Neuigkeiten und Pressemeldungen zum 1. FC Kaiserslautern.

Beitragvon Wil Hegermeister » 15.05.2024, 08:49


Hellboy hat geschrieben:
Kohlmeyer hat geschrieben:Eben das spricht ja für meine These, dass Soldos Nominierung auch eine Ansage an Aremu gewesen sein könnte. Denn bei gleich engagierten Trainingsleistungen würde wohl jeder Trainer dem Spieler den Vorzug geben, der noch eine Zukunft im Verein hat.

Aber wozu?
Eine Ansage: “Der Verein braucht dich, und wir zählen auf dich,“ wär doch viel sinnvoller gewesen. Zumal Funkel und Aremu ja voraussichtlich nächste Saison gar nicht zusammenarbeiten werden. Wem bringt dann ein solche Ansage etwas…?

Sehe ich auch so. War wohl eher ein "Abschiedsgeschenk" für Soldo. Wenn der sauber trainiert, ist Funkel da ja eher großzügig.
Ob das nun heißt, Aremu hat nicht so gut trainiert, oder hatte einfach in den letzten Spielen schon ein paar Minuten, musste also nicht "belohnt" oder verabschiedet werden, bleibt offen.
Vielleicht war es einfach isoliert für DIESES Spiel eine Entscheidung für Soldo und nicht gegen Aremu.

Da war hinterher öfter zu hören, Elvedi hätte Jeremy Dudziak härter bedrängen müssen, um diesen an seinem zweifellos topeleganten Heber zu hindern.


@Kohlmeyer beim 2:1 gab Soldo Geleitschutz.
Erst schaltet er mal wieder später als sein Gegenspieler, dann kommt er nicht hinterher und kann dem Herthaner bei Ballkontakt nicht mehr die Innenbahn bzw. den tornäheren Weg verstellen. Klar, im Strafraum ist es dann zu spät und er muss aufpassen, aber intensiver stören ist wieder anders...
Wir denken nur noch von Grätsche zu Grätsche!



Beitragvon Oktober1973 » 15.05.2024, 13:04


Alle Gedanken zur Analyse gefallen mir gut; auch die Intensität. Wir schleppen m.E. seit der 3. Liga das Dauerthema der Dienenden mit. Und das ist Thema der Kaderplanungen. Ich brauche eine Achse aus Spielern, die das Team stabilisiert und beim in game coaching des Trainers antizipierend unterstützen können. Und wenn sich, wie hier berechtigt gesagt wird, spielerisch besser veranlagte Spieler nicht bedient oder entlastet werden von "dienenden" Mitspielern, kommen wir in der Qualität nicht weiter.
Man muss auch anerkennen, dass Spieler bei anderen Mannschaften wie Reese bei Hertha in der Lage sind, die Mannschaft und ein ganzes Stadion mitzunehmen.
Der hatte eine top Performance diese Saison.
Ich sehe bei uns Defizite in der Balancierung der Mannschaft und sehe tatsächlich FF als denjenigen an, der sich da durchgefuxt hat, was in Berlin wie auch schon @MRG ausgeführt hat, durch die Ausfälle nicht wirklich gegriffen hat. Die Passmap zeigt den kaum integrierten rechten Flügel mit Zimmer und die Freiheiten die Reese durch die Verletzung von Zolinski bekam.
Ich würde definitiv begrüssen, wenn uns FF in der nächsten Kaderplanung, gern mit TH aber ohne EH zusammen weiterbringt.
Viele Aktionen von ihm in den letzten Wochen, zeigen die Klaviatur, die er spielen kann. Restrisiko hat man immer. Aber die psychologische Teamkomponente kommt mir schon seit Langem zu kurz. Und es gibt Leute, die Anderen hinter die Stirn schauen können und es schaffen, dass Beratergetue an die Seite zu drängen.
Nicht ohne Hoffnung.... :teufel2:



Beitragvon Kohlmeyer » 20.05.2024, 15:30


Hier kommt unsere letzte Taktik-Analyse der Liga-Spielzeit, aber nicht der Saison:

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Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-BTSV
DBB-Analyse: Ritter-Show mit Krahl als Security-Chef


Dem Anhang einen fetten 5:0-Sieg beschert und Selbstvertrauen fürs Pokalfinale getankt - was will man mehr? So ein bisschen was stimmt aber auch nach diesem perfekten Nach­mit­tag des 1. FC Kaiserslautern gegen Eintracht Braunschweig nachdenklich.

