Spielbericht: 1.FC Kaiserslautern - 1.FC Nürnberg 1:3

1.FC Kaiserslautern - 1.FC Nürnberg 1:3

Neue Saison, neues Glück. Mit dieser Einstellung ging der grösste Teil der FCK-Fans an die neue Spielzeit heran, nur ein kleiner Teil war noch etwas skeptisch, während die meisten Anhänger den 1.FC Kaiserslautern zumindest fernab der Abstiegsplätze sahen. Da war man sich sicher.
Zu Gast im Fritz-Walter-Stadion war zum Auftakt der Erstligasaison 2004/05 kein Geringerer als der 1.FC Nürnberg, immerhin ein Aufsteiger und mit der jüngsten Mannschaft der Bundesliga ausgestattet. Dessen Anhänger, rund 3.000 waren auf dem von insgesamt 37.800 Zuschauern besuchten Betzenberg anwesend, zeigten zu Spielbeginn einige Schwenkfahnen und Rauchbomben in den Blöcken 1 und 2. In der Westkurve herrschte ein ähnliches Bild. Die Vorfreude auf die neue Saison war auf beiden Seiten zu spüren, doch während bei den Lautrer Fans nur zwölf Minuten lang recht gute Stimmung herrschte machte der "Glubb"-Anhang die Partie mit zunehmendem Spielverlauf zu einem kleinen Heimspiel. Insgesamt ein guter Auftritt der Franken, die mittlerweile zu den definitiv besten Fangruppierungen Deutschlands gehören und somit bereits am 1.Spieltag einen Maßstab für die nachfolgenden Gästefans im Fritz-Walter-Stadion legten.
Auch auf dem Spielfeld hatten die Nürnberger (die mit vier Neuzugängen aufgelaufen waren, beim FCK war es einer mehr) zunächst ein leichtes Übergewicht, bis in der bereits erwähnten 12.Spielminute der erste Schock für die Fans der Roten Teufel folgte: Kapitän Timo Wenzel war in einem Laufduell hoffnungslos unterlegen, so dass Keeper Tim Wiese den alleine aufs Tor stürmenden Schroth nur noch mit einem Foul stoppen konnte - Elfmeter! Und Banovic hatte keine Mühe das Leder zum 1:0 für den 1.FC Nürnberg einzuschieben. Dies war auch gleichzeitig der Pausenstand, nachdem die immer mehr verunsicherten Lautrer in der Folge lediglich für drei Minuten ein ansehnliches Spiel aufziehen konnten. In diese Minuten fielen dann auch die besten Chancen für den Gastgeber, durch einen Pfostenschuss von Jochen Seitz und einen Nerlinger-Fernschuss, der nur knapp am Tor vorbeirauschte.
In der Halbzeit wechselte FCK-Trainer Kurt Jara - der entgegen den Befürchtungen der Fans doch Halil Altintop als zweiten Stürmer aufbot - die schwachen Mika Nurmela und Bill Tchato aus, für die Herve Lembi und Neuzugang Ferydoon Zandi ins Spiel kamen. Eben jener Zandi sorgte dann auch nochmal für aufkeimende Hoffnung, als er in der 58.Minute einen Handelfmeter zum viel umjubelten Ausgleich ins Tor von FCN-Keeper Schäfer einschieben konnte. Doch Freude und Hoffnung bei den FCK-Fans waren nur von kurzer Dauer, nur drei Minuten später konnte Vittek nach einem perfekt vorgetragenen Konter in absoluter Unterzahl mühelos den alten Abstand wieder herstellen. 2:1 für die Franken, die auch in der Folge mehr vom Spiel und die endgültige Entscheidung mehrfach auf dem Fuss hatten. In der 84.Minute war es dann soweit, der in einigen Szenen zuvor noch starke Wiese lässt eine Freistossflanke der Nürnberger vorbei an Freund und Feind ins Tor segeln. Während der Gästeblock mit lautstarken "Spitzenreiter"-Gesängen den hochverdienten Auswärtssieg noch bis lange nach Spielende feierte verliessen zahlreiche FCK-Fans bereits das Stadion. Und nicht nur wie gewohnt auf Nord- und Südtribüne, sondern auch in der Westkurve verliessen hunderte (!) der eingefleischten Fans vorzeitig ihren Block.
Was früher unvorstellbar war wird auch unter Kurt Jara immer mehr zur Wahrheit: Der Betzenberg ist zur Zeit keine Festung mehr, die Tugenden, die die Roten Teufel über Jahrzehnte auszeichneten, kommen immer mehr abhanden. Seit 1990 waren die Nürnberger im Fritz-Walter-Stadion sieglos, auch die Schalker haben zuletzt zweimal hintereinander im Schongang drei Punkte entführt, nachdem sie zuvor seit den 70er Jahren regelmässig ohne "Dreier" heimfahren mussten. Gegen die Bayern, die einstmals die Punkte ehrfürchtig "per Post nach Kaiserslautern schicken" wollten, gelang seit fünf Heimspielen nichtmal mehr ein Tor. Es liessen sich ohne Mühe noch weitere Beispiele finden, doch dürfte der Schock bei vielen treuen Fans auch so schon tief genug sitzen. Es ist eine Schande!! Und daran - gemeint ist nicht die Niederlage im ersten Saisonspiel, die alleine noch kein Grund zur Panik wäre, sondern die gesamte Entwicklung der letzten Jahre - sind viele schuld. Ein Trainer, der von einem Fettnäpfchen ins nächste tritt (Zitat nach dem Spiel: "Vielleicht hatten die Spieler Angst vor der Kulisse"), einzelne Spieler, die nicht zum 1.FC Kaiserslautern passen, alte und neue Vereinsführungen, die den Verein mit teilweise falschen Entscheidungen von seinen Fans entfremden, und die Fans selbst, die einerseits lieber im Internet über fehlende Stimmung diskutieren anstatt sich im Stadion zu mobilisieren und andererseits ihren durchaus vorhandenen Einfluss nicht ausnutzen, zu einem grossen Teil keine eigene Meinung haben.
Diese Schizophrenie vieler Westkurven-Besucher zeigte sich am Samstag auch vor und nach dem Spiel: Zunächst wurde Carsten Jancker, der jahrelang das Feindbild Nr.1 der Westkurve war und von den FCK-Fans einst das Attribut "Fussballdepp" erhielt, nicht etwa neutral oder "normal" wie jeder andere Neuzugang, sondern von vielen mit Extra-Applaus und dem Zusatz "Fussballgott" begrüsst - und das ohne bisher ein Pflichtspiel für die Roten Teufel absolviert zu haben. Und nach dem Spiel wurde die eigene Mannschaft mit einem gellenden Pfeifkonzert, die siegreichen Gäste hingegen nicht nur mit würdigendem Applaus, sondern gar mit einer LaOla (!) von mehreren hundert noch in der Westkurve stehenden Fans verabschiedet. Während den 90 Minuten wurden dieselben Spieler noch häufig mit lautstarken Schlachtrufen wie "Nürnberger Arschlöcher" und "Hurensöhne" bedacht - und das definitiv zu einem nicht geringen Teil von denselben Fans, die nach dem Spiel mit diesen "Arschlöchern" feierten, die den einst verhassten Carsten Jancker über Nacht vom "Fussballdepp" zum "Fussballgott" machten. Wie soll man die Aussagen des Kollektivs der Kaiserslautern-Fans "heute" überhaupt noch ernst nehmen, wenn es "morgen" sowieso in das Gegenteil umschlägt?! Leider wird sich durch diese Zeilen auch nichts ändern. Freuen wir uns also auf das Gastspiel beim FC Schalke 04 am nächsten Wochenende, die Enttäuschung unserer Vorfreude sind wir ja mittlerweile gewohnt.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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