Uff e Wort: Niemand verkörpert den 1. FC Kaiserslautern derzeit so wie Jean Zimmer. Im DBB-Interview blickt der Kapitän auf emotionale vier Monate zurück und erzählt, warum ein gemeinsamer Moment mit Hendrick Zuck besonders schlimm war. Außerdem haben wir ihn natürlich nach seiner Zukunft gefragt.
Von den Lesern der "Rheinpfalz" wurde er zum Spieler der Saison gewählt, und auch die FCK-Fans auf DBB sehen ihn weit vorne. Eine Ehrung und zugleich Anerkennung, die Jean Zimmer sehr freut: "Das bedeutet mir wahnsinnig viel und macht mich unglaublich glücklich. Es ist eine Wertschätzung und eine Genugtuung für das, was ich riskiert habe." Die letzte Zeit ist nicht einfach gewesen, seine Frau Sara mit Töchterchen Charlotte in Düsseldorf, er allein in Kaiserslautern. Jean ist einerseits immer noch der alte, FCK’ler durch und durch, und dennoch hat er sich mit mittlerweile 27 Jahren verändert. "Früher war ich jung und wild, heute bin ich erwachsen und reifer. Sowohl von der Spielanlage her als auch in meinem Auftreten neben dem Platz. Ich bin cleverer geworden, weil ich gewisse Dinge mittlerweile spielerisch besser löse. Aber wenn ich zum Beispiel an einen Zweikampf im Derby gegen Saarbrücken denke, den ich vor der gegnerischen Trainerbank geführt habe, da wäre wahrscheinlich ein voller Betze explodiert", erzählt Zimmer, der gemeinsam mit seinem Vater nach wie vor eine Dauerkarte fürs Fritz-Walter-Stadion besitzt.
Drei Fragen und drei Antworten mit Jean Zimmer:
Der Betze brennt: Jean Zimmer, die Saison ist zu Ende, der Klassenerhalt eingetütet. Hinter Dir und uns allen liegen sehr emotionale Monate. Für Dich war es zudem auch körperlich hart, worüber Du aber nie öffentlich gesprochen hast. Was geht Dir aktuell mit etwas Abstand durch den Kopf?
Jean Zimmer (27): Seit vergangene Woche der Klassenerhalt feststand, hat bei mir persönlich einfach die pure Erleichterung vorgeherrscht. Erleichterung, dass das, was ich mir vorgenommen habe, als ich im Winter zurückgekommen bin, eingetroffen ist. Als ich herkam, war die Gefahr groß, dass der Verein in der Regionalliga und damit eventuell in der Versenkung verschwindet. Die Wenigsten schätzten damals das Risiko, das ich auch persönlich eingegangen bin, so hoch ein. Das Standing, das ich in der Region hatte, das habe ich ja gewissermaßen aufs Spiel gesetzt. Wenn wir es nicht geschafft hätten, den FCK in der Liga zu halten, wäre auch ich auf ewig mit dem Niedergang des Vereins verbunden gewesen. Ich denke, es ist jetzt aber vielen bewusst geworden. Und ja, ich habe in den vergangen Wochen schon auch persönlich sehr kämpfen müssen, was ich aber gar nicht an die große Glocke hängen möchte. Ich habe immer wieder mit einer starken Entzündung gespielt, hatte Verletzungen und Blessuren, mit denen sicher nicht jeder aufgelaufen wäre. In Absprache mit dem Trainerteam, dem Klub und den Vereinsärzten habe ich aber dennoch gespielt, weil ich wusste, dass ich auf dem Platz helfen kann, auch wenn ich dann vielleicht nicht 100 Prozent abrufen konnte. Gerade mit der Umstellung, auf der rechten Seite Philipp Hercher wieder zurück und mich nach vorne zu beordern, haben wir gezeigt, dass es das wert war, dieses Risiko einzugehen. Im Endeffekt bin ich einfach nur froh, dass es jetzt so ausgegangen ist, wie es ausgegangen ist.