Nicht wenige unter den offiziell 47.901 Zuschauern werden sich im Laufe dieser Partie mehrmals die Augen gerieben und sich gefragt haben: Ist das tatsächlich die Mannschaft, die uns in dieser Saison so viel Kummer und Sorgen bereitete? Es gab ja nicht nur fünf Tore zu bejubeln. Erfreulich war auch, dass hinten die Null stand, erst zum zweiten Mal nach 34 Liga-Runden. Oder, dass die Lautrer stilistische Elemente in ihr Spiel einbrachten, die der Anhang so bislang nur selten oder gar nicht gesehen hatte.

Die "Wyscout"-Analysten zählten alleine sechs Ballbesitzphasen, die länger als 45 Sekunden andauerten - bislang waren zwei in einer Partie so ziemlich das höchste der Gefühle, was die Roten Teufel zu zeigen vermochten. Insgesamt 88 Prozent aller Pässe fanden ihren Mitspieler - ein Wert, der acht bis zehn Prozentpunkte über dem liegt, den die Betze-Buben normalerweise so produzierten. Und: Sie probierten es mal nicht nur über die Flügel, sondern kombinierten sich insbesondere im ersten Spielabschnitt häufiger durch die Mitte.

Lange Ballstafetten - ein Ausblick in die Zukunft? Wohl weniger

Ums Haar hätte Marlon Ritter schon nach 13 Minuten nach einer Kurzpassstafette den Führungstreffer markiert. Ein kurzes Zuspiel von Tobias Raschl aus dem Zehnerraum schob er mit der Pike nur Zentimeter am Kasten von Eintracht-Keeper Ron-Thorben Hoffmann vorbei. Davor war der Ball eine geschlagene Minute durch die eigenen Reihen gelaufen - nur für einen Wimpernschlag unterbrochen von einem Braunschweiger Bein, das einen Schussversuch von Filip Kaloc abwehrte.

Das 1:0 wurde dann zwar von Tymo Puchacz über links vorbereitet, wie es schon häufiger vorgekommen war. Der Pass auf ihn kam aber ebenfalls aus der Zentrale, rund 15 Meter vorm Sechzehner. Ritter hatte ihn gespielt und sich daraufhin direkt vors Tor bewegt, wo er Almamy Tourés geistesgegenwärtige Ablage über die Linie drückte. Auch dieser Abschluss stand am Ende einer Ballbesitzphase, die über 45 Sekunden dauerte.

Ob dieser Auftritt die schon lange herbeigesehnte spielerische Weiterentwicklung in der kommenden Saison ankündigte? Darüber zu spekulieren, wäre wohl ein wenig überoptimistisch. Gehen wir einfach mal davon aus, dass diese Spielfreude sich aus einer gewissen Lockerheit in den Köpfen entwickelte, die sich nach dem seit einer Woche feststehenden Klassenverbleib festsetzte.

Zweimal Standardsituation, einmal stören, einmal umschalten

Bei den Treffern in der zweite Hälfte demonstrierten die Gastgeber hingegen bereits bekannte Stärken. Ihre Kernkompetenz - Kopfballtore nach Eckbällen - nutzten sie diesmal zwar nicht, zweimal nach ruhenden Bällen aber waren sie dennoch erfolgreich: Einmal nach einem indirekten Freistoß, den Puchacz Ritter auflegte, worauf dieser vom linken Flügel in die Mitte zog und das Leder traumhaft zum 2:0 im langen Eck versenkte. Und einmal nach einem direkten Freistoß, den der eingewechselte Aaron Opoku aus rund 25 Metern zum 5:0 über die Gästemauer zirkelte.

Dazwischen lagen ein Treffer Daniel Hansliks, der sich einen missglückten Rückpass Anton Donkors erlief. Den allerdings hatte Frank Ronstadt provoziert, indem er den linken Außenbahnspieler der Eintracht energisch beharkte. Überhaupt vertrat Ronstadt den gelbgesperrten Jean Zimmer ordentlich.

