Am Bahnhofsvorplatz und am Viadukt, wo sich die Fans sammeln, war von weitem schon zu sehen: Heute kein Glasverbot, keine staatliche „Deeskalation“ nötig. „Servus“ hieß es allerseits, schön sich zu sehen! Einerseits mag einem das Gejammer über das Montagsspiel langsam auch naiv vorkommen, dennoch - auch und gerade gegen die Löwen wäre ein Wochenendauftritt sicher ein Festtag für alle gewesen. So wurde es nur einer für die Gastgeber. Doch man merkte es in der Stadt, man konnte es förmlich greifen, Bundesligaluft! Der 1. FC Kaiserslautern und 1860 München, zwei aus den besseren Tagen des Fußballs, hier ist „de Fußball dehääm“!
Es waren etwa 800 Löwenfans, die ihr Team auf den mit 39.690 Zuschauern gut gefüllten Betzenberg begleiteten, die ihre Jungs auch fortwährend anfeuerten, jedoch mangels Masse nur selten zu hören waren. Untermalt wurde der Auftritt von zahlreichen Schwenkfahnen im Gästeblock. Nach etwa fünf Minuten stimmten die Sechzger deutlich hörbar ein Loblied auf den gemeinsamen „Lieblingssender“ aller echten Fußballfans an, in das die Westkurve lautstark mit einstieg. Das war wohl zu hören! Gut so! Kurz darauf unterstützten uns die Weiß-Blauen per Stimme und Spruchband bei der Forderung: „Für immer Fritz-Walter-Stadion!“ Auch das war zu hören! Gleichzeitig ertönte ein Loblied auf das altehrwürdige Grünwalder Stadion, dessen Umbau vor einigen Tagen leider erneut abgelehnt wurde.
Mit einem Sieg konnte der FCK nach der Augsburger Niederlage auf acht Punkte davon ziehen, und das Spiel gegen die „Puppenkiste“ selbst noch in der Hinterhand. Die Löwen kamen als eines der besten Rückrundenteams und zudem als das zweikampfstärkste. Entsprechend forsch gings los, schon nach wenigen Sekunden sah der Münchner Djordje Rakic die gelbe Karte. Schiesdrichter Guido Winkmann setze damit eigentlich ein Zeichen, dass er konsequent alles pfeifen würde. Der in der Grundaufstellung unveränderte „Betze“ hatte bereits vier Möglichkeiten in den ersten zehn Minuten, die Deckung der Löwen war im eigenen Strafraum körperlich oft nicht anwesend. In der elften Minute vernachlässigte der Schiri dann zum ersten Mal seinen Vorsatz. Etwas ungelenk hinderte da Erik Jendrisek den hochspringenden Gabor Kiraly beim Abwehrversuch eines Eckballs von Markus Steinhöfer. Dieser fand so den direkten Weg ins Tor der Sechzger. Winkmann hätte pfeifen müssen, hat er aber nicht - 1:0 Teufel!
Es entwickelte sich ein Spiel, in dem die Löwen kein ebenbürtiger Gegner waren. Zwar konnten sie zweimal dazwischen stechen und kontern, hatten eine gute Schusschance nach einer Viertelstunde, aber der FCK machte Druck nach vorne über die gesamte Breite. Angetrieben von einem fabulösen Jiri Bilek und einem schmerzfreien Georges Mandjeck, während Sidney Sam und Markus Steinhöfer diesmal die Rolle der emsigen Arbeiter annahmen. Forechecking am Mann, einfach gutes Stellungsspiel, auch in der Spitze, wo Adam Nemec sich wieder einmal für alle den Hintern wund rannte und eindeutig bewies, dass er auch eine Klasse höher kicken kann. Sicher nicht als Knipser, aber als Wegbereiter allemal. So in der 30. Minute, als er nach einem schweren Patzer des ehemaligen FCK-Kapitäns Mathieu Beda den Pass von Alexander Bugera aufnahm und enteilte. Mit einer stoischen Ruhe in hohem Tempo verlud er zwei Münchner und legte uneigennützig quer auf Erik Jendrisek, der Kiraly aus neun Metern keine Chance ließ. 2:0 Teufel! Sehr gute Aktion von Nemec, bitte mehr davon!
