Es hätte so schön sein können: Als Alex Ring oberkörperfrei vor dem Gästeblock steht und mit Fans und Mitspielern seinen Führungstreffer bejubelt, ist die Welt im Lot. Aber am Ende steht es doch wieder nur 1:1 und der 1. FC Kaiserslautern muss weiter auf seinen ersten Sieg beim SV Sandhausen warten.
- Fanfotos: SV Sandhausen - 1. FC Kaiserslautern
- Spielfotos: SV Sandhausen - 1. FC Kaiserslautern
Sandhausen ist das neue Koblenz für die Roten Teufel. Vor allem für die FCK-Fans aus der Region Rhein/Hunsrück war es nach dem Abstieg 2006 ein echter Kulturschock, plötzlich gegen die TuS Koblenz spielen zu müssen, die sich jahrzehntelang in völlig anderen Fußballwelten aufgehalten hatte. Ganze vier Jahre lang reiste der FCK ans Deutsche Eck, und kein einziges Mal gelang ein Sieg. So ähnlich läuft es jetzt im Kraichgau, wo sich die Lautrer seit dem Abstieg 2012 am Dorfclub SVS die Zähne ausbeißen - insbesondere für die Fans aus der Vorder- und der Südpfalz fühlt sich das irgendwie unwürdig an. Auch wenn man es sportlich zweifelsohne hinnehmen muss.
An der Unterstützung der Anhänger kann es aber nicht liegen. Auch zum dritten Gastspiel des FCK war das Hardtwaldstadion fest in Lautrer Hand, von den offiziell 9.500 Zuschauern trugen über die Hälfte - geschätzt etwa 5.500 - die Farben Rot und Weiß. Passend zur angekündigten Mottofahrt waren die meisten davon im Trikot angereist. Das Sandhäuser Stadion, vor nicht allzu langer Zeit noch nicht mehr als ein etwas besserer Sportplatz, wird zurzeit gemäß den Vorgaben der DFL ausgebaut, was vor allem den Gästefans zugute kommt. Sowohl die Hintertortribüne als auch die Gegengerade mit dem neuen Sitzplatzteil oberhalb der altbekannten Stehplatzreihen wissen zu gefallen.
Zu gefallen wusste auch der FCK in der zweiten Halbzeit gegen 1860 München, was jedoch nicht in das Spiel gegen Sandhausen übertragen werden konnte. Die Lautrer gewannen zwar mehr Zweikämpfe, hatten mehr Ballkontakte und schossen öfter aufs Tor, aber wirklich zählbares sprang vor allem in der ersten Halbzeit nicht heraus.
Im zweiten Abschnitt wurde es dann etwas rassiger, aber auch Sandhausen kam jetzt besser ins Spiel und zu hochkarätigen Chancen. Doch mitten in der Drangphase der Gastgeber schlugen die Roten Teufel zu: Flanke des eingewechselten André Fomitschow, über den starken SVS-Keeper Manuel Riemann hinweg auf den Kopf von Alexander Ring (77.). Tor, Trikot aus, ab in die Fankurve! Die ansonsten eher durchwachsene Stimmung war jetzt bei schwülwarmen Temperaturen auf dem Siedepunkt angelangt. Sollte der FCK wirklich den Spieß vom letzten Jahr umdrehen, als es lange nach einem Unentschieden roch und den Sandhäusern dann kurz vor Schluss doch noch aus heiterem Himmel der Siegtreffer gelang?
Nein. Zwar hatte auch der FCK einen starken Schlussmann: Marius Müller entschärfte einige brenzlige Situationen, hatte bei einem abgefälschten Lattentreffer und einem knappen Abseitstor auch das Glück des Tüchtigen, und machte insgesamt ein gutes Spiel. In der 89. Minute hatte aber auch Müller keine Chance, als Alexander Bieler eine Schläfrigkeit in der FCK-Abwehr ausnutzte und per Sontagsschuss vom Strafraumeck einlochte. Der Schlusspunkt unter eine zerfahrene Partie, die erst in der zweiten Halbzeit an Schwung gewann und letzten Endes auch keinen Sieger verdient gehabt hätte. Trotzdem bitter für den FCK, die glückliche Führung nicht über die Zeit gebracht zu haben.
Symptomatisch für das Himmel-und-Hölle-Spiel bei den Roten Teufeln stand heute Srdjan Lakic. Der Doppeltorschütze vom Sechzig-Spiel ackerte und rackerte, erkämpfte am gegnerischen Strafraum den Ball und führte so einige Chancen herbei. Aber dann gab es auch solche Szenen wie diese, als er den Ball freistehend am Elfmeterpunkt annehmen wollte anstatt ihn einfach drauf zu knallen, und die Kugel ihm von der Brust wegsprang wie ein Flummi. Anstelle von Lakic könnte man genauso gut auch Jean Zimmer, Dominique Heintz oder Marcel Gaus als Beispiele nennen. Alle FCK-Spieler hängten sich rein, aber keiner war fehlerfrei. Das sah auch Kosta Runjaic so, der ehrlich zugab: „Es wäre absolut unverdient gewesen, wenn wir das Spiel gewonnen hätten.“
Eine spannende Frage blieb zunächst noch offen: Wer steht nächste Woche im Tor? Der in Sandhausen gesperrte Tobias Sippel ist die Nummer 1 und gilt als Favorit, aber Marius Müller hat sich weiter aufgedrängt. Eine knifflige Entscheidung für Runjaic.
Auf der Rückfahrt von Sandhausen, die viele FCK-Fans in einem heftigen Unwetter verbrachten, ließ sich der Saisonstart noch mal resümieren. Die vier Punkte aus zwei Spielen sind unter dem Strich in Ordnung; das Spiel gegen die Löwen wusste zu begeistern, gegen Sandhausen ging es dann zurück auf den Boden der Tatsachen. Die nächste Bewährungsprobe steht am kommenden Samstag im DFB-Pokal beim SV Wehen-Wiesbaden an, ehe in der Woche darauf Eintracht Braunschweig zum Spitzenspiel im Fritz-Walter-Stadion gastiert.
Update, 13.08.2014: Die Zuschauerzahl wurde seitens des SV Sandhausen nachträglich von 9.500 auf 11.100 nach oben korrigiert, der von DBB geschätzte Wert an Gästefans auf 6.000.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas