Eintracht Braunschweig hat nach zwei Siegen in Folge Selbstbewusstsein getankt. Da muss der 1. FC Kaiserslautern nach zwei Pleiten hintereinander erstmal gegenhalten. Und vor allem im Zweikampf- und generell Abwehrverhalten zulegen.
So lief's seit dem Hinspiel: Mit ihrer 2:3-Niederlage im Fritz-Walter-Stadion am 13. Spieltag begaben sich die Löwen wieder auf Talfahrt. Zuvor hatten sie sich nach einem katastrophalen Saisonstart gerade berappelt, waren drei Partien ungeschlagen geblieben, hatten am vorangegangenen Spieltag den HSV 3:1 besiegt und sich auf Platz 15 hochgearbeitet. Nun aber ging's wieder bergab. Sieben Spiele ohne Sieg, vier Niederlagen, darunter eine besonders heftige 0:5-Klatsche in Düsseldorf, Sturz auf Rang 17. Erst im Februar fing sich das Team von Trainer Daniel Scherning wieder. Sportchef Benjamin Kessel hatte am Coach trotz wachsender Kritik im Umfeld festgehalten. Siege in Karlsruhe und gegen Darmstadt hoben den BTSV wieder über den Strich. Dann folgte abermals ein Ergebnisdelle mit drei Unentschieden und zwei Niederlagen, darunter ein 1:5 gegen Hertha BSC vor eigenem Publikum, das besonders weh tat. In den jüngsten beiden Partien aber ließen die Niedersachsen aufhorchen. Erst ein 3:2-Sieg gegen Paderborn, zuletzt ein 4:2 in Hamburg. Nun steht die Eintracht wieder auf Platz 15, zwei Punkte vor Münster. Und will da auch bleiben.
Das hat sich geändert: In der Winterpause waren die Braunschweiger auf dem Transfermarkt aktiv. Der langjährige Stammkeeper Ron-Robert Hoffmann (26) wurde auf Leihbasis aus Schalke zurückgeholt, der Ex-Lautrer Lennart Grill, der im Hinspiel den Kasten hütete, ist nach Fürth weitergezogen. Hoffmann ist seither, wen wundert's, gesetzt. Ebenfalls aus Schalke liehen sie den ligaerfahrenen Lino Tempelmann (26). Auch er schlug ein: Schon fünf Treffer und eine Vorlage, und das als eher defensiv orientierter Mittelfeldmann. Aus Lautern leasten sich die Löwen bekanntlich Richmond Tachie (25), der zunächst nur als Einwechselspieler zum Zug kam. In den jüngsten drei Partien allerdings stand der schnelle Stürmer stets von Beginn an auf dem Platz, beim 1:1 in Münster und beim 3:2 gegen Paderborn hat er sogar genetzt. Dass Scherning ihn am Samstag bringt, ist recht wahrscheinlich. Der aus den Niederlanden geholte Julian Baas (22) hingegen stagnierte zuletzt. Gegen Paderborn und in Hamburg zog Scherning zog ihm wieder den rustikaleren Robin Krauße (31) vor, der zwischenzeitlich zum Reservisten mutiert war - die Ergebnisse sprechen für sich. Wie konsequent Scherning in dieser Beziehung zu handeln versteht, belegt besonders eindrucksvoll das Beispiel von "Eisen-Ermin" Ermin Bicakcic (35). Der Kapitän saß seit dem 1:5 gegen Hertha nur noch auf der Bank. In Hamburg musste dort mit Fabio Kaufmann (32) noch ein weiterer Routinier Platz nehmen, der bislang als gesetzt galt. Stürmer-Kante Levente Szabó (25) fehlte zuletzt verletzt, soll in Kürze aber wieder zurückkehren.
Gewinner und Verlierer: Unterm Strich gilt immer noch Rayan Philippe (24) als Braunschweigs größter Gewinner dieser Saison. Elf Tore und sechs Vorlagen stehen bei ihm bereits auf dem Konto. Dass er im Falle eines Klassenverbleibs ablösepflichtig wäre, dürfte Interessenten aus der Bundesliga kaum abschrecken, Mainz gilt als heißer Kandidat. Aber: Zuletzt plagte den Franzosen ein Formtief. In Münster und gegen Paderborn saß er zunächst nur auf der Bank, erst in Hamburg durfte er wieder starten - und traf. Aktuell größter Gewinner ist der ehemalige Lautrer Nachwuchsmann Leon Bell Bell (28). Gegen Paderborn kam er von der Bank und erzielte den Siegtreffer, in Hamburg durfte er von Anfang ran - und traf erneut. Gemeinsam mit Philippe und dem zuverlässigen rechten Außenbahnspieler Marvin Rittmüller stand Bell Bell am Montag in der "Kicker"-Elf des Tages. Wir vermuten, er startet auch am Samstag. In den Vordergrund gespielt hat sich zuletzt der junge Max Marie (20), der aus der Zweiten Mannschaft St. Paulis zur Eintracht stieß. Dagegen kamen die ligaerfahrenen Sommer-Neuzugänge Sebastian Polter (35) oder Christian Conteh (25) noch nicht über Reservistenrollen hinaus.