Der Betze brennt: Du sprichst es an, zwischenzeitlich schien ein Abstieg fast unabwendbar. Wie konntest Du der Mannschaft am meisten helfen und gab es Momente, in denen auch Du Zweifel hattest?
Zimmer: Der schlimmste Moment war für mich nach dem Magdeburg-Spiel, als wir spätabends auf dem Betze unter Flutlicht noch Läufe gemacht haben. Ich hatte zuvor mit Freunden und Familie telefoniert, und viele hatten Tränen in den Augen, das merkst du auch am Telefon. Dann saß ich nach dieser Einheit mit Hendrick Zuck zusammen am Spielfeldrand - und auf einmal geht das Flutlicht aus. Das war so ein Moment, der war unglaublich heftig. So unter dem Motto: Wenn hier die Lichter ausgehen, dann wird das ganz, ganz schlimm. Ich glaube das Wichtigste neben meiner Erfahrung und Routine war, dass ich meinen Mitspielern den Verein, die Region und deren Bedeutung näher bringen konnte. Als ich das erste Mal für den FCK aktiv war, hatten wir fünf bis sechs Spieler, die hier aufgewachsen sind und den Klub damit durch und durch kannten. Das war diesmal anders. Deswegen habe ich es als meinen wichtigsten Auftrag gesehen, auch in der Kabine die Werte des Vereins zu vermitteln. Ich hatte die Ehre, mit dem Kapitänsamt noch mehr voran gehen zu dürfen. Mir wurde zusätzliches Vertrauen ausgesprochen, wobei ich das, was ich dann als Kapitän getan habe, auch schon die Spiele zuvor getan hatte. Einfach, weil mir dieser Verein viel zu sehr ans Herz gewachsen ist. Deswegen war mein Auftrag, die Emotionalität, die leider ohne Fans im Stadion sehr schwer rüberzubringen ist, so gut es geht in die Kabine zu übertragen, und zu zeigen, was der FCK für die Region und die Menschen hier bedeutet.
Der Betze brennt: Natürlich hofft jetzt eine ganze Region, dass Du längerfristig beim FCK bleiben kannst. Am Samstag hast Du im SWR gesagt, dass das grundsätzlich schon reizvoll wäre, aber dabei viele Aspekte eine Rolle spielen. Wann glaubst Du, könnte eine Entscheidung diesbezüglich fallen - klappt das schon bis Juni oder wird es eher Juli, August? Wie sehen Deine nächsten Wochen und Monate aus?
Zimmer: Ich bin zu lange im Fußballgeschäft, um sagen zu können, das ist meine Wunschvorstellung von Tag X, an dem eine Entscheidung fällt, wie es weitergeht. Im Moment ist es bei Fortuna Düsseldorf unklar, wie und mit wem es als Trainer weitergeht, dort müssen Gespräche geführt werden. Beim FCK müssen Gespräche geführt werden. Und natürlich höre auch ich mich um, das gehört einfach dazu. Im Endeffekt werden wir uns für das Paket entscheiden, das dann am besten passt. Ob das dann schon zum Vorbereitungsbeginn ist oder später, das kann man jetzt noch nicht sagen. Meine Frau und ich waren schon bei einem der letzten Spiele, als noch Fans erlaubt waren, als Zuschauer auf dem Betze, weil wir mit Düsseldorf da gerade Länderspielpause hatten. Es war das Derby gegen Mannheim. Sie weiß, welche Bedeutung dieser Verein für mich hat. Was vor allem auch sie im letzten halben Jahr für mich geopfert und gemeistert hat, ist sehr schwer in Worte zu fassen, da bin ich ihr unglaublich dankbar. Dieses halbe Jahr war wirklich eine harte Zeit. Von daher werden wir jetzt erst einmal zusammen etwas runterkommen, ein wenig nach Frankreich in ein kleines Ferienhaus fahren und abschalten. Und danach werden wir uns zusammensetzten und überlegen, was für alle Beteiligten das Beste ist.
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Quelle und kompletter Text: Der Betze brennt
Weitere Links zum Thema:
- Zimmer: "Ein fettes Dankeschön an unsere Fans" (Der Betze brennt)