Pokalduell zwischen Dritter und Zweiter Liga? Da geht's nicht um "Klassenunterschiede". Beim FC Ingolstadt läuft's vorne und hinten noch nicht rund - ebenso beim 1. FC Kaiserslautern. Am Samstag heißt's für beide: besser werden.
Anspruch und Wirklichkeit: 2022 haben sich die "Schanzer" aus der Zweiten Liga verabschiedet. In der Spielzeit darauf standen sie zum Jahreswechsel auf Rang 4, am Ende aber auf Platz 11. Vergangene Saison tasteten sie sich ebenfalls auf Rang 4 vor, endeten jedoch auf Platz 10. Entmutigt sind die Oberbayern nach diesen Erfahrungen nicht: "Wir wollen unter die ersten drei, das ist unser Ziel", erklärte Geschäftsführer Dietmar Beiersdorfer beim Fanfest zum Saisonauftakt, stellte aber gleich klar, dass nicht er es sei, der so hohe Ansprüche stellt: "Das kommt auch aus der Mannschaft". Das Selbstbewusstsein erstaunt insofern, als dass der Tabellen-10. der Vorsaison auf dem Transfermarkt keinen großen Sprünge machte, dafür aber Federn ließ: Drittliga-Torschützenkönig Jannik Mause spielt jetzt bekanntlich beim Pokalgegner des kommenden Samstags, beim FCK. Drum ist es auch wenig verwunderlich, dass außerhalb Ingolstadts kaum jemand den Audi-Klub als Aufstiegskandidaten sieht. In der alljährlichen Trainer-Umfrage von "Liga3-Online.de" zählt ihn nur Osnabrücks Uwe Koschinat zu den ersten Drei. Immerhin aber ging außer Mause kein Stammspieler, die Ingolstädter gehen also mit einem eingespielten Team ins Spieljahr. Und auch auf der Trainerbank gab es im Sommer keinen Wechsel: Sabrina Wittmann, die den Job bereits zum Saisonfinale 2023/24 interimsweise übernahm, ist nun dauerhaft installiert und damit der erste weibliche Chefcoach im bezahlten Profifußball - Marie-Louise Eta von Union Berlin war's nur zwischenzeitlich. Zum Saisonauftakt schlugen die Ingolstädter den Waldhof mit 2:1, in der Woche darauf unterlagen sie Unterhaching mit 1:2. Es war die erste Niederlage im siebten Pflichtspiel unter Wittmanns Regie.
Die Neuen: Mögliche Mause-Nachfolger sehen Wittmann und Beiersdorfer in Dennis Borkowski (22) und Tim Heike (24). Borkowski gehörte eigentlich Rasenballsport Leipzig, war vor seinem Transfer nach Ingolstadt aber bereits zwei Jahre an Markus Anfangs Ex-Klub Dynamo Dresden ausgeliehen und deutete dort mit 15 Treffern und neun Assists Offensivpotenzial an. Heike hat vergangene Saison in der Regionalliga Nordost Energie Cottbus mit 21 Treffern zum Aufstieg in die 3. Liga verholfen. Von Eintracht Frankfurt liehen die "Schanzer" den albanischen Keeper Simon Simoni (20). Aus der Zweiten Mannschaft des VfB Stuttgart kam Außenverteidiger Mattis Hoppe (21), vom Reserveteam des FC St. Pauli der linke Außenbahnspieler Niclas Dühring (20).
Die Formation: Sabrina Wittmann setzt auf ein 4-4-2 als Grundordnung. Stammkeeper Marius Funk (28) ist in den ersten beiden Saisonspielen dem talentierten Simoni vorgezogen worden. Mal sehen, ob das auch im DFB-Pokal so bleibt, im Bayern-Pokal gegen den TSV Lohr (11:0) durfte Simoni ran. Ansonsten gibt's einige Wiedersehen mit Kickern, die FCK-Fans noch aus Drittliga-Zeiten kennen. Sechser Lukas Fröde (29) etwa, der schon in Würzburg, Duisburg, Karlsruhe und Rostock aktiv war und nun in Ingolstadt Kapitän ist. Der starke rechte Flügelspieler David Kopacz (25) - wer ihn noch von seinen Auftritten für Würzburg in Erinnerung hat, wird sich vielleicht wundern, dass er immer noch 3. Liga spielt. Innenverteidiger Simon Lorenz kickte einst in der Zweiten Liga mit Holstein Kiel gegen die Roten Teufel. Sturmveteran Pascal Testroet (33) lief schon mit Dresden, Aue und Sandhausen gegen Lautern auf. Den Platz an seiner Seite hat in den ersten beiden Liga-Spielen der spielstarke Borkowski eingenommen, der gemeinsam mit Linksverteidiger Dühring auch der einzige Neue in der Startelf war. Ausfallen wird am Samstag das vielversprechende Eigengewächs Felix Keidel (21), das sich zum Saisonauftakt gegen Mannheim am Oberschenkel verletzte. Seinen Platz an der Seite von Fröde nahm zuletzt mit Max Plath (19) ein weiteres Talent aus der eigenen Jugend ein. Zwei Ex-Lautrer sind ebenfalls in Ingolstadt gelandet: Linksfuß Max Dittgen kam in beiden Liga-Spielen von der Bank - gegen Mannheim bereitete er mit einer Freistoßflanke den 2:1-Siegtreffer vor. Leon Guwara hat es nach einer Muskelverletzung, die er auf der Zielgerade der letzten Saison erlitt, noch nicht wieder in den Spieltagskader geschafft.
Zahlenspiele: Nach "expected Goals", also qualitativ bewerteten Torchancen, siegte der FCI gegen Haching 1,16 : 1,12, verlor im richtigen Leben aber 1:2. Gegen Mannheim unterlagen er sage und schreibe 0,93 : 2,81 nach xG, gewann tatsächlich aber 2:1. Will sagen: Beide Spiele hätten auch andersrum ausgehen können. Ähnliches ließe sich auch über die beiden ersten Pflichtspiele des FCK, der die beiden Partien, aus denen er vier Punkte holte, auch beide hätte verlieren können. Im Haching-Spiel wurmte die Ingolstädter zudem eine Schiedsrichter-Entscheidung: dem 0:1 ging ein Freistoß voraus, der nie und nimmer hätte gepfiffen werden dürfen. Durch das xG-Ergebnis von Mannheim zählt der FC statistisch zu den Top 3 der Drittligisten, die die meisten Torchancen zulassen. Ob das aber nach zwei Spielen schon was aussagt? Auffallend ist die Aggressivität der Oberbayern: Im Schnitt ließen sie bislang nur 6,61 "Passes per defensive Action" (PPDA) zu, ehe sie attackierten. Das ist Stand jetzt Liga-Spitze. Lautern rangierte in diesem Ranking zu Schuster-Zeiten bekanntlich meist am Tabellenende. Unter Anfang belegt man in dieser Saison bislang einen Platz in der oberen Hälfte. Im Schnitt gestatteten die Roten Teufel dem Gegner 10,75 Pässe bis zum ersten Störversuch.
Fazit: Vor DFB-Pokal-Duellen zwischen Zweiter und Dritter Liga über "Klassenunterschiede" zu babbeln, wäre übertrieben, erst recht zu diesem Zeitpunkt. Beide Mannschaften haben nach den ersten beiden Pflichtspielen gezeigt, dass sie noch Luft nach oben haben, sowohl, was ihr Spiel nach vorne als auch nach hinten angeht. Die Spielanlage der "Schanzer" dagegen ist eingeschliffener, die Anfang-Anfänger dagegen mussten seit Saisonbeginn viel Neues lernen. Ob in den Startelf-Besetzungen zum Pokalspiel gegebenenfalls rotiert wird, wird wohl in beiden Lagern diskutiert - als zwingend notwendig erachten dürften es beide Trainer nicht, die Partie ist ja nicht in einer Englischen Woche angesetzt. Den Lautrer Anhang beschäftigen bestimmt Fragen der Offensivbesetzung: Wird Ragnar Ache erstmals wieder in der Startelf stehen? Antwort: Nein, denn der Stürmer sagt ja selbst, dass es erstmal nur für 20 Minuten reicht - was auch zu berücksichtigen wäre bei einer Einwechslung im Falle einer drohenden Verlängerung. Kehrt Kenny Redondo zurück? Steht noch nicht fest, aber der Flügelstürmer macht Fortschritte. Wichtiger wäre jedoch, erst einmal das Defensivverhalten des Teams weiter zu verbessern: Da böte sich der Einsatz von Jan Gyamerah auf der rechten Verteidigerseite an. Auch der in der Liga gesperrte Almamy Touré ist im Pokal spielberechtigt und somit ein Kandidat für die Abwehrreihe. Coach Anfang hat sich nach dem 2:2 gegen Fürth mal ein "zu null" gewünscht. Das sollte in Ingolstadt Priorität haben.
Quelle: Der Betze brennt
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