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"Zum Greifen nah": Teufel zwischen Wehmut und Stolz


Der 1. FC Kaiserslautern schnuppert beim 0:1 im DFB-Pokal-Finale gegen Bayer Leverkusen an der Sensation. Gemischt ist entsprechend die Stimmungslage bei Funkel, Zimmer, Ritter und Co. - unterm Strich überwiegt aber der Stolz.

Funkel: "Wir sind an unsere Grenze gestoßen"

"Wir haben allen Grund zu feiern. Es war ein unglaubliches Gefühl, vor der Kurve bejubelt zu werden, in die Gesichter unserer Fans zu schauen", sagte Trainer Friedhelm Funkel nach der Niederlage gegen den Deutschen Meister, die durch einen Sonntagsschuss von Granit Xhaka letztlich viel knapper ausfiel als von fast allen Experten im Vorfeld vorhergesagt. Profitiert haben die Roten Teufel natürlich von der langen Überzahl, nachdem der Leverkusener Odilon Kossounou in der Schlussphase der ersten Halbzeit mit Gelb-Rot vom Platz gestellt wurde. Der Kritik, seine Mannschaft habe es im zweiten Durchgang und mit einem Mann mehr etwas an Mut vermissen lassen, trat Funkel dennoch entgegen: "Auch gegen eine Mannschaft in Unterzahl ist es sehr schwer Fußball zu spielen, gerade wenn sie solche Weltklassespieler wie Leverkusen in den Reihen hat. Wenn dann einer erwartet, dass wir Druck machen und den Gegner an die Wand spielen müssen, dann hat er keine Ahnung vom Fußball. Der Gegner hat nur darauf gewartet, das zweite und dritte Tor zu machen. Wir haben das sehr diszipliniert gemacht. Das war genau das, was ich wollte. Wir dürfen nicht vergessen, wo wir herkommen. Wir haben es nicht geschafft, häufiger die Seite zu wechseln. Aber ich weiß auch, wie schwer das ist mit einer Mannschaft wie unserer gegen Leverkusen. Da sind wir auch an unsere Grenze gestoßen. Der Gegner hat aber schon gemerkt, dass ein Fehler zum Ausgleich führen kann."

Zolinski: "... dann wäre das Stadion mal kurz hochgeflogen"

Gerade der Gedanke, was mit nur einem Treffer im Endspiel möglich gewesen wäre, beschäftigte Funkels Spieler nach der Partie noch sehr. "Im Moment überwiegt bei mir das Gefühl, dass etwas mehr drin war. Als wir in Überzahl gespielt und gemerkt haben, dass so viel drin war, hat uns das vielleicht sogar ein bisschen gehemmt. Wir hatten schon ein, zwei Chancen. Aber die müssen an so einem Tag dann einfach drin sein. Es muss dann vieles zusammenpassen. Ich bin trotzdem stolz auf die Mannschaft, wie wir uns verkauft haben. Wir haben gegen die beste Mannschaft in Deutschland gespielt. Wenn wir das 1:1 gemacht hätten - es hat ja so schon gebrannt bei uns in der Kurve, aber dann wäre das Stadion mal kurz hoch geflogen und hätte uns den Rest des Spiels getragen. Aber dieser Moment ist leider ausgeblieben", sagte Ben Zolinski.

Ähnlich äußerte sich Marlon Ritter: "Wenn wir 5:0 verlieren, dann wäre es fast nicht so schlimm. So war mehr drin, als vorher alle erwartet haben. Wir haben Leverkusen lange geärgert. Bayer hat trotz der Unterzahl sehr gut verteidigt, immer Ruhe, immer eine Lösung gehabt. So kamen wir nicht zu den besten Chancen, bis auf den Schuss von Ragnar [Ache]. Man hat schon gesehen, dass Leverkusen viel besser ist. Aber wenn man nur 0:1 verliert, ist man trotzdem traurig."

Zimmer: "Stolz, so etwas mit meinem Verein erlebt zu haben"

Kapitän Jean Zimmer erklärte: "Der Stolz über das Erreichte kommt wahrscheinlich erst die nächsten Tage, weil es zum Greifen nah war. Wir haben es geschafft, wenig Torchancen zuzulassen. Im Moment tut es mehr weh, als ich vor dem Spiel dachte. Wir haben einen Feiertag für die Pfalz versprochen. Ich glaube, jeder Einzelne hat den Feiertag so erlebt und genossen. Vor den Fans können wir nur den Hut ziehen, wenn man weiß wieviel Arbeit, Zeit und Geld in so eine Choreo fließt. Umso bitterer, dass wir sie nicht dafür belohnen konnten. Aber wir haben gegen den Deutschen Meister gespielt. Wir wussten, wenn wir zu offen stehen, fällt vielleicht nach 50 Minuten das 0:2, nach 55 Minuten das 0:3. Ins offene Messer wollten wir nicht reinlaufen. Aber gefehlt hat nichts. Es macht mich stolz, so etwas mit meinem Verein erlebt zu haben - und das noch als Kapitän."

Die wahnsinnige Stimmung der rund 35.000 FCK-Fans unter den knapp 75.000 Zuschauern im Olympiastadion begeisterte auch Geschäftsführer Thomas Hengen, der auch einige Sätze zur ausgiebig eingesetzten Pyrotechnik verlor: "Die Fans haben eine super Choreo abgerissen. Wir sind schon fast die ganze Woche in Berlin und haben gesehen, wie viele Fans da waren. Der Support war riesig. Ich hoffe, es wird nicht allzu teuer. Wir müssen uns da etwas einfallen lassen. Ich glaube, wir müssen das auch mit der DFL und dem DFB mal besprechen. Ich glaube nicht, dass es so weitergehen kann, dass der Verein immer zur Kasse gebeten wird. Die Choreo war toll. Und auch Bengalos in einem gewissen Rahmen, aber es war schon sehr viel, auch die Schießerei der Raketen. Und wenn ein Spiel unterbrochen werden muss, dann ist die Strafe natürlich höher."

Elvedi: "Ich hatte durchgehend Gänsehaut"

"Die Unterbrechung ist für uns kein Problem", relativierte Jan Elvedi die durch die Lautrer Pyroshow ausgelöste kurze Pause direkt nach Wiederbeginn und brachte die Emotionen aller Roten Teufel an diesem denkwürdigen Wochenende in wenigen Sätzen noch einmal auf den Punkt: "Wenn ein paar Tage verstrichen sind, realisieren wir, was wie in dieser Saison im Pokal gerissen haben. Wir können stolz auf uns sein. Niemand hat uns da erwartet, aber trotzdem standen wir im Finale. Ich hatte durchgehend Gänsehaut. Es war so laut, ich habe kaum etwas gehört. Das hat so Bock gemacht. Die Fans können stolz sein, was sie abgeliefert haben. Dieses Endspiel war für jeden Spieler das Highlight der Karriere."

Quelle: Der Betze brennt

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