Treffer Nummer vier wiederum resultierte aus einem bilderbuchmäßig aufgebauten Angriff nach einem Ballgewinn vorm eigenen Sechzehner. Gekrönt von einer prima Diagonalflanke Kenny Redondos, der in seiner neuen, offensiven Rolle einmal mehr brillierte. Diesmal war er eigentlich sogar mehr Mittelstürmer als Hanslik, der auf dem Papier den etatmäßigen Mann im Zentrum vertrat. Der angeschlagene Ragnar Ache wurde von FCK-Trainer Friedhelm Funkel mit Blick auf anstehende DFB-Pokal-Finale gegen Bayer Leverkusen geschont.

Den abwehrschwachen FCK gab es auch zu sehen

Das Redondo-Zuspiel nahm der mitlaufende "MR7" auf, der die Gelegenheit zu seinem dritten Treffer markierte und so zum gefeierten Helden aufstieg. Doch damit so ein Ritter-Spektakel reibungslos über die Bühne geht, braucht es einen Security-Chef, der es absichert. Und den gab Julian Krahl. Auch wenn das Ergebnis am Ende klar für sein Team sprach - hätte der Keeper nicht mehrmals Kopf und Kragen riskiert, wäre auch ein 5:3 oder ein 5:4 möglich gewesen.

Denn den in der Abwehr wackelnden FCK gab es nämlich trotz des klaren "Zu Null"-Ergebnisses durchaus auch in dieser Partie zu sehen.

Schon in der Anfangsphase musste Krahl zwei Mal gegen frei vor ihm auftauchende Gästestürmer parieren. Einmal gegen Rayan Philippe, einmal gegen Sidi Sané. Beide Male hatten sie die wendigen, schnellen Offensivkräfte durch die Dreier-Abwehrkette gemogelt, in der Kevin Kraus in seinem womöglich letzten Spiel für FCK den zentralen Innenverteidiger gab. Boris Tomiak rückte dafür nach links, um den angeschlagenen Jan Elvedi zu vertreten. Der rechte Innenverteidiger indes verabschiedete sich bereits nach 57 Minuten. Almamy Touré sah nach einem unbeherrschten Ellbogenstoß gegen Eintracht-Kapitän Jannis Nikolaou Rot. Eine harte, aber vertretbare Entscheidung. Aufs Pokalfinale wird die aus dem Platzverweis resultierende Sperre keinen Einfluss haben, aber beim Saisonauftakt 2024/25 wird Touré fehlen.

Unterzahl bietet Gelegenheit, Umschalten zu üben

Das war einerseits ein Missklang an diesem herrlichen Pfingstsonntag, Coach Funkel rang jedoch auch diesem etwas Positives ab. Denn so hatte sein Team, nun in einem 4-4-1 formiert, die Gelegenheit, "Umschaltspiel" zu üben, dass gegen die Übermannschaft Leverkusen am kommenden Samstag mit Sicherheit eher angesagt ist als Kombinationskunst. Und das mit Erfolg: Zwei der fünf Treffer fielen in Unterzahl. Wie auch der gesamte Auftritt Gelegenheit, nochmal tüchtig Selbstvertrauen zu tanken vor dem großen Saisonfinale.

Zu den Grafiken. Die xG-Timeline bestätigt, was Friedhelm Funkel schon unmittelbar nach dem Spiel sagte: "Wenn mir einer nach 20 Minuten gesagt hätte, dass wir dieses Spiel überhaupt gewinnen, hätte ich leichte Zweifel gehabt."

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Die Positions- und Passgrafik verdeutlicht noch einmal die Rolle Redondos (Nr. 11): Eigentlich war er der Mittelstürmer. Allerdings spiegeln die Spots nur Mittelwerte wider. Faktisch präsentierte sich das gesamte Offensivtrio Redondo - Hanslik - Ritter sehr beweglich.

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Die Passmap der Braunschweiger bestätigt: Die Gäste waren spielstärker, als es das Ergebnis aussagt.

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Und zum Abschluss die Überkreuztabelle der geführten Duelle: Boris Tomiak einmal mehr makellos.

