Der 1. FC Kaiserslautern und die SV Elversberg trennen sich nach einem klasse Spiel 1:1. Mit einem Sieg hätten die Roten Teufel die Konkurrenz schwer unter Druck gesetzt. Er wäre nicht unbedingt verdient gewesen, aber auch nicht unmöglich.
Mit welcher emotionalen Einstellung sollte man sich an die Betrachtung dieses Spiels machen? Begeisterung, einmal mehr tollen Zweitliga-Fußball am Betzenberg gesehen zu haben? Oder doch Enttäuschung, weil es dem FCK nicht gelang, die Partie nach einer 1:0-Führung über die Ziellinie zu bringen? Wäre doch zu schön gewesen, den Mitbewerbern im Kampf um die Tabellenspitze, die erst samstags und sonntags ranmüssen, drei Punkte vorzulegen. Ein paar Fans intonierten hinterher zwar dennoch "Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey", aber dass sich der Platz an dieser Sonne mit nur einem Zähler übers Wochenende halten lässt, ist doch arg unwahrscheinlich.
Natürlich darf man nach angesichts des starken Auftritts beider Mannschaften die Floskel vom "leistungsgerechten Unentschieden" bemühen. Kein Team hätte eine Niederlage verdient gehabt. Ebenso darf aber gefragt werden: Woran hat's gelegen, dass die Punkte nicht am Betzenberg blieben? Die einfachste Erklärung: Die Lautrer hätten die zweite Halbzeit so durchziehen müssen wie die erste. Genauso hochkonzentriert, genauso griffig in den Zweikämpfen, mit energischem Vorwärtsverteidigen den Ball vom Tor weghalten, dem Gegner allenfalls Schüsse aus der zweiten Reihen gestatten.
"Volle Pulle" geht nunmal nicht über 90 Minuten
Das Problem ist nur: Eine solche Intensität lässt sich nicht über 90 Minuten hochhalten. Und Passstafetten durch die hinteren Reihen, um zwischendurch mal Luft zu holen und dann wieder aufdrehen zu können, gestattet ein Gegner wie dieser nicht. Dazu beherrscht er das Instrumentarium seiner taktischen Mittel selbst zu gut. Schade ist allenfalls, dass der Muhammed Damars in der 76. Minute in einer Phase fiel, als die Roten Teufel die schärfste Druckphase ihres Gastes überstanden zu haben schienen.
So waren es auch diesmal die berühmten Nuancen, die über Sieg oder Niederlage hätten entscheiden können. Die eine Torchance mehr nutzen, den einen Abwehrfehler weniger machen. Doch auch das spricht im Grunde für das "gerechte" Remis, das es am Ende ja auch war. Denn solche Momente lassen sich bei beiden Teams identifizieren.
Hansliks Großchance und Abstimmungsprobleme beim 1:1
Die eine Torchance mehr, die die Betze-Buben hätten nutzen müssen: Die von Daniel Hanslik in der 19. Minute, als Elversbergs Keeper Nicolas Kristof einen Schuss Marlon Ritters direkt vor seine Füße abwehrte, Hanslik aber nur die Latte traf.
Der eine Abwehrfehler, der nicht hätte passieren dürfen: Vor dem 1:1, als Damar nach einem simplen langen Ball von Florian Le Joncour den Weg zwischen Luca Sirch und Maximilian Bauer viel zu leicht findet und frei vor Julian Krahl zum Lupfen kommt. Hätte Krahl schon früher rauskommen, in Libero-Manier klären müssen?
Knifflig: Sirch und Bauer sind zwar einen Tick zu weit von Damar weg, andererseits noch nach genug an ihm dran, dass Krahl da nicht unbedingt Handlungsbedarf erkennen musste. Zumal ihm zur Entscheidung nur ein, zwei Sekunden Bedenkzeit zur Verfügung standen.
Die SVE macht Druck, Asllani hat die erste echte Chance
Die eine Torchance mehr, die die "Elv" hätte nutzen müssen: Fisnik Asllani in der 62. Minute, als er, von Lukas Petkov freigespielt, ebenfalls allein vor Krahl auftauchte, den Ball aber nicht an dem 1,94 Meter-Mann vorbeibrachte.
Interessant: Zu diesem Zeitpunkt des Spiel verzeichnete die Analyse-Software von "bundesliga.de" für den Gast einen xGoals-Wert von grade mal 0,23. Obwohl er die Viertelstunde nach der Pause unter Kontrolle hatte und fürs Auge fein aufspielte. Das Befreien aus engen Räumen mit abschließendem Seitenwechsel zelebrierte er sogar ansehnlicher als sein Gastgeber. Abschlüsse innerhalb des Strafraums wusste der aber zu verhindern.
