Beim SC Paderborn trifft der 1. FC Kaiserslautern erneut auf einen Gegner aus der illustren Schar der Aufstiegskandidaten. Konzentrationsschwächen wie zuletzt beim 1:1 gegen Elversberg könnten sich da noch verhängnisvoller auswirken.
So lief's seit dem Hinspiel: Der 3:0-Sieg im Hinspiel am 9. Spieltag leitete für die mäßig gestarteten Roten Teufel die Wende zum Positiven ein. In der vorangegangenen Länderspielpause hatte Trainer Markus Anfang einige taktische Anpassungen auf den Weg gebracht. Erstmals stand Luca Sirch in der Anfangsformation - und startete direkt durch. Die Anfang'sche Spielidee griff von nun an zunehmend besser. Entsprechend positiv gestalteten sich die Ergebnisse, was die Betze-Buben auf den aktuellen Tabellenplatz 3 führte. Doch auch die bis dato ungeschlagenen Paderborner ließen sich von diesem ersten Negativerlebnis nicht aus der Spur bringen. Es folgten fünf Partien, in denen sie elf Punkte holten. Nach einem 3:1 in Elversberg führten sie sogar die Tabelle an. Darauf folgte ein Tief mit nur einem Punkt in vier Spielen. Nach der 1:2-Heimniederlage gegen den Karlsruher SC holte Trainer Lukas Kwasniok in der anschließenden Pressekonferenz zu einem eigenartigen Rundumschlag gegen seine eigenen Spieler und die Vereinsbosse aus. Was viele Beobachter vermuten ließ, der eigenwillige Coach wolle seinen Rausschmiss provozieren, weil der Hamburger SV großes Interesse an seiner Verpflichtung zeigte. Daraus aber wurde nichts. Eine weitere 1:2-Heimniederlage zum Jahresauftakt gegen Hertha BSC ließ befürchten, das Verhältnis zwischen Trainer und Team sei nun nachhaltig gestört. Doch auch dies bewahrheitete sich nicht. In den anschließenden jüngsten fünf Partien blieb der SCP erneut ungeschlagen, holte abermals elf Punkte. Nun rangiert er einen Punkt hinter dem FCK auf Platz 5, könnte mit einem Sieg am Samstag an ihm vorbeiziehen. Die Gerüchte um seinen Coach reißen derweil nicht ab, aktuell wird er als möglicher Nachfolger von Sebastian Hoeneß beim VfB Stuttgart gehandelt. Tja. Lukas Kwasniok mag vielen nicht sehr sympathisch erscheinen, er tut auch von sich aus nicht viel, um gemocht zu werden, fachlich aber ist er in der Branche durchaus angesehen. Das 2:0 vor zwei Wochen gegen den HSV, mit dem er seinem Kollegen Merlin Polzin die erste Niederlage als Cheftrainer zufügte, gilt als eine seiner besonderen taktischen Meisterleistungen.
Das hat sich geändert: Ein mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln zusammengestellter, aber gut strukturierter Kader, junge Spieler mit Potenzial nach oben und für Zweitliga-Verhältnisse technisch hoch ausgereifter Fußball - diesen Markenkern pflegt der SC Paderborn unbeirrt weiter. In der Winterpause holte Sportchef Benjamin Weber Marvin Mehlem (27) nach Deutschland zurück, zunächst auf Leihbasis. Bei Hull City war es für den Feintechniker nicht wirklich gut gelaufen. Dafür hatte er bis Sommer 2024 in Darmstadt gezeigt, was er kann, und an diese Leistungen knüpfte er in Ostwestfalen nahtlos an. Der zentrale Mittelfeldspieler startete bislang in allen Rückrundenspiele, lief beim 1:1 in Hannover auch mal im Sturm auf - halt so 'ne Kwasniok-Idee. Aus Belgien lieh Weber den hochveranlagten Finnen Casper Terho (21). Für den hatte der Trainer ebenfalls direkt Verwendung. Terho komplettiert seither das variable Offensivtriangel, das ebenfalls Markenzeichen des SCP ist. Und aus Bochum holte der Sportchef Torwart-Oldie Manuel Riemann (36), nachdem Pelle Boevink Mitte der Hinrunde seinen Stammplatz verloren hatte und in der Winterpause nach Ingolstadt abwanderte. Etwa als Backup für Boevink-Nachfolger Markus Schubert (26)? Nö. Auch der alte Riemann rückte direkt in die Startelf. Auch wenn er zwischenzeitlich wegen einer Rot-Sperre mal drei Spiele pausierte.