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Ãœbersicht 2023/24: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon TecklenburgerLand » 21.05.2024, 06:24


Vielen Dank für deine Arbeit und das tolle Ergebnis !



Beitragvon Kohlmeyer » 26.05.2024, 22:00


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Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-SVB
DBB-Analyse: Der Teufel beißt auf Granit


0:1 verliert der 1. FC Kaiserslautern das DFB-Pokal-Finale gegen Bayer Leverkusen. Weil er den Deutschen Meister trotz Überzahl nicht in Verlegenheit bringen kann. Das Ergebnis mag ärgern, das Erlebnis freut umso mehr.

Bleiben wir ehrlich: Der Bauch wollte dran glauben, der Verstand vermochte es niemals ernsthaft. Zu denken, "Neverlosen" sei wieder zu "Vizekusen" mutiert, weil die Rekordserie von 51 Partien ohne Niederlage in Serie am vergangenen Mittwoch im Europa League-Finale gegen Atalanta Bergamo zu Ende gegangen war, war doch reichlich naiv. Oder?

Wenn da nicht diese Momente gewesen wären ...

Diesen einen, einzigartigen emotionalen vor dem Anpfiff etwa: Als sich in dieser unglaublichen Choreo der Rote Teufel in der Lautrer Fankurve erhob und sich immer größer und mächtiger Richtung Stadiondach erhob - da dürfte selbst der siegesbewussteste Leverkusener für ein paar Augenblicke gedacht habe: Mit denen sollten wir uns besser nicht anlegen.

Ja, wenn da ein Treffer für Lautern gefallen wäre ...

Und dann die ersten Minuten des Spiels. Kenny Redondo startet einen ersten Sprint über die linke Seite, Odilon Kossounou foult und sieht Gelb. Zwei Minuten später zieht Daniel Hanslik mittig vorm Strafraum ab, Bayer-Schlussmann Lukas Hradecky pariert. Ja, schon klar, ein Lautrer Treffer gerade in der Anfangsphase, wer weiß.

Kurz vor der Pause. Kossounou ist gerade mit Gelb-Rot vom Platz geflogen. Der Zweitligist kombiniert sich tatsächlich mal mit präzisem Passspiel in den gegnerischen Strafraum, Tobias Raschl zieht von halbrechts ab und sein Schuss streift haarscharf am langen Pfosten vorbei. Ja, schon klar, ein Lautrer Treffer gerade so kurz vor der Pause, wer weiß.

Die 62. Minute. Der eingewechselte Ragnar Ache nimmt ein flaches Zuspiel von Tymo Puchacz auf, bringt sich aus 18 Metern in Schussposition, zieht ab. Hradecky taucht neben den rechten Pfosten ab verhindert so den Einschlag. Ja, schon klar, ein FCK-Treffer eine halbe Stunde vor Schluss, und dann noch in Überzahl, wer weiß.

Mehr Risiko? Nicht gegen solche Gegner

Doch abgesehen von diesen Schnuppermomenten roch es in diesen insgesamt 96 Minuten gar nicht so sehr nach Sensation. Ob die Pfälzer spätestens ab Mitte der zweiten Halbzeit hätten mehr riskieren müssen? Noch weiter nach vorn schieben, vielleicht sogar versuchen, so etwas wie ein "Powerplay" gegen die dezimierte Leverkusener Elf aufzuziehen? Ein paar selbsternannte Trainerfüchse werden es wohl so sehen.

Wir sagen: Nicht gegen diesen Gegner, der Tiefenläufer wie Florian Wirtz und Jeremie Frimpong in seinen Reihen hat und zur Pause noch einen Amine Adli nachschiebt. Die erspielten sich bei ihren Tempogegenstößen selbst gegen nur verhalten aufrückende Pfälzer die häufigeren und besseren Einschussgelegenheiten, und das bis zum Schlusspfiff.

Die Spielanlage des FCK war im Prinzip okay. Sie haben es ja versucht. Schoben in Hälfte zwei durchaus ein wenig nach vorne, wie auch die "Wyscout"-Visualisierung verdeutlicht:

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Und sie hatten für FCK-Verhältnisse horrend viel Ballbesitz, bis zu 70 Prozent phasenweise, wie diese Grafik zeigt:

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Das Problem war: Im Angriffsdrittel gelangen ihnen zu wenig präzise Zuspiele. Tymo Puchacz zog sich im Lauf des Spiels gegen den Irrwisch Frimpong zwar ein wenig besser aus der Affäre, nachdem dieser ihn in der Anfangsphase einige Male sattgemacht hatte. Von den gefürchteten Flanken des Polen auf Ache aber kam keine an, so dass die Leverkusener Innenverteidiger auch den Neuner nicht fürchten mussten. Marlon Ritter und Kenny Redondo boten sich zwischen den Linien zwar eifrig an, doch die Anspiele in die engen Räume waren nicht genau genug oder schlecht getimt.

Natürlich: Die Frage nach dem Kräfte-Abbau bleibt

Die leidige Kettendiskussion soll ebenfalls kurz Erwähnung finden. Ja, Friedhelm Funkel hatte auf dem Papier wieder eine Vierer-Abwehrkette formiert, was regelmäßig Kritik laut werden lässt. Die aber agierte variabler, als es so eine starre Darstellung zu vermitteln vermag. Rechtsverteidiger Ben Zolinski schob sich auch mal nach innen und der vor ihm postierte Jean Zimmer zurück, so dass eine Fünferkette entstand. Der Stein der Weisen, um Gegenspieler dieses Kalibers aus dem Spiel zu nehmen, war aber auch damit nicht gefunden.

Allerdings ließen Kraft und Konzentration Mitte der zweiten Hälfte nach. Wie schon in viel zu vielen Partien dieser Saison, auch wenn man den Roten Teufeln diesmal nicht vorwerfen kann, die Begegnung in der Schlussphase vergeigt zu haben. Dieses Phänomen aufzuarbeiten, sollte nun Gegenstand der "schonungslosen Analyse" sein, die Geschäftsführer Thomas Hengen für die nächsten Tage geplant hat.

Bergamo war gestern - Xhaka gibt wieder den Takt vor

Auch die hinteren Reihen wollten in dieser zweiten Hälfte im Prinzip das Richtige. Ruhe bewahren, sich den dezimierten Gegner zurechtlegen, ihn müde laufen lassen. So, wie es der Deutsche Meister in der ersten Hälfte im Spiel Elf gegen Elf vorexerziert hatte. Hier aber zeigte sich, dass die heutigen Preise auf dem Transfermarkt zwar irrational sind, aber doch eine gewisse Aussagekraft haben. Da spielte eine Mannschaft mit einem Kader-Gesamtwert von rund 20 Millionen Euro gegen eine, die roundabout 600 Millionen Euro schwer ist.

Zur Ehrenrettung des FCK darf da festgehalten werden: Die Leverkusener konnten es gar nicht mal 30-mal so gut. Aber halt doch um einiges besser.

Aus der Mitte heraus getaktet wurden sie von dem Mann, der vergangenen Mittwoch gegen Bergamo einen "gebrauchten Tag" erwischt hatte, beziehungsweise durch aggressives Pressing des Gegners aus seinem Rhythmus gebracht worden war: Granit Xhaka. Spätestens, nachdem der Schweizer in der 17. Minute mit einem fantastischen Hinterhaltsgeschoss das Tor des Tages erzielt hatte, war er mental wieder vollkommen hergestellt - und Chef unterm Bayer-Kreuz.

Ihm kongenial zur Seite stand Robert Andrich. Die beiden bilden übrigens eine "Doppelsechs", die das Bleiben und Marschieren wirklich paritätisch praktiziert. Die meisten zentralen Mittelfeldduos werden zwar auch als Doppelsechsen bezeichnet, sind aber Sechser-Achter-Kombis.

Von wegen Tod am Bayerkreuz: Hut ab, FCK!

Ordnen wir also die Endorphin-Ausschüttungen, die die besagten Schnuppermomente verursacht haben, realistisch ein. Denken wir lieber daran, welche Erwartungen die sogenannte Fachpresse an dieses Pokalfinale hatte. Erinnert sei nur an diese "Bitte um Milde", die "11 Freunde" für den 1. FC Kaiserslautern forderten, da sie ihn "zum Tode am Bayerkreuz" verurteilt sahen. Insofern haben sich die Roten Teufel sehr, sehr achtbar aus der Affäre gezogen. So ein 0:1 hat halt immer seine Augenblicke, in denen es auch anders hätte laufen können.

