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Gegner-Check Paderborn:

Gegner-Check Paderborn: "Cabeza, Corazon, Cojones"

Foto: Imago Images

Die bisherigen Heimspiel-Gegner des 1. FC Kaiserslautern mögen namhafter gewesen sein. Dennoch dürfte der SC Paderborn der bislang härteste Brocken sein, der ins Fritz-Walter-Stadion kommt. Ein Geheimfavorit, der so geheim gar nicht mehr ist.

Die Tormaschinen: Nach dem spektakulären Durchmarsch von Liga drei in Liga eins zwischen 2017 und 2019 und dem anschließenden direkten Wiederabstieg hat sich der SC Paderborn mit einem neunten und einem siebten Rang in Liga zwei etabliert. Bislang deutet einiges darauf hin, dass diese Saison ein weiterer Schritt nach vorn anstehen könnte. Der Karlsruher SC und Hannover 96 wurden 5:0 und 4:2 besiegt, im DFB-Pokal wurde Oberligist Wernigerode gar mit 10:0 vom Platz gefegt. Nur bei Fortuna Düsseldorf unterlagen die Westfalen unglücklich mit 1:2. Trainer Lukas Kwasniok bezeichnet seinen aktuellen Kader als "der stärkste, mit dem ich bisher gearbeitet habe."

Der Besessene auf der Bank: Wer auch immer wo auch immer die Nachfolge einer Trainer-Legende antreten muss - er scheitert meist. Nicht so Kwasniok, der den Durchmarschtrainer Steffen Baumgart beerben musste. Der einstige Coach des 1. FC Saarbrücken überzeugt nun schon im zweiten Jahr mit nahezu den gleichen Attributen wie der heutigen Übungsleiter des 1. FC Köln: Versessen auf anspruchsvollen Fußball, mitreißend bei seinen Ansprachen und akribisch bis zur Nerdigkeit. "Mir geht es darum, die Ich-AG's zu bremsen", definiert der gebürtige Pole in einem aktuellen "Kicker"-Interview seinen Selbstanspruch an Mannschaftsführung - und was er von seinen Spielern verlangt, formuliert er der Alliteration wegen auf Spanisch: "Cabeza, Corazon, Cojones." Zu deutsch: "Hirn, Herz, Eier." Da dachte ein Oliver Kahn einst eindimensionaler, buchstäblich.

Die unendlichen Variablen: Erinnert sich noch jemand an das 4:1 des FCK gegen Carl Zeiss Jena im März 2019? Da verwirbelte Kwasniok als Jena-Trainer nach ungefähr 20 Minuten komplett seine Startformation, um in Sascha Hildmanns Elf Verwirrung zu stiften. Der bisherige Innenverteidiger René Eckhart etwa tauchte plötzlich im Sturm auf, was Jena die kurzzeitige 1:0-Führung ermöglichte. Diese Variabilität verlangt Kwasniok auch von seinen Spielern in Paderborn: Robert Leipertz, Neuerwerbung aus Heidenheim und eigentlich Mittelfeldspieler, musste schon als Stürmer ran, Stürmer Dennis Srbeny bereits als Achter ackern, Florent Muslija, laut "Kicker"-Rangliste in vergangenen Runde einer herausragenden Außenbahnspieler der Liga, taucht oft in der Mittelfeldzentrale auf. Die Liste ließe sich noch fortsetzen.

Die unbekannte Qualität: Hat schon mal jemand den Namen Jasper van der Werft gehört? Der rechte Innenverteidiger in Jenas 3-5-2 verzeichnete in der vergangenen Spielzeit eine Passquote von 92,58 Prozent. Ein fast unglaublicher Wert für die Zweite Liga. Und Julian Justvan? Laut "Kicker"-Rangliste nur ein "auffälliger" defensiver Außenbahnspieler., Doch taucht der immer auch mal vorne auf, gibt kluge Vorlagen, trifft selbst - und trägt die "10" vielleicht gar nicht mal zu unrecht. Will sagen: Paderborn verfügt über einiges an Klasse, die im Mainstream der Fußball-Interesses noch gar nicht angekommen ist.

Platte oder Pieringer? Als Zentrumsstürmer beim SCP ist der ligaerfahrene Felix Platte eigentlich gesetzt. Im Pokal durfte ihn Marvin Pieringer mal vertreten - und traf vier Mal. Was der Schalke-Leihgabe den Startplatz fürs Hannover-Spiel sicherte, Platte wurde später eingewechselt. Am Ende hatten beide getroffen. In Lautern hat Kwasniok nun die Qual der Wahl. Dass beide nebeneinander auflaufen, ist unwahrscheinlich. Der zweite Stürmerplatz im 3-5-2 dürfte dem schnellen Sirlord Conteh vorbehalten sein, der Neuerwerbung aus Magdeburg.

Vom Bezwinger lernen: Wie hat Düsseldorf es eigentlich geschafft, Paderborn zu schlagen? Zum einen wurde den Fortunen die Gnade eines frühen Tores zuteil, bei dem sich die Ostwestfalen regelrecht übertölpeln ließen: Shinta Appelkamp durfte Dawid Kownacki mit einem Vertikalpass zwischen zwei Innenverteidigern hindurch auf die Reise schicken, wie ihn Profiteams nur selten zulassen. Zum anderen mit gnadenloser Effizienz: Nach xGoals endete die Partie 1,01 : 1,10 für Paderborn. Viel los war also vor den beiden Toren nicht, die Gäste hatten von dem bisschen sogar noch ein bisschen mehr - und kassierten dennoch zwei Stück. Auch gegen Hannover musste Paderborn einen frühen Gegentreffer hinnehmen, der allerdings, wie auch die spätere 2:1-Führung der 96er, ins Kuriositäten-Kabinett gehört. Dennoch: Anfälligkeit für frühe Gegentore könnte ein Schwachpunkt bei den Gästen sein. Wie überhaupt ihre Defensivleistungen nicht ganz so respekteinflößend sind wie ihre offensiven. Allerdings vermag Kwasniok auch in diesem Punkt fix zu reagieren. In Düsseldorf etwa formierte er in der Halbzeit seine Dreierkette neu, ließ van der Werft und Daniel Heuer die Positionen tauschen, was prompt zu mehr Stabilität führte.

Fazit: Wir lehnen uns jetzt mal aus dem Fenster und sagen: Mit dem SC Paderborn trifft der FCK am Freitagabend auf seinen bisher schwersten Gegner dieser Zweitliga-Saison. Aber: Frühe Treffer sind den Schuster-Jungen schon gegen Hannover und St. Pauli geglückt - mit einem dritten gegen das Kwasniok-Team wären für sie also aller guten Dinge drei. Und sonst? Gegen St. Pauli mag die zurückgezogene Spielanlage über weite Strecken vielleicht nicht unbedingt nötig gewesen sein, gegen diesen Gast dürfte sie, angesichts seiner Offensivstärke, ernsthaft in Erwägung zu ziehen sein. Und dann wäre natürlich die Effizienz wünschenswert, die Düsseldorf an den Tag gelegt hat. Mit einer solchen aber haben die Roten Teufel bislang nicht gerade geglänzt.

Quelle: Der Betze brennt

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- Freitag, 18:30 Uhr: Bühne frei für die Bastion Betze (Der Betze brennt)

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