Gewinner und Verlierer: Was sich schon vor dem Hinspiel Mitte der Hinrunde andeutete, hat sich mittlerweile manifestiert. Der ablösefrei von Drittligist Essen geholte und auch in Lautern noch bestens bekannte Felix Götze (26) ist einer der große Glücksgriffe des SCP in dieser Saison. Das bestätigt auch die aktuelle "Kicker"-Rangliste, in der der zentrale Innenverteidiger als "herausragend" auf Platz 1 eingestuft ist. Ebenfalls in seiner Rubrik ganz vorne steht der linke Außenbahnspieler Aaron Zehnter (20). Wohl eines der nächsten Talente, die demnächst dem Ruf finanzstärkerer Vereine in höheren Sphären folgten. Ähnlich ergehen könnte es Santiago Castañeda (20), der trotz seiner Jugend auf der Sechs bereits gesetzt ist. Und an Offensivtalent Ilyas Ansah (20) baggert Eintracht Frankfurt dem Vernehmen nach bereits sehr heftig. Ansah bildet zurzeit zusammen mit Filip Bilbija (24) und Terho das besagte Offensivtrio. Dadurch kam der erfahrene Sven Michel (34) etwa nur noch von der Bank. Wegen fehlender Perspektive in der Winterpause abgewandert sind neben Keepr Boevink Stürmer Koen Kostons, Allrounder David Kinsombi, Innenverteidiger Visar Musliu und Flügelspieler Mika Baur. Stürmerkante Felix Platte fehlt schon seit einer Weile verletzt. Stamm-Innenverteidiger Calvin Brackelmann (25) erlitt im HSV-Spiel einen Muskelbündelriss, wurde beim 0:0 in Regensburg von Tjark Scheller (23) vertreten, der sich aber die fünfte Gelbe Karte abholte. Gegen den FCK könnte daher Laurin Curda (23) neben Götze und Marcel Hoffmeier (25) die Dreier-Abwehrkette komplettieren. Aber wer vermag schon vorherzusagen, was ein Lukas Kwasniok sich so ausbaldowert?
Zahlenspiele: Der Mutmacher für alle FCK-Freunde schonmal vorweg - die Paderborner punkten auswärts besser als zuhause, haben schon viermal vor eigenem Publikum verloren. Nur 39 Treffer stehen bislang auf ihrem Konto, das ist vergleichsweise wenig für ein Topteam. Allerdings: Der 1. FC Köln hat einmal weniger getroffen - und ist Tabellen-2. Augenscheinlich fehlt ein Knipser. Die besten Torschützen haben grade mal sechs Buden auf dem Konto. Das sind Bilbija und, interessanterweise, der Teilzeitarbeiter Adriano Grimaldi (33), der bislang erst fünf Starfelf-Einsätze verzeichnet. Wenn der von der Bank kommt, ist also Vorsicht geboten. Die Kopfballschwäche, die dem Team bis vor Kurzem noch nachgesagt wurde, hat es abgestreift. In dieser Runde hat es schon neun Treffer aus der Luft erzielt, das ist Rang 5 im Ligavergleich und deutlich besser als Lautern (5). Sieben Stück haben sie per Kopf kassiert, da sind sie mit dem FCK gleichauf. Mit erst 29 Gegentreffern stellen die Paderborner die zweitbeste Hintermannschaft nach Hannover (25). Und mit Oldie Riemann im Tor haben sie erst einen Treffer kassiert, das 0:1 bei ihrer 1:2-Niederlage in Fürth. Als der zweite Treffer fiel, hatte Riemann bereits Rot gesehen. Sie schlagen die meisten Flanken aus dem Spiel heraus, wofür vor allem Zehnter verantwortlich ist, der schon acht Treffer vorbereitet hat. Klassenbeste sind sie in den Laufdisziplinen "gelaufene Kilometer insgesamt" und "intensive Läufe." Was ihr Pressingverhalten angeht, rangieren sie knapp hinter dem FCK. Sie lassen im Schnitt 11,44 "Passes per defensive Action" (PPDA) zu, die Lautrer nur 10,67.
Fazit: Hand aufs Herz, das 3:0 im Hinspiel sieht auf dem Papier deutlicher aus, als es tatsächlich war. Den frühen Führungstreffer ermöglichte ein kapitaler Bock von Keeper Boevink. Die übrigen Treffer fielen erst in den Schlussminuten, in der Zwischenzeit war der spielstarke Gast schwer am Drücker. Auch beim 2:1-Auswärtssieg der Roten Teufel im vergangenen Jahr war Paderborn die längste Zeit über spielerisch überlegen. Die Betze-Buben hatten eben das berühmte Momentum für sich. Wenn diesmal die Binsenweisheit greift, dass sich im Fußball alles ausgleicht, erwartet die Roten Teufel also nichts Gutes. Was sich dagegen tun lässt? Über 90 Minuten plus Nachspielzeit konzentriert mannschaftliche Geschlossenheit bewahren, sich keine Nachlässigkeiten erlauben wie vor dem 1:1 gegen Elversberg. Marlon Ritter wird eine Gelb-Sperre absitzen. Dafür könnte Daisuke Yokota wieder fit sein, die Wunde am Fuß ist verheilt und er steht wieder auf dem Platz. Wenn es für Samstag reicht, dürfte der Japaner weiter vorne agieren, während Daniel Hanslik die Rolle von "MR7" übernimmt. Im Grunde ist das nichts Neues: Nach der Zäsur in der Hinrunde, die das Paderborn-Spiel einleitete, fehlte Ritter öfter, kam einige Wochen lang nur von der Bank - und die Ergebnisse stimmten dennoch. Ritters Fehlen muss sich also nicht zwingend negativ auswirken.
Quelle: Der Betze brennt
Weitere Links zum Thema:
- Samstag, 13:00 Uhr: Hat Lautern eine Spitzenspiel-Krise? (Der Betze brennt)