den 1.FC Kaiserslautern (76.). Nun hatte man das Weiterkommen vor Augen! Barcelona taumelte im Sturmwirbel der Roten Teufel von einer Verlegenheit in die andere und der FCK drängte auf die endgültige Entscheidung. Immer wieder Kuntz, Hotic oder Goldbaek - das 4:0 lag förmlich in der Luft und schien nur eine Frage der Zeit zu sein. Der Sieg, die Erlösung, eine goldene Zukunft des FCK auch auf internationaler Ebene schienen nur einen Millimeter weit entfernt.

Nicht ein einziger Betze-Seeliger dachte in diesem Moment mehr daran, dass er diesen Sieg für die Ewigkeit nicht mehr mit nach Hause nehmen konnte. Doch Barcelona raffte sich in der 90. Minute zu einem letzten Angriff auf. Plötzlich kam José Maria Bakero nach einem langen Ball von Koeman im Strafraum zum Kopfball, beförderte diesen blind Richtung Tor, der Ball wurde immer länger und länger, ging an Freund und Feind vorbei und fiel unhaltbar für FCK-Keeper Gerry Ehrmann in den Winkel der langen Ecke hinein. Dabei machte der kurz zuvor erst eingewechselte Markus Kranz eine unglückliche Figur.

Die Träume der FCK-Gemeinde waren innerhalb einer Sekunde zerplatzt. Die folgende Stille im Stadion war fast schon gespenstisch. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Alle FCK-Fans kollektiv im Schockzustand, die noch wenige Sekunden zuvor herrschende Wahnsinnsstimmung mündete im totalen Nichts. Kurz darauf ertönte der Abpfiff. Der FCK war ausgeschieden trotz eines der besten Spiele der Vereinsgeschichte. Die FCK-Fans verließen noch immer geschockt das Stadion und gingen kopfschüttelnd und sprachlos nach Hause.

Erst Tage später kam der Stolz über die gezeigte Leistung zurück und man war doch froh, bei diesem Spektakel dabei gewesen zu sein. Der FCK und der Betzenberg hatten wieder einmal ihre Duftmarke in Europa hinterlassen, auch wenn den Roten Teufeln das Happy-End an jenem denkwürdigen November-Abend verwehrt blieb. Der FC Barcelona konnte sein Glück nach dem Abpfiff kaum fassen und kam völlig unverdient in die Gruppenphase dieser CL-Saison, die man sechs Monate später dann sogar mit dem Titelgewinn krönen konnte. Wer weiß, was damals für den 1. FC Kaiserslautern bei einem Weiterkommen noch möglich gewesen wäre?

Diese Jungs schickte Trainer Karl-Heinz Feldkamp in die Partie gegen den FC Barcelona:
Ehrmann - Schäfer, W. Funkel, Lelle (Kranz), Scherr, Goldbaek, Hoffmann, Hotic, Haber, Witeczek, Kuntz

Update vom Mai 2009: Nicht nur auf dem Betzenberg, sondern auch beim Weltklub FC Barcelona denkt man viele Jahre später noch an dieses legendäre Spiel zurück. So gab Barca-Trainer Guardiola im Frühjahr 2009 nach einem 4:0-Sieg (!) im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Bayern München folgendes zu Protokoll: „Wenn Deutsche so gedemütigt wurden, hält sie nichts mehr auf. Die sind glatt in der Lage, uns zu überrennen. Ich weiß das. Ich war in Kaiserslautern. Damit bin ich genug bedient.“ Einige Wochen später, Barcelona hatte gerade durch ein Last-Minute-Tor beim FC Chelsea das Finale erreicht, titelte die spanische Zeitung „Sport“: „Kaiserslautern II - Ihr seid Helden!“ Und ein spanischer Radiokommentator bejubelte das entscheidende Tor in jenem Spiel mit einem lautstarken, achtfachen „Kaiserslautern, Kaiserslautern, ...!“ (Video auf YouTube)

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Altmeister

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