Der eine Abwehrfehler, den die SVE hätte vermeiden müssen: Die Situation vor dem 1:0. Allerdings: Wie Ragnar Ache sich den Ball an Le Joncour vorbeilegt und dann über Kristof hinweg in den Torwinkel schlenzt, ist allererste Sahne. Da allein dem Franzosen den Vorwurf zu machen, ist vielleicht ein wenig ungerecht. Zuvor hätten auch seine Vorderleute mal dazwischen funken können. Bauer retournierte an der Mittellinie per Kopf einen weiten Abschlag Kristofs, erst Filip Kaloc, dann Hanslik verlängerten in Richtung Elversberger Sechzehner, wo Ache das Leder aufnahm und vollstreckte.
Nach dem 1:1 kam nicht mehr viel
Was bei Lautern noch kritisch zu notieren wäre: Nach dem Ausgleich, erst recht nach Aches Auswechslung in der 81. Minute, entwickelte das Heimteam kaum noch Druck nach vorne. Der für Ache eingewechselte Faride Alidou hatte seine stärkste Szene, als er mit einem kraftvollen Sprint nach hinten einen gegnerischen Angriff über die linke Seite stoppte.
Und: Einmal mehr vermochten die Betze-Buben mit Eckbällen und Freistößen kaum Torgefahr heraufzubeschwören. In der vergangenen Halbserie zählte das noch zu ihren Stärken. Daran, dass kopfballstarke Spieler fehlen, kann's doch kaum liegen. Ache ist in dieser Beziehung ein wahres Monster, und Jan Elvedi, Bauer, Sirch und Kaloc verfügen über ausreichend körperliche Präsenz, ihn wirkungsvoll zu unterstützen.
Breithaupt kommt immer besser in Spiel
Sind vielleicht die Hereingaben nicht gut genug? Am Freitagabend zeichneten sich für diese Florian Kleinhansl und Ritter verantwortlich. Es war zu erkennen, dass sie vor der Ausführung einige Male diskutierten. Einig schienen sie sich dabei nicht immer zu sein.
Positiv herausgehoben werden soll Tim Breithaupt. Als ordnende Hand im hinteren Mittelfeld wird er immer wertvoller, überzeugt mit Ruhe und Übersicht. 82 Prozent Passpräzision, dazu verzeichnet die Statistik 20 Balleroberungen von ihm, acht davon in der gegnerischen Hälfte - ein Top-Wert. Und mit 11,7 Kilometern war er auch laufstärkster Spieler seines Teams.
Schnellbachers Chance zum Siegtreffer: Überbewertet?
Womit wir bei den Grafiken wären. Die xGoals-Timeline sieht die SVE sogar vorne. Dafür sorgt im wesentlichen die Chance, die sich dem eingewechselten Luca Schnellbacher in der 84. Minute bot: Von halblinks, ungefähr an der Ecke des Fünfmeterraums. Der ebenfalls eingewechselte Jannis Heuer grätschte in den Schuss hinein. War sicher nicht ungefährlich, erscheint uns aber ein wenig überbewertet.
Die Positions- und Passgrafik des FCK: Belegt, wie gut sich Breithaupt (Nr. 16) als zentraler Dreh- und Angelpunkt profiliert. Und zeigt einmal mehr, dass das FCK-Spiel ohne Yokota symmetrischer angelegt ist.
Die Passmap der Gäste: Da wird auf der linken Seite intensiver gepasst. Zentraler Anspielpunkt ist Semih Sahin (8).
Der detaillierte Überblick über die Passkombinationen: Sirch diesmal nicht so im Spiel wie gewohnt. Elvedi und Bauer haben genau so viele oder mehr Bälle von hintenraus gespielt. Bauer spielt seine Vorderleute, vor allem Ache, sogar deutlich öfter an. Und von Breithaupt bekommt jeder Zuspiele.
Die Duelle: In den Zonen, in denen SVE-Rechtsverteidiger Elias Baum unterwegs ist, geht für den Gegner nicht viel. Diesen 19-Jährigen wird man in dieser Liga bestimmt nicht mehr lange sehen, ohnehin ist er von Eintracht Frankfurt nur geliehen. Auf der halblinken Bahn präsentiert sich Lautern in fast allen Quadraten unterlegen. Das ist eigentlich die Domäne von Filip Kaloc.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer
Weitere Links zum Thema:
- Saison-Übersicht 2024/25: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage