Sie stehen in der Tabelle nebeneinander, starten aber mit unterschiedlichen Ansprüchen ins Jahr. Der 1. FC Kaiserslautern will weiter gegen den Abstieg punkten, Hannover 96 nochmal ganz oben angreifen. Am Samstag geht’s gegeneinander.
So lief’s seit dem Hinspiel: Nach der 1:2-Auftaktniederlage im Fritz-Walter-Stadion mussten die 96er bis zum 4. Spieltag warten, ehe ihnen der erste Dreier glückte. Worauf direkt drei weitere Siege folgten. Seither punkten die Niedersachen ordentlich und werden ihrem Anspruch, um die Aufstiegsplätze mitzuspielen, einigermaßen gerecht. Aktuell stehen sie auf Rang 5, ein Punkt hinter dem FCK. Und das ist zumindest angesichts der internen und bisweilen abstrusen Kämpfe, die sich in ihrer Führungsetage abspielen, erstaunlich. Offenbar gelingt es dem Trainerteam, den Knatsch von der Mannschaft fernzuhalten. Interessant: Im Lauf der Hinrunde verabschiedete sich Coach Stefan Leitl von seiner bevorzugten Grundordnung, dem 4-4-2 mit Raute, und lässt nunmehr in einem 3-4-1-2 agieren. Damit entsprach der Trainer, wie zu lesen war, einem Wunsch, den die Mannschaft an ihn herangetragen hatte. Als vorteilhaft sah sie insbesondere die Doppel-Sechs an, die diese Formation vorsieht. Sie sollte dem Defensivverband mehr Sicherheit geben, was sich auch bestätigte. Mit erst 18 Gegentreffen stellt Hannover gegenwärtig die zweitbeste Abwehr der Liga. Acht Gegentore fielen in den fünf Spielen, in denen Leitl noch mit Viererkette und Raute operieren ließ.
Gewinner und Verlierer: Änderungen in der Grundformation, die zu Saisonbeginn noch nicht vorgesehen waren, sorgen meist auch für Verschiebungen in der Kaderhierarchie. So auch in Hannover. Profitiert von der Umstellung hat vor allem Max Besuschkow, der auf der Doppel-Sechs nun den Part des Aufbauspielers übernommen hat. Zuvor war der Deutsch-Russe nicht richtig ins Spiel gekommen, nachdem er im Sommer aus Regensburg an die Leine gewechselt war. Die 96er konnten ihn ablösefrei verpflichten, ein echtes Schnäppchen angesichts eines Marktwerts von zwei Millionen Euro, den er zwischenzeitlich erreicht hatte. Dagegen spielt der bundesligaerfahrene Louis Schaub nicht annähernd die Rolle, die sich die Verantwortlichen bei seinem Transfer vom 1. FC Köln im Sommer erhofften. Ebenfalls außen vor ist mittlerweile der Ex-Wolfsburger Sebastian Stolze. Gleiches gilt für den ehemaligen Lautrer Sebastian Kerk, dem nach der vorangegangenen Saison noch nachgesagt worden war, es sei die beste seiner Karriere gewesen. Ein Wechsel Kerks im Winter wurde unlängst mal dementiert, scheint aber noch nicht ganz vom Tisch.
Starke Mittelachse: Der international erfahrene Ron-Robert Zieler im Tor, die robusten Phil Neumann und Julian Börner in der Innenverteidigung, der starke Balleroberer Fabian Kunze auf der Sechs, der smarte Harvard Nielsen auf der Zehn und vorne der wie Nielsen schon sieben Mal erfolgreiche Stürmer Cedric Teuchert - sie schaffen nach wie vor eine stabile Achse, die Hannovers Aufstiegsambitionen realistisch erscheinen lässt. Dazu kommen die Außenbahnspieler Sei Muroya und Derrick Köhn, die beide wiederholt schon als Vorlagengeber in Erscheinung getreten sind und auch wieder in die aktuelle "Kicker"-Rangliste Einzug gehalten haben. In der Winterpause nachhaltig auf sich aufmerksam gemacht hat der erst 18-Jährige Nachwuchsstürmer Nicolo Tresoldi, der den in der Hinrunde nicht immer überzeugenden Maximilian Beier aus der Startelf drängen könnte.
Hoch stehen bleibt Stilmittel: Auch wenn sich die Grundformation geändert hat - ihrer Vorgehensweise, hoch zu stehen und früh zu attackieren, bleiben die Niedersachsen treu. Zwar experimentierte Leitl in den jüngsten Testspielen auch mal mit einer etwas zurückgezogeneren Gangart, war mit den Ergebnissen aber nicht zufrieden. Der forsche Auftritt spiegelt sich auch in Zahlen wieder. Die Hannoveraner gestatten ihren Gegnern im Schnitt nur 8,87 Zuspiele, ehe sie ihn attackieren, das ist der drittbeste Wert der Liga. Lautern dagegen steht in diesem Ranking bekanntlich auf dem letzten Platz, kam damit aber, wie das aktuelle Tabellenbild zeigt, bestens klar. Zudem sind die 96er Spitze im Bälle-Abfangen: Im Schnitt gelingt ihnen das 43,53 Mal pro Spiel, das ist zweitbester Wert der Liga, der FCK ist da nur Mittelmaß. Allzu forsch zu attackieren, kann aber auch anfällig für eigene Fehler machen. Hannover leistet sich die meisten Ballverluste der Liga, im Mittel 110,38 pro Spiel. Da könnten Dirk Schusters Jungs ihre Stärken im Umschaltspiel ausspielen. Und sollten dabei daran denken: Die Roten aus Hannover gestatten ihren Gegnern die meisten Torschüsse in der Liga, und nach "xGoals against" müssten sie bereits zehn Treffer mehr kassiert haben als tatsächlich in der Tabelle stehen. Sie müssen also nur die Realität der Statistik anpassen.
Fazit: Seien wir ehrlich - das Hinspiel gewann der FCK glücklich, durch einen Lucky Punch von Kevin Kraus in der Nachspielzeit. Schusters taktischer Winkelzug, den linken Außenbahnspieler - zunächst Ben Zolinski, später Kenny Redondo - im Spiel gegen den Ball neben Terrence Boyd rücken zu lassen, um vorne mit zwei Mann den gegnerischen Abwehrspielern die Passwege zuzustellen, setzte den Hannoveranern in Hälfte eins schwer zu, nach der Pause aber kontrollierten sie das Spiel zunehmend und kamen folgerichtig zum Ausgleich. Im nun anstehenden Auswärtsspiel werden die Lautrer es wohl auf Balleroberungen weiter hinten im Feld anlegen, so, wie es bei ihnen im Lauf der Vorrunde gute Sitte geworden ist. Ebenso wichtig wird sein, dem frühen Pressing der 96er zu begegnen. Im Klartext: In Bedrängnis nicht jeden Ball aus der Abwehr nach vorne hauen, sondern auch mal den kurzen Weg durch die erste Pressinglinie suchen. Da wird Neuzugang Nicolai Rapp gefragt sein, der als sicherer Passspieler gilt und wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit für Julian Niehues oder aber für Marlon Ritter in die Startelf rutscht, der in der Januar-Vorbereitung die meiste Zeit ausgefallen war. Denkbar ist auch, dass Zehner Phillip Klement sich bei Ballbesitz wieder zurückfallen lässt, um sich fürs Aufbauspiel aus der Abwehr anzubieten. So wurde es zum Jahresausklang auch schon im Heimspiel gegen den Karlsruher SC erfolgreich praktiziert.
Quelle: Der Betze brennt
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