Und sein Anhang darf sich mit Glücksgefühlen an diesen Pokaltag zurückerinnern. Nicht nur an das Spiel, sondern auch an das Bild, das die Bundeshauptstadt schon seit Freitag geboten hatte, als ihre Innenstadt in Rot und Weiß erstrahlte. An die Fangesänge, die schon seit dem Vormittag den Hauptbahnhof erfüllten. Und an den Augenblick, in dem sich in der Fankurve der Rote Teufel in den Himmel über Berlin erhob.

xG-Grafik ernüchtert - doch wer will schon nüchtern bleiben?

Zu den Grafiken: Die xG-Timeline bestätigt es noch einmal in unangenehmer Nüchternheit - am Leverkusener Sieg gibt es im Grunde nichts zu rütteln. Doch wer will schon nüchtern bleiben in so einer rauschenden Nacht?

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Die Positions- und Passgrafik des FCK: Die kräftigen Linien zwischen den Abwehrspielern veranschaulichen es - vor allem in der zweiten Hälfte haben sie versucht, sich den Gegner zurechtzulegen. Sie konnten's nur nicht so richtig.

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Die Passmap der Leverkusener: Zeigt sehr schön die zentrale Rolle der paritätisch besetzten Doppelsechs.

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Und die Überkeuzübersicht der Duelle. Lauterns Innnenverteidiger können es also auch gegen Top-Stürmer, Puchacz allerdings hatte so seine Schaff mit Frimpong. Achtbar Zimmer und Hanslik. Auch Ache hat im Prinzip ordentlich geackert, bekam aber keine Zuspiele, um mehr als einmal torgefährlich zu werden.

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Ãœbersicht 2023/24: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon Gerd » 26.05.2024, 23:40


Danke Eric, für die wieder treffende Analyse und auch für die ganze Saison, ich freu' mich auf die nächste.

Zum Spiel: nach der roten Karte, kurz vor der HZ schien mehr möglich zu sein und man konnte hoffen, dass es in HZ2 noch mehr "Raschl"-Chancen geben wird. Aber die kamen nicht wirklich. Das Team hatte zuviel damit zu tun, die Leverkusener zu bremsen und wenn der Ball dann doch mal leicht verloren ging (Elvedi, Kaloc), ging sofort die Post ab, ... genau das, was vermieden werden sollte und eben weitgehend richtig gut geklappt hat.
Schade war, dass nicht mehr Flanken aus dem Halbfeld möglich waren, um RA9 und RT28 ins Spiel zu bringen.

Wäre schön, wenn von dem Stil und dem Spirit einiges in die neue Saison mitgenommen würde, dann sollte es stabiler laufen als diese.



Beitragvon Olamaschafubago » 27.05.2024, 04:56


Danke auch von mir für die vielen tollen Spielanalysen in dieser Saison.

Ich stimme auch wieder vollkommen zu, ein "Powerplay" um den Ausgleich zu erzwingen, ein "auf Risiko gehen" (Hängen) wäre auch gegen dezimierte Leverkusener einem Lauf ins Messer gleichgekommen. Die Bayer-Elf hat ein herausragendes Raumverständnis und sind in der Lage mit 1-2 Spielzügen durch präzise Pässe unsere Ketten aufzureißen - wie schnell sie bei uns in die gefährliche Zone kommen, hat man ja mehrmals gesehen. Auch die im Text genannten Spieler bekommt man nur einigermaßen im Griff, wenn man sie doppeln kann, bzw. nach der ersten Verteidigungsreihe noch ein Hintermann bereit steht. Es wirkt dann halt von außen mutlos, wenn bei fehlender Anspielstation "hinten rum gespielt" wird, aber es ist in so einer Situation dann einfacher und kräftesparender, sich nur auf die Defensive zu konzentrieren, anstatt nach den zu erwartbaren Ballverlusten im Angriffsdrittel dann die Lücken zulaufen zu müssen, ohne völlig die Struktur zu verlieren.
Da hat Funkel unser Team meiner Meinung nach schon ganz richtig eingestellt. Bei Bayer weiß jeder Spieler, was er zu tun hat, wenn der jeweilige Mitspieler dies oder das macht, da schimmert noch der Einfluss von Guardiola (auf Alonso) durch. Als Erstligatopteam haben die neben Alonso noch Techniktrainer, da ist jede Körperbewegung eingeübt. Diese fast perfekt symmetrische Passmap zeigt schon, dass das alles sein System hat, auch wenn man natürlich ob der im Text angesprochenen Torchancen das Gefühl hatte, da war für uns "mehr drin". Ob man die Verlängerung gegen einen Gegner, der auch dafür bekannt ist, spät Spiele zu gewinnen oder zu drehen, noch für sich entschieden hätte - da gehört schon viel Fantasie dazu.

