Spielbericht: 1. FC Heidenheim – 1. FC Kaiserslautern 1:1

Headache in Heidenheim

Headache in Heidenheim


Im ersten Pflichtspiel überhaupt zwischen Heidenheim und dem FCK gab es keinen Sieger, und so gingen auch die Meinungen auseinander, wie das 1:1 an der Brenz einzuordnen ist: Man muss mit dem Unentschieden leben können. Aber dieses Gefühl verursacht doch irgendwie Kopfschmerzen.

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Willkommen in Heidenheim. Die 46.000-Einwohner-Stadt am Rande der Schwäbischen Alb ist Neuland für die Fans der großen Traditionsvereine und manch einer denkt dabei reflexartig an die hochgezüchteten Bonzenklubs a la Hoffenheim. Aber der 1. FC Heidenheim ist anders: Hier wurde in den letzten Jahren kontinuierlich etwas aufgebaut, mit kleinen Sponsoren und kleinen Schritten der Aufstieg zunächst in die dritte und nun in die zweite Liga geschafft. Unterstützt wird der Verein dabei von der ganzen Stadt, was auch in der 3. Liga schon für bemerkenswert höhere Zuschauerzahlen sorgte als bei manchem Klub mit größerem Namen.

Auch das alte Albstadion war dank dieser Schritt-für-Schritt-Entwicklung sofort nach dem Aufstieg zweitligatauglich, was nicht bei allen Neuankömmlingen selbstverständlich ist. Demnächst werden noch die beiden offenen Ecken geschlossen, womit dann auch die DFL-Anforderung von mindestens 15.000 Plätzen geschaffen wäre. Gegen den FCK war das Stadion mit 13.000 Zuschauern ausverkauft, darunter gut 1.500 Schlachtenbummler aus der Pfalz, die aber auch einen Minuspunkt zu bemängeln hatten: Im Gästeblock ist die Sicht leider nicht wirklich gut, auf manchen Plätzen herrschte geradezu „Freiburg-Niveau“ - Strafraumszenen sehen fast unmöglich.

Der 1. FC Kaiserslautern und seine Fans reisten nach Heidenheim, um den Auswärtsfluch zu besiegen. Langsam wandelt sich dieser Irrglaube - denn es lastet ja nicht wirklich ein Fluch auf dem FCK – schon in Aberglaube: Auf die Schwäbische Alb reisten die Roten Teufel mit neugestaltetem Mannschaftsbus, spielten erstmals in den schwarzen Auswärtstrikots. Vielleicht hilft's ja?

Kosta Runjaic setzte für die Mission Auswärtssieg auf die gleiche Startelf wie beim Heimsieg gegen den KSC. Das war durch die starke Leistung im Derby gerechtfertigt, brachte aber gleichzeitig auch eine ganze Reihe an Härtefällen mit sich: Publikumsliebling Jean Zimmer sowie die eigentlich als Leistungsträger geholten Kerem Demirbay und Amin Younes mussten wieder auf die Bank, Philipp Hofmann flog aus „disziplinarischen Gründen“ gar komplett aus dem Kader.

Trotzdem hätte Runjaic mit seiner Aufstellung beinahe alles richtig gemacht. Beinahe. Denn wenn die Roten Teufel ihre Chancen in der starken Anfangsphase genutzt hätten, dann wäre das Spiel wohl ähnlich gelaufen wie gegen Karlsruhe. Aber Schiedsrichter Felix Brych klaute zunächst Ruben Jenssen ein reguläres Tor wegen angeblicher Abseitsstellung, danach vergaben Alexander Ring und Srdjan Lakic beste Möglichkeiten. Kurz vor der Halbzeit konnte der FCK dann aber auch froh sein, nicht zurückzuliegen, nachdem der Heidenheimer Marc Schnatterer aus 45 Metern das leere Tor nur knapp verfehlte.

Die Stimmung auf den Rängen war derweil ganz gut, sowohl die Lautrer als auch die Heidenheimer (mit Anti-Rassismus-Choreo: „Leidenschaft kennt keine Farben“) unterstützten ihre Teams in der insgesamt flotten Partie, die zu Beginn der zweiten Halbzeit jedoch etwas abflachte.

Erst in der Schlussphase wurde es noch mal turbulent: Amin Younes nahm einmal mehr die wichtige Jokerrolle ein und erfüllte sie zunächst mit Bravour. Zehn Minuten nach seiner Einwechslung setzte sich der U21-Nationalspieler richtig stark gegen die gesamte Heidenheimer Abwehr durch und spitzelte den Ball mit der Pike über die Linie (77.). 1:0 für den FCK, großer Jubel beim Lautrer Anhang, das musste es doch jetzt sein mit dem ersehnten ersten Dreier in der Fremde! Denkste. Gerade mal zwei Minuten später hatten die Heidenheimer schon den Ausgleich erzielt, nachdem ausgerechnet Younes einen Fehlpass spielte und FCH-Lokalheld Schnatterer den folgenden Konter sehenswert im Tor unterbrachte (79.). Das ist wohl das viel zitierte „die junge Mannschaft muss noch lernen“ und „es wird Rückschläge geben“.

Jetzt wurde es im Gästeblock noch mal richtig laut. Die FCK-Fans wollten den Auswärtssieg und peitschten ihr Team energisch nach vorne. Aber Trainer Runjaic blieb realistisch und erinnerte seine wütende Mannschaft auch im eigenen Ballbesitz stets an die Defensive. Der Coach wollte auf keinen Fall mit ganz leeren Händen nach Hause fahren. Unter anderem mit zwei Auswechslungen wurden die letzten Minuten über die Runden gebracht, und so stand unter dem Strich ein 1:1 zwischen Kaiserslautern und Heidenheim.

„Das war ein Déjà-vu-Erlebnis“, sagte der frustrierte Willi Orban nach dem Schlusspfiff. Ruben Jenssen pflichtete ihm angesichts der sich ständig wiederholenden Auswärtserlebnisse bei: „Wir dürfen nicht so dumm sein!“ Kosta Runjaic konstatierte etwas beruhigender: „Wir waren über weite Strecken die bessere Mannschaft, aber wir haben in einer entscheidenden Situation falsch gehandelt. (…) Dementsprechend müssen wir mit diesem Punkt nicht unzufrieden sein.“

So blieb nach dem Abpfiff das Bild des lädierten Michael Schulze sinnbildlich für den ganzen Abend: Der Außenverteidiger trottete mit seinen Kollegen und einem dicken Kühlakku auf dem Kopf zu den mitgereisten Fans, die ihre Truppe trotz Frust mit einem aufmunternden „You'll never walk alone“ auf die Heimreise schickten. Man muss mit diesem Unentschieden bei den heimstarken Heidenheimern leben können, aber es verursacht doch irgendwie Kopfschmerzen (engl.: headache). Nächsten Samstag gegen Fortuna Düsseldorf wartet die nächste Gelegenheit auf drei Punkte.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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