Zahlenspiele: In der Rückrundentabelle belegt Braunschweig aktuell Platz 9. Die Eintracht hat bereits 17 Punkte geholt, nur drei weniger als der FCK. Das sind nach bislang zwölf Spieltagen vier mehr als in der gesamten Hinrunde. Dabei haben sie genauso viele Treffer erzielt (16), aber 16 weniger kassiert. Womit hinreichend belegt sein dürfte, wo der BTSV stärker geworden ist. Der durchschnittliche Ballbesitzanteil hat sich gegenüber der Hinrunde leicht gesteigert, liegt jetzt bei 46 Prozent im Mittel. Die Passpräzision zählt mit 79,7 Prozent weiterhin zu den schwächsten Liga, ist aber auch nichts Ungewöhnliches bei Teams, die nach Ballgewinn sofort den tiefen Ball spielen. Über die gesamte Saison betrachtet, hätten sie nach xGoals sechs Treffer mehr erzielen und vier weniger kassieren müssen. Diese Werte aber haben sich grade in den jüngsten beiden Spielen verschoben. Gegen Paderborn siegten die Braunschweiger 3:2 nach einem xGoals-Ergebnis von 0,97 : 3,41 (Quelle: "bundesliga.de"), in Hamburg 4:2 mit lediglich 1,33 xGoals (HSV: 1,07). Wenn dieser Trend sich am Samstag fortsetzt, sieht's mau aus für den FCK. Spieler mit einem überragenden Skill gibt's eigentlich nur einen: Philippe zählt zu den schnellsten Spielern der Liga. Ordentlich Tempo drauf haben allerdings auch Tachie und Bell Bell, da gegenzuhalten, wird für Lauterns Hintermannschaft prio haben. Winter-Neuzugang Tempelmann weist regelmäßig die stärksten Lauf- und Zweikampfwerte seines Teams auf.
Fazit: Erneut trifft der FCK auf eine Eintracht, die gerade mit einem Sieg über den HSV mächtig Selbstvertrauen getankt hat. Diesmal wirkt die Brust sogar noch breiter. Für den zurückgekehrten Robin Krauße hat sein Team in Hamburg sogar "das beste Spiel in der Fremde" gemacht, "seit ich hier bin". Krauße steht seit 2021 in Braunschweig unter Vertrag. Auch Trainer Scherning hat ein "Top-Spiel" seiner Elf und einen "völlig verdienten" Sieg gesehen: "Wir waren sehr, sehr strukturiert, sind nach Ballgewinnen sofort in die Tiefe gekommen, waren gut gegen und mutig mit dem Ball." Gegen so viel frisch getanktes Selbstbewusstsein müssen die Roten Teufel nach zwei Niederlagen in Folge erstmal ankommen. Dazu gilt es, die Frage zu klären, wo genau der Hebel anzusetzen ist. Die Chancenausbeute zuletzt bei der 1:2-Heimniederlage gegen Nürnberg mag erbärmlich gewesen sein, aber ist sie ein grundsätzliches Problem? Den Analysedaten zufolge eher nicht, da dürfte das FCN-Spiel tatsächlich nur ein Ausreißer gewesen sein. Typen wie Marlon Ritter und Ragnar Ache werden ihre Gelegenheiten auch wieder nutzen. Viel problematischer sind die vielen vermeidbaren Gegentreffer, die sich in den vergangenen Partien häuften. Gegen Nürnberg und Düsseldorf durfte der Gegner zwei Eckbälle in Tore ummünzen, in Magdeburg, aber auch schon in Paderborn fiel auf, dass sich vorm Lautrer Sechzehner immer wieder Anspielstationen finden, auf denen die Kontrahenten unbedrängt schalten und walten können. Markus Anfang hat das Problem erkannt, wie in der Pressekonferenz nach dem FCN-Spiel herauszuhören war. Bei der Frage, ob und wie er da personelle Konsequenzen ziehen wird, blieb er allerdings unkonkret, was so kurz nach dem Abpfiff auch kein Wunder ist. Mal sehen, was ihm unter der Woche so einfällt.
Quelle: Der Betze brennt
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