Ich bin jedenfalls trotz der Niederlage zufrieden und hoffe, dass dieses "Hosenscheißer-Fußball"-Narrativ uns nicht durch die neue Saison begleitet, jedes Mal, wenn wir mal abwartend spielen müssen.

P.S.: Puchacz hätte zwar viel zu tun mit Frimpong, hat seine Aufgabe meiner Meinung nach aber bravourös gelöst. Und das, nachdem er defensiv in der Viererkette diese Saison oftmals als Schwachstelle ausgemacht wurde. Hoffe, dass er noch irgendwie bleiben kann.



Beitragvon Betzegeist » 27.05.2024, 09:45


Es ist müßig, darüber zu spekulieren. Aber uns fehlt halt leider ein großer, robuster Stürmer den man in der Schlussphase noch zu Ache hätte vorne reinstellen können.

Wenn man merkt, dass man spielerisch nicht weiterkommt, weil einfach die Mittel fehlen, dann bleibt als letzte Möglichkeit normalerweise nur noch Langholz. Das war mangels personeller Optionen aber nicht drin.

Da sind wir dann wieder bei der katastrophalen Winter-Transferperiode, aber das will ich hier nicht weiter ausschlachten.
Stagnation ist Rückschritt.
Nicht wahr, Thomas Hengen?



Beitragvon Rossobianco » 27.05.2024, 20:56


Kurz und knapp. Auch ich gebe FF recht und DBB. Thomas Hengen irrt, wenn er glaubt, wir hätten mehr machen können, nur weil wir gewollt haben hätten sollen. Leider.

Wir hatten ein Fenster für 15-20 min! Nach der roten Karte, und nach der Pyroshow... in beiden Abschnitten hatten wir Chancen. Geht eine rein, wirds heiß, aber selbst dann ist Bayer zu gut, ... nur in diesen beiden Phasen vor und nach der Pause waren sie nervös. Diese Momente hatten wir einfach leider nicht, es war knapp aber nicht durch eine andere Taktik zu ändern. Wir wären ins offene Messer gelaufen!

Alles richtig gemacht! Schade trotzdem. Aber stolz!
"Ich weiß, wie die Deutschen ticken,... ich war in Kaiserslautern"
(Pep Guardiola, 1991 als Spieler des FC Barcelona in der Champions League am Betzenberg zu Gast, vor seinem Engagement in München.)
rossobianco | fidei defensor
:teufel2:



Beitragvon Gobo » 27.05.2024, 21:47


Und das sehe ich genau wie die Vorredner/schreiber, der Matchplan Funkels hat absolut gestimmt. Ein bisschen mehr Präzision, und wenn es per Flanke aus dem Halbfeld ist, und der Lucky Punch wäre möglich gewesen. Höheres Risiko gegen die Frimpongs, Adlis und Wirtzeseses führt fast zwangsläufig zum 2:0, und dann war es das.
Zu sagen "egal wenn es dann 4:0 ausgeht" ist zwar in einem Finale richtig, unter den Vorzeichen aber zu kurz gegriffen. Ich glaube mehr Risiko hätte unsere Chance auf das 1:1 nicht nennenswert erhöht, die Leverkusens auf das 2:0 jedoch sehr. Wenn das 1:1 jedoch irgendwie fällt, dann werden die Karten neu gemischt




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