Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Borussia Dortmund 3:3

Das Schweigen der Fans

Schon Tage vor dem Spiel war die Partie gegen Borussia Dortmund bei vielen FCK-Fans das Gesprächsthema Nummer 1. Doch nicht wie sonst, wenn es um Aufstellungen, Erwartungen und Ergebnistipps geht, sondern aufgrund der oftmals desolaten Heimauftritte der Roten Teufel in den letzten Jahren: Aus Protest organisierten zahlreiche Fanclubs aus der Westkurve in den Tagen vor dem Spiel eine Blocksperre, die Fantribüne sollte in den ersten zehn Minuten des Spiels leer bleiben. Leider zeigten sich die FCK-Fans sehr zwiegespalten, so dass im Endeffekt die eine Hälfte trotzdem in der Kurve stand und die andere Hälfte die Blocksperre unterstützte. Solidarität scheint für viele Fans, die sich in der Westkurve aufhalten, ein Fremdwort zu sein - leider! Symptomatisch waren jedoch auch die Beschimpfungen untereinander, die sowohl aus dem Mund einzelner Blocksperren-Gegner als auch von dutzenden -Befürwortern im Kollektiv absolut unangebracht waren! Die wahren "Lutscher" sind diejenigen, die die eigenen Fans beschimpfen, egal ob pro oder contra Blocksperre...

Passend zu der Aktion gab es noch zwei Spruchbänder mit der Aufschrift "Es reicht - Kein Kampf - Keine Fans!" bzw. "So fühlen wir uns jede Woche - Total im Stich gelassen!" Symptomatisch war dann, das Block 8, der Aufenthaltsort des oft zitierten "harten Kerns" fast leer blieb, während die (insgesamt betrachteten, auch wenn es Ausnahmen gibt) ohnehin die Stimmung boykottierenden Blöcke 9 und 10 gut gefüllt waren. Die zaghaften Versuche einzelner, ein wenig Stimmung zu entfachen, gingen jedenfalls in die Hose. Während viele der sonst lautstarken Fans außerhalb der Blöcke Stimmung machten und ihre Fahnen schwenkten, herrschte im weiten Rund des Fritz-Walter-Stadions eine geradezu gespenstische Atmosphäre, zu sehr fehlte das "Herz der Westkurve".

Zum Geschehen auf dem Rasen zunächst ein Zitat des Ex-Kapitäns Timo Wenzel, der sich vor dem Spiel zum wiederholten Male nicht einverstanden mit der Meinung der Fans zeigte: "Dieser Boykott macht die Sache für uns nicht leichter. Ich kann nur hoffen, dass uns gleich ein Tor gelingt und sie nach zehn Minuten schon was verpasst haben." Leider hatte er nicht mit seinem eigenen Unvermögen gerechnet, denn in der 7. Minute beging Wenzel gleich mehrere Fehler auf einmal: Zunächst überhörte er bei einem hohen Ball den Ruf von Torwart Jürgen Macho, dann konnte er das Leder völlig unbedrängt nicht richtig stoppen und zu allem Überfluss legte er es schließlich noch dem weit und breit einzigem Dortmunder Smolarek vor, der ohne Mühe das leere Tor treffen konnte. "Großes Maul und nix dahinter" lautete ein Spruchband der FCK-Fans beim desaströsen Derby gegen Mainz 05... Timo Wenzel sollte am Besten gar keine Interviews mehr geben und lieber still auf der Ersatzbank Platz nehmen! Kurz nach dem Tor betraten dann auch die restlichen Fans die Westkurve im mit 32.051 Zuschauern gefüllten Fritz-Walter-Stadion, und sie hatten gleich Grund zum Jubeln: In der 13. Minute war es Halil Altintop nach Vorlage des agilen Boubacar Sanogo vorbehalten, für das 1:1 zu sorgen. Überhaupt machte zumindest die Offensive des FCK an diesem Tag einen guten Eindruck, neben den beiden Stürmern wussten auch Ervin Skela, Jochen Seitz und der später eingewechselte Ferydoon Zandi mit einigen guten Aktionen zu gefallen. Ganz anders die Abwehr, die sich heute einmal mehr das Prädikat "Hühnerhaufen" erarbeitete: Nur drei Minuten nach dem Ausgleich war es Lucien Mettomo, der mit desolatem Zweikampfverhalten die Schuld am 1:2 trug, das erneut Smolarek erzielte. Damit nicht genug war es erneut die Nummer 14 des BVB, der sich auch für das 1:3 verantwortlich zeigte (40.), dem ein unnötiger Ballverlust des heute grottenschlechten Marco Engelhardt voraus ging. Drei Tore Smolarek, drei Scorerpunkte FCK! Leider würde man in Kaiserslautern keine elf Spieler mehr zusammen bekommen, wenn man alle Söldner und Versager aussortieren würde, die von den Verantwortlichen verpflichtet wurden und nun selbst für die Krise verantwortlich sind.

Dank der wie bereits erwähnt guten Offensivabteilung und dem Versuch des Ergebnisverwaltens der Dortmunder gab es dann in der 2. Halbzeit aber doch noch Grund zum Jubeln. Zunächst brachte Altintop mit seinem zweiten Treffer (57.) die Hoffnung und mit seinem dritten Streich in der 78. Minute auch den Hexenkessel wieder zurück auf den Betzenberg. Zwischenzeitlich war der überforderte Kapitän Engelhardt unter gellenden Pfiffen und höhnischem Applaus der Fans ausgewechselt worden und die Fehler beider Abwehrreihen hätten beinahe noch zu weiteren Toren geführt, doch spätestens mit dem Ausgleich stand das ganze Stadion wieder als zwölfter Mann hinter seiner Mannschaft. Selbst auf der sonst so zurückhaltenden Nordtribüne wurden lange nicht gesehene Emotionen wach, und das Herz in der Westkurve pochte in der Schlussphase wie in besten Zeiten (inklusive Block 9 und 10). Leider wurden die weiteren Angriffsbemühungen der Roten Teufel nicht mehr belohnt, ebenso wenig wie die Versuche der teilweise eingeschüchtert wirkenden Dortmunder, so dass es bei dem alles in allem gerechten Unentschieden blieb.

Für einige Minuten war die zerstrittene FCK-Familie wieder vereint, wozu diesmal auch die Auswechslungen von Trainer Michael Henke beigetragen hatten, die das Spiel belebten. Doch trotz allem scheint es mehr als zweifelhaft, das es in absehbarer Zeit zu einer dauerhaften Vereinigung kommt. Zu deutlich waren an diesem Tag die Gräben aufgetreten, die sich in den letzten Jahren gebildet haben - Fans gegen Fans, Fans gegen Spieler, Spieler gegen Fans (einige Gesten der Spieler sagten mehr als tausend Worte). Eine schwere Zeit liegt vor dem 1. FC Kaiserslautern, der laut Aussage seines Spieler-Idols Hans-Peter Briegel zu Beginn dieser Woche "nicht mehr der Verein von früher" ist. Doch auch hier ist die FCK-Familie alles andere als einer Meinung...

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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