Während die Westkurve und die Südtribüne in Wechselgesängen feierten und die Fans ein ums andere mal hüpften, kamen die Löwen zu einer geschenkten Chance. Bilek traf Dominik Stahl beim Abwehrversuch im Strafraum mit hohem Bein an der Stirn. Der Münchner musste später verletzt ausgewechselt und genäht werden. Hier waren nun wiederum die Proteste der Lautrer unverständlich. Bilek hätte zudem Gelb sehen müssen, blieb aber verschont, dafür wurde Tobias Sippel wegen Meckerns verwarnt Aber Emotionen gehören dazu, und ohne den eigentlich unberechtigten Ärger beim Lautrer Keeper wäre dieser vielleicht auch nicht so heiß gewesen, dass er Ludwigs gut geschossenen Elfer grandios im Flug parierte (35.).
„Sippel, Sippel, Sippel“, dröhnte die Kurve - und jetzt war allen klar, einen FCK in solch bestechender Form würde der TSV nicht besiegen können. Noch kein laues Pünktchen war hier für die Freunde von der Isar drin. Bis zur Halbzeit teilten beide Teams ein paar Nettigkeiten aus, auch hier behielten die Teufel die Oberhand. Löwen-Stürmer Benjamin Lauth war so frustriert, nicht mal richtig foulen konnte er noch!
Zum Beginn der zweiten Halbzeit wurde in der Westkurve ein weiterer Protest gegen die Anstoßzeiten im Allgemeinen und die Montagsspiele im Speziellen präsentiert: „9x montags, 9x zu oft! We hate Mondays!“, schrieb der Fanclub „Kerberos Kaiserslautern“ aus Block 7.2 stellvertretend für wohl alle FCK-Fans. Immerhin stand gegen die Löwen wahrscheinlich das letzte Montags-Heimspiel für lange Zeit an, übrigens auch der letzte Montags-Auftritt des FCK im DSF, das Anfang April in Sport1 umbenannt wird - so wurde auch in den zweiten 45 Minuten und nach Spielende noch der eine oder andere „Scheiß DSF“-Schlachtruf skandiert.
Auf dem Spielfeld begann der „Betze“ zurückgezogen und spielte aus der Deckung. Die Löwen, die wohl mit weiteren Angriffen gerechnet hatten, waren ratlos und zahnlos. Der FCK musste nicht mehr viel tun, und Martin Amedicks Abwehrkette stand zum 31. Male bombensicher im Raum, keine Gefahr. Bis zur vollen Stunde hatten die Gäste zwei halbe Gelegenheiten, die sie fahrlässig vergaben, der FCK schonte sich für den Schlussspurt. Dummerweise war auch Florian Dick noch etwas zu ruhig, sonst hätte er besser gestanden und nicht völlig überflüssig seinen Gegner behindert. Fünfte Gelbe! Damit ist der 31. Geburtstag der Viererkette zugleich der letzte und man ist wirklich gespannt, wer diese Lücke füllen soll. Die Rückkehr von Mathias Abel würde sicher viele FCK-Fans freuen, aber auch Sascha Kotysch könnte ein Dick-Ersatz für das Spiel in Oberhausen sein. Frohe Ostern, Florian, und viel Spaß beim Eiersuchen am nächsten Sonntag!
Nemec hatte zwischenzeitlich auch genug Pause gemacht und legte wieder los. Erst scheiterte er an Beda, nachdem er technisch brillant den Abschluss vorbereitet hatte, dann bediente er erneut Kollege Jendrisek nach Zucker-Pass von Amedick über 60 Meter. Er ließ den Ball mit dem Schädel einfach in den Lauf seines Landsmannes abtropfen - genial! Jendrisek gab Gummi und jagte das Leder diagonal von halbrechts exakt neben den Pfosten! 3:0 Teufel! Auch in dieser Höhe verdient. Der FCK taktisch und läuferisch eine ganze Klasse besser als die Truppe von Ewald Lienen - da konnte er noch so viele Zettel schreiben.
