Fanprojekt: „Es fehlt also an allen Ecken und Enden“
Faszination Fankurve sprach mit Christian Hirsch und Stefan Michels vom Fanprojekt Kaiserslautern über die Unterfinanzierung des Fanprojekt, das das Qualitätssiegel für Fanprojekte nicht erhalten hat. Das Arbeitsamt sichert die Zukunft des Fanprojekts.
Außerdem erklären die beiden Fanprojektler, warum sie sich eine Wiederaufnahme der Gespräche zur Legalisierung von Pyrotechnik wünschen.
Faszination Fankurve: Oftmals wird von Außenstehenden wahrgenommen, dass der Kontakt zwischen Verein und der Fanszene immer problematischer wird bzw. zum Teil nicht mehr existent ist. Wie sehen Sie als Vermittler das allgemein und vor allem im Hinblick auf Ihren Verein?
Christian Hirsch und Stefan Michels: Wir sind nicht dieser Ansicht aber zum einen sind wir nicht Außenstehende im Sinne ihrer Frage und zum anderen lässt es sich auch nicht allgemeingültig beantworten. Jede Fanszene hat ihren Weg, um mit ihrem Bezugsverein zu kommunizieren. Dabei ist das Verhältnis an jedem Standort ein anderes. Mal gut, mal weniger gut. Wir als Fanprojekt Kaiserslautern sollten daher auch nur über unseren Standort sprechen. Dort kann man festhalten, dass die Wege relativ kurz sind, das heißt, dass es relativ regelmäßige Treffen zwischen Fanszene/FanvertreterInnen und Verein gibt. Da sitzen gelegentlich sowohl Vorstands Vorsitzender Stefan Kuntz, der Mannschaftsrat oder auch der Trainer mit den Fans zusammen, um gemeinsam verschiedene Anliegen zu diskutieren. Dass sich dabei nicht immer alle einig sind, liegt in der Natur der Sache. Schließlich muss ein Verein auch unpopuläre Entscheidungen treffen, die Fans gar nicht gut finden können. Diese nehmen wiederum zum Glück ihr Recht auf Partizipation wahr und fordern hingegen Freiheiten ein, die sich dem Verein möglicherweise nicht auf Anhieb erschließen. Eine professionelle Zusammenarbeit und eine gute Arbeitskultur zwischen Fanbeauftragten und Fanprojekt sind sehr hilfreich und erfreulicherweise vorhanden, sodass sich bei Problemen oder Diskussionsbedarf meist schnell eine Lösung herbeiführen lässt.
Faszination Fankurve: Letztes Jahr haben die Clubs der 1 bis 3. Liga Strafen in Höhe von ca. 1,7 Millionen Euro nach Fanaktionen zahlen müssen. Die Vereine reagieren unterschiedlich, immer mehr versuchen die Strafe auf die Verursacher zu übertragen. Wie stehen Sie als Fanprojekt zur Übertragung solcher Strafen und wie wirken diese auf betroffene Fans und deren Umfeld?
Hirsch und Michels: Erst einmal, wir sind keine Juristen und auch wenn wir das Interesse eines Vereins nachvollziehen können, gegen ihn verhängte finanzielle Sanktionen, beim Verantwortlichen einzufordern, bereitet es uns Unbehagen. Situationsbedingt, Differenziert und die Höhe der Strafe in Relation zum Vorfall im Blick. Das wäre wünschenswert. Jeder Fußballfan ist für sein Verhalten erst einmal selbst verantwortlich. Delinquentes Verhalten wird sanktioniert. Einfache Regel? Im Prinzip ja, dennoch muss man gerade aus sozialarbeiterischer Sicht auch die Folgen benennen. Stadionverbot und zusätzlich die Übertragung hoher Geldstrafen auf junge Menschen, die im Einzelnen betrachtet, womöglich noch das erste Mal dabei waren und nun auch die negativen Seiten von Gruppendynamik kennen gelernt haben, werden unzweifelhaft ihr Leben derart beeinträchtigen, dass die Frage nach der Verhältnismäßigkeit gestellt werden muss.
Faszination Fankurve: Immer wieder beklagen Fanprojekte eine Unterfinanzierung. Sind Sie mir den Mitteln, die Ihnen im Moment zur Verfügung stehen zufrieden? Was würden Sie konkret mit weiteren Mitteln umsetzen?
Hirsch und Michels: Wir sind total unterfinanziert und kämpfen weiterhin um das Überleben. Wir bekommen von der Stadt Kaiserslautern keine Barmittel, sondern nur Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, die für die Arbeit mit jugendlichen Fußballfans nicht geeignet sind. Auch die Finanzierung des Landes Rheinland-Pfalz muss sich erhöhen, damit wir in Zukunft das Fanprojekt erfolgreich weiter führen können. Aus eben diesen Gründen fasste die AG Qualitätssicherung des Beirates der Koordinierungsstelle der Fanprojekte (KOS) den Entschluss dem Standort Kaiserslautern kein Qualitätssiegel „Fanprojekt nach dem NKSS“ zu verleihen. Zu dieser Problematik sind wir mit der Stadt Kaiserslautern in Gesprächen. Es fehlt also an allen Ecken und Enden. Ohne die Agentur für Arbeit Kaiserslautern, die durch das Kooperationsprojekt „Pro Ausbildung“ einen Anteil der Finanzierung übernimmt, könnten nicht mal die Kosten für die Minimalbesetzung von 1,5 Stellen gedeckt werden.
Das Ziel ist also klar, eine bessere und gesicherte Finanzierung und vernünftige Räume, die uns neue Möglichkeiten bietet mit einer großen Fanszene bedarfsgerecht zu arbeiten.
Faszination Fankurve: Die Mehrheit der Strafen hat mit dem Einsatz von Pyrotechnik zu tun. Seit Jahren ist der Einsatz von Pyro das zentrale Thema, ohne dass sich etwas bewegt. Lässt sich überhaupt eine Lösung finden?
Hirsch und Michels: Pyrotechnik wird leider sehr oft mit Gewalt in Verbindung gesetzt oder sogar gleichgesetzt, was eine differenzierte Debatte über den Umgang mit Pyro erschwert. Dabei hat es schon mal mit der Kampagne „Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“ einen viel versprechenden Anlauf für einen offenen Dialog für einen kontrollierten Umgang mit Pyrotechnik gegeben. Wir wünschen uns diesbezüglich eine Wiederaufnahme des Dialoges.
(...)Quelle und kompletter Text: Stadionwelt