Die Siegesserie mag gerissen sein, aber der 1. FC Kaiserslautern bleibt im heimischen Fritz-Walter-Stadion eine Macht. Auch gegen Fortuna Düsseldorf hätten es zwar eigentlich drei Punkte werden müssen, doch am Ende wurde auch das Unentschieden fast wie ein Sieg gefeiert.
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Sonntag, 11. Mai in Düsseldorf. Mitten im Frühling herrscht für den FCK Eiszeit. Die Fans der Roten Teufel feiern die Amateure, während die Profis auf dem Platz einmal mehr am Saisonziel vorbei kicken. Etwas mehr als fünf Monate später lullt der Herbst die Region allmählich ein, aber der Betze brennt. In der 92. Minute gleicht Marcel Gaus die glückliche Führung der Fortuna aus Düsseldorf aus. Es ist die „allerneunzigste“ Minute und endlich der verdiente Lohn für zahlreiche Angriffe der Männer in Rot. Das Fritz-Walter-Stadion schreit sich die Kehle wund und will mehr. Die Siegesserie im heimischen Stadion soll ausgebaut werden. „Coach Kosta“ treibt seine Mannschaft weiter Richtung Westkurve und es gibt tatsächlich noch die Chance auf den Siegtreffer. Sie bleibt ungenutzt, wenn auch spektakulär mit Fallrückzieher von Sebastian Jacob.
Drei Wochen liegt das letzte Heimspiel gegen Karlsruhe zurück. Die Erinnerung an die überzeugende Leistung der Roten Teufel wird leider weiterhin von den Ereignissen nach dem Spiel überlagert. Noch bevor von Seiten des DFB und der DFL Urteile gesprochen werden, bekommen die Fans der Fortuna als erstes Konsequenzen zu spüren. Zwar ist das Duell Kaiserslautern gegen Düsseldorf kein Risikospiel, aber Alkohol gibt es im Gästeblock trotzdem nicht und an der roten Plane zwischen Heim- und Gästefans stehen vermutlich schon zur Stadionöffnung Ordner und Polizei in Reih und Glied. Zusätzlich steht den Gästen nun vor dem Zaun auch eine Plexiglasscheibe im Weg. Der Hubschrauber schwebt über dem Geschehen und soll erneut Sicherheit suggerieren. Tatsächlich war von den Düsseldorfern allerdings nicht ansatzweise ähnliches zu erwarten, wie von den Badensern. Die Ordner benötigt man dort eher, um interne Streitereien nicht eskalieren zu lassen. Übertriebene Sicherheitsesoterik in Kaiserslautern, während in Nordrhein-Westfalen die Polizeieinsätze rund um den Fußball zurückgefahren werden.
Vorsänger Kempf glänzt an diesem Nachmittag ausnahmsweise mit Abwesenheit. Vor Anpfiff schickte die Tribüne die besten Wünsche Richtung Bräutigam. Alles Gute zur Hochzeit! Niklas von der „Frenetic Youth“ übernimmt für Sascha die Megaphonanlage, dirigiert, treibt an und greift die Gesänge in der West auf. Die Rhythmusgruppe 7.1 trommelt derweil munter am Takt vorbei und auch die Kurve erwischt nicht den allerbesten Tag. Das (friedliche) Akustik-Duell auf den Rängen geht trotzdem natürlich an uns, auch wenn die etwa 3.500 Fortunen vereinzelt von sich hören lassen. Davon könnte sich Karlsruhe eine Scheibe abschneiden. Die volle Zaunbeflaggung der Gäste erfolgte verspätungsbedingt erst nach zehn Minuten. Bei den „Dissidenti“ über dem Mundloch im Stehblock kamen einige Fahnen zum Einsatz, ebenso vereinzelt im eigentlichen Sitzbereich, der bei größeren Auswärtsmobs inzwischen faktisch ein zweiter Stehblock ist. Doch optisch überzeugte der Block erst bei zwei Einsätzen von Pyrotechnik. Zu diesem Zeitpunkt gibt es auch hörbar Applaus aus der Westkurve, während Stadionsprecher Horst Schömbs pflichtschuldigst per Durchsage zum Aufhören auffordert.
Aufhören gehört für die Roten Teufel nicht zum Vokabular. 15 zu 3 Torschüsse, 11 zu 1 Torchancen und 59 Prozent Ballbesitz bilanzieren am Ende die Statistiker. Übersetzt ins Spielgeschehen heißt das: Unermüdlich spielt sich die Mannschaft vor das Tor des Gegners und hält diesen wiederum vom eigenen Tor fern. Der Erfolg bleibt allerdings leider überschaubar. Schon wenige Sekunden nach Anpfiff hätte Gaus sein Team in Führung bringen müssen, doch die Idee, den knapp zwei Meter großen Lars Unnerstall überlupfen zu wollen, erwies sich als suboptimal. Doch es war ja erst der Anfang. Da Markus Karl gelbgesperrt fehlte und auch Srdjan Lakic kurzfristig mit Rückenproblemen ausfiel, führte unsere Nummer Eins Tobias Sippel die Mannschaft als Kapitän auf den Platz. Philipp Hofmann hielt die Düsseldorfer Abwehr auf Trab, blieb vor dem Tor aber leider glücklos. Richtig Pech hatten an diesem Tag Kerem Demirbay und Alexander Ring, die beide verletzt vom Platz getragen werden mussten. Keine guten Voraussetzungen für die kommenden Spiele. Gute Besserung! Die zwei Verletzungspausen nutzte Axel Bellinghausen für Frotzeleien mit ein paar Ex-Kollegen. Erwartungsgemäß wurde er beim Aufwärmen mit Applaus begrüßt und ebenso erwartungsgemäß mit lauten Pfiffen bedacht, als er sich in der 90. Minute – noch beim Stand von 1:0 für Düsseldorf – nur seeeehr langsaaaaam der Auswechselbank annäherte. Für so etwas wurde er vor einigen Jahren von den gleichen Leuten gefeiert. Fußball ist manchmal sehr einfach und Typen sind so wichtig.
Der ohnehin schon brodelnde Betzenberg war auch so schon drauf und dran zu explodieren, was dann in der 92. Minute nach Schuss von Chris Löwe und Abfälschung von Gaus auch passierte. Endlich belohnte sich die Mannschaft mit einem Treffer für die Arbeit. Dieses wichtige Tor egalisierte die glückliche Gästeführung von Joel Pohjanpalo aus der 77. Minute und degradierte den Treffer zu einer ärgerlichen Randnotiz. Die Siegesserie auf dem heimischen Platz mag gerissen sein, doch der 1. FC Kaiserslautern bleibt im Fritz-Walter-Stadion weiterhin ungeschlagen. Das musste der Mannschaft erst noch vermittelt werden, als sie eher niedergeschlagen die Runde durch das Stadion drehte und sich den verdienten Applaus der Fans abholten. Doch nach den 90 Minuten hatten Mannschaft und Trainerteam die volle Aufmerksamkeit und die Sympathie der Fans. An die Amateure wurde aber auch dieses mal gedacht: Vor dem Beginn der zweiten Halbzeit forderten die aktiven Fans zum Mitreisen nach Pirmasens auf. Tradition muss gepflegt werden.
PS: Die giftgrüngelbe Trikotfarbe der Düsseldorfer ließ einen fast das Heimtrikot-Desaster des eigenen Vereins vergessen. Fast. Über 90 Minuten brannten sich 2x10 Feldspieler mit greller Bekleidung und bunten Schuhen in die Netzhaut ein. So etwas kann man sich auch nicht mehr schönsaufen.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Toco