Die Löwen hatten noch eine Chance zum Anschluss durch den glücklosen Ludwig, zuvor war es Nemec, der seine Leistung hätte krönen können. Doch er verzog, wurde unter Ovationen gegen Lakic ausgewechselt. Daumen hoch, Adam, Bester Mann!
Kurz drauf kam Ivo Ilicevic für den nimmermüden, aber nun ausgepowerten Sam, und setze den Schlusspunkt. Nach einem traumhaften Solo von Georges Mandjeck überließ dieser dem Kroaten den Ball und der zimmerte ihn mit dem Abpfiff in die Maschen. Teufel Vier, Löwen Null! Eigentlich mindestens die Hälfte des Tors gehört Mandjeck, der ebenso wie Bilek - kurz vor Abpfiff ausgewechselt gegen Pavlovic - ein richtig gutes Spiel machte, dieses Mal nach vorne und nach hinten maßgeblich an zentralen Aktionen beteiligt war. Die Stimmung im Fritz-Walter-Stadion war längst bundesligareif, von Taschentüchern über Fahnenmeer bis zur Laola wurde das komplette Repertoire abgeliefert.
Wenig Ecken und Torschüsse, auch kaum Abseitsposition prägten ein Spiel, in dem beide Mannschaften rustikal zur Sache gingen. Vier Betzebuben sahen Gelb. Sippel holte sich die Erste, Amedick erst die Zweite - sensationell für einen Abwehrchef! Dick muss mit Nummer 5 pausieren und auch Mandjeck ist nicht mehr weit davon, sah bereits die Neunte. Ebenfalls gefährdet ist weiterhin Jiri Bilek mit vier gelben Karten.
Die Gegner bemühen sich zurzeit immer erfolgreicher, Sidney Sam aus dem Spiel zu nehmen, dafür glänzt dann Markus Steinhöfer mit Effizienz. Der FCK, das ist einfach im Moment ein Perpetuum Mobile, egal an welcher Seite man es anstößt, es bewegt sich so lange bis es eben vorne rappelt. Einer für alle, alle für einen. Jeder ist ersetzbar, aber auch irgendwie unersetzlich! Ping-Pong-Päng!
„Drei Spiele vor Schluss können wir eine neue Zielrichtung ausgeben“, sagte Trainer Marco Kurz, der sein Team lobte. Wir tun dieses bereits jetzt und das mit recht! Denn die Voraussetzung ist gegeben: "Wir bleiben auf dem Teppich", betonte Elfmetererkiller Sippel. An der Wahrheit kommt man dennoch nicht vorbei, der FCK ist die beste Mannschaft der Liga. „Die haben teilweise wie ein Erstligist gespielt“, zog 1860-Coach Lienen den Hut vor den Pfälzern. Die Fans des FCK hätten am Ende gut und gerne - gegen die Löwen - aus alter Verbundenheit auf das „Auf Wiedersehn“-Ritual verzichten können, das wäre ein netter Zug gewesen. Ein gemeinsames „Sch...FC B....“ hätte da besser gepasst! Aber die Löwen wissen sicher, dass es in diesem speziellen Fall nicht böse gemeint war.
Jetzt ist die Vision greifbar. Nehmt euch am 12. April nichts vor, dann treffen die Verfolger St. Pauli und Augsburg im direkten Duell aufeinander. Vielleicht passiert es schon da?! Und für den Fall, dass das nicht funktioniert - holt euch Karten für Bielefeld, Rostock, Koblenz! Ab heute können wir wie beim Bund die Zählkarten durch die Kabine schmeißen - Aaaaaaabgääänger! „De Fußball kummt hääm!“
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco