Der FCK trifft wieder. Weil sein Mittelstürmer seine Ladehemmung überwindet. Dabei profitiert Ragnar Ache von einer leicht veränderten Spielanlage, einem starken Florian Kleinhansl - und ein bisschen vom Fehlen Daisuke Yokotas.
Darf man so etwas tatsächlich behaupten? Es habe dem Lautrer Spiel gut getan, dass Daisuke Yokota fehlte? Eines der bisherigen Glanzlichter dieser Saison, die große Überraschung, der allseits anerkannte "Unterschiedsspieler"? Na ja, "gut tun" ist vielleicht nicht der nicht der richtige Ausdruck, dazu macht es einfach zu viel Spaß, dem kleinen Japaner beim Fußballspiel zuzuschauen. Sagen wir es lieber so: Die Anpassungen, die sich daraus ergaben, dass Daniel Hanslik statt seiner in der Startelf stand, trugen zu einem beträchtlichen Teil dazu bei, dass das Spiel dieses 1. FC Kaiserslautern an diesem Samstag insgesamt symmetrischer angelegt war. Stürmer Ragnar Ache bekam dadurch endlich mal wieder Zuspiele von beiden Flügeln, da Yokota in der Regel sehr viele Bälle auf der rechten Seite einfordert und anschließend selbst den Weg in die Mitte sucht und nicht unbedingt auf seinen Mittelstürmer flankt.
Ache belohnte sich unter diesen neuen Vorzeichen selbst, seinen Trainer und sein Publikum mit zwei Treffern. Und war auch sonst viel präsenter als in den jüngsten Wochen. Fünf Torabschlüsse insgesamt, 39 Ballkontakte in 77 Spielminuten, von acht Duellen am Boden sechs gewonnen, in der Luft fünf von sieben. Als zusätzlicher Beleg hier seine Heatmap:
Das ist nicht die Strafraumpräsenz, die sein Kollege Davie Selke vergangene Woche in Hamburg hatte, aber gegenüber diesem 0:3 eine deutlich verbesserte. Klar, diesmal war's vor Heimpublikum und er traf auf einen schwächeren Gegner. Im wesentlichen ist ein Stürmer aber davon abhängig, wie seine Mitspieler ihn einbinden. Und daran gab's diesmal nichts zu meckern. Wer Ache bereits "Bocklosigkeit" vorwarf, weil in der Winterpause sein Wechsel nach Italien platzte, sollte tunlichst ein anderes Phrasenschwein melken.
Kleinhansl macht's auf die ganz linke Tour
Dass über die linke Seite mehr lief, werden viele auch an einem zweiten Wechsel festmachen, den Markus Anfang zu dieser Partie vornahm. Für Erik Wekesser startete Florian Kleinhansl. Der machte ein gutes Spiel und dürfte damit nun erst einmal die Nase vor Erik Wekesser haben. Was nichts daran ändert, dass die zuletzt in den sogenannten Sozialen Medien aufbrandende Kritik an Wekesser reichlich überzogen war. Aber extremes Polarisieren ist halt auch eine Zeitgeist-Erscheinung.
Kleinhansl schlug nicht nur die Flanke zu Aches erlösendem 1:0 kurz nach der Pause, das gleichzeitig das erste Kopfballtor war, das der Stürmer in dieser Saison aus dem Spiel heraus erzielte. Kleinhansl spielte darüberhinaus insgesamt fünf sogenannte "Schlüsselpässe", also solche, die zu einem Torabschluss führen. Einen besonders starken schon in der ersten Halbzeit auf Filip Kaloc, der aus halblinker Position am stark reagierenden Julian Pollersbeck scheiterte.
Apropos: Der Ex-Lautrer war an seiner alten Wirkungsstätte tatsächlich zu seinem ersten Saisoneinsatz gekommen, nachdem Stammkeeper Felix Gebhardt gelbgesperrt pausieren musste. Hätte er mit seinen starken Paraden seinem Team einen oder gar drei Punkte gesichert, wäre das mal wieder eine der Geschichten geworden, "wie sie nur der Fußball schreibt".
Typisch Kellerkind: Abwehrböcke führen zu 2:0 und 3:0
Dass es dazu nicht kam, lag daran, dass die Angelegenheit nach Aches Führungstreffer schnell zu einer klaren für den FCK wurde. Dabei leistete sich der Jahn jene Abwehrfehler, wie sie halt typisch sind für ein Team, das unten steht. Nur vier Minuten nach dem 1:0 unterlief die Hintermannschaft einen recht einfachen langen Freistoßball Maxi Bauers, den sich Ritter schnappte und vollstreckte.
Das 3:0 leitete Filip Kaloc nach einem weiten Abwurf Julian Krahls ein. Da zuvor eine Regensburger Angriff unterbunden worden war, lässt die Aktion sich zwar als Konter bezeichnen, schnell ausgeführt wurde dieser aber weiß Gott nicht. Hanslik trabt recht gemütlich und unbedrängt durchs Mittelfeldzentrum, legt am Sechzehner auf Ache ab und der jagt das Leder stringent neben den linken Torpfosten.
Vor diesem endgültig entscheidenden Treffer aber hatten auch die Gäste ihre Szenen: In der 58. Mitte rettete Luca Sirch in höchster Not gegen Eric Hottmann, der an Krahl bereits vorbei war. Kurz darauf fällte Jan Elvedi Hottmann im Strafraum. Hätte Schiedsrichter Robin Braun da keine Abseitsstellung erkannt, hätte es wohl Elfmeter gegeben.
Warum war Regensburg so stark?
Überhaupt war der Tabellenletzte schon in der zweiten Viertelstunde der ersten Hälfte bedrohlich aufgekommen. Dabei hatte er FCK stark begonnen. Schon nach drei Minuten setzte sich Ritter mit einem eleganten Lupfer auf der rechten Seite durch, scheiterte aus halbrechter Position an Pollersbeck. Dank gutem Nachsetzen auf den zweiten Ball - ein Stilmittel, das in dieser Partie ständig gefragt war - blieb Lautern in Ballbesitz, und Kaloc kam zu einer weiteren Schusschance. Eingeleitet hatte die Aktion übrigens Jean Zimmer. Er war auf der rechten Außenbahn für den verletzten Jan Gyamerah in die Partie gekommen und gab ebenfalls eine ordentliche Vorstellung.
Danach aber war Regensburg am Drücker. Zwar nicht durchgehend, aber bis Ende der Partie spielte er eine beachtliche Zahl an Torchancen heraus. Wer meint, dies dürften Rote Teufel einem Tabellenletzten in der Bastion Betzenberg auf gar keinen Fall gestatten, dem muss man leider zurufen: Du hast diese Liga immer noch nicht verstanden. Beziehungsweise den Wandel, der sich schon seit einiger Zeit in Fußball-Deutschland vollzieht.
Denn was bei Regensburg, Münster und Ulm in Liga Zwei zu erkennen ist, lässt sich ebenso bei Kiel und St. Pauli im Oberhaus feststellen. Selbst Aufsteiger, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nur bedingt wettbewerbsfähig sind, suchen ihr Heil in der neuen Klasse nicht mehr nur im "Underdog"-Fußball, sondern orientieren sich ebenso an der modernen Fußballschule wie die Top-Teams. Bemühen sich um ruhigen Spielaufbau, rücken höher auf, halten die Räume eng und gehen situativ sogar ins Angriffspressing, etwa bei gegnerischen Einwürfen tief in der eigenen Hälfe. "Spielen mit" im besten Sinne.
Am Ende entscheidet dann doch individuelle Qualität
Dass diese Teams in der Tabelle dennoch hinten zu finden sind, liegt daran, dass sie sich kein Personal von der Qualität leisten können, über das ihre Wettbewerber verfügen. Dem unterlaufen dann Abwehrfehler, wie sie den FCK auch in dieser Partie schlussendlich auf die Siegerstraße brachten. Noch mehr aber offenbart sich der Umstand in der Offensive. Regensburg hatte zwar weniger, qualitativ aber sogar bessere Chancen als Kaiserslautern, aber halt keinen Ragnar Ache, der sie verwertete.
Was nicht heißt, dass es bei den Roten Teufeln nichts zu kritisieren gibt. Zu einigen Gäste-Chancen trugen auch Nachlässigkeiten der Innenverteidiger bei, die gegen stärkere Offensivkräfte wohl bestraft worden wäre.
Grafiken bestätigen: Mehr Symmetrie, mehr links
Unsere bei "Wyscout" entnommenen Visualisierungen bestätigen die bislang gesammelten Eindrücke. Angefangen bei der xG-Timeline: Da liegt der Gast beinahe gleichauf. Und dennoch verwundert das klare 3:0 nicht, siehe oben.
Zu beachten ist allerdings auch: Aches 3:0 verursacht kaum einen Ausschlag. Liegt daran, dass der Stürmer von außerhalb der Box abzog und ein paar Abwehrbeine im Weg waren. Das mindert die Chancenqualität empfindlich. Denkt zumindest die PC-Software.
Die Positions- und Passgrafik des FCK zeigt: Wie schon gesagt, das Spiel des FCK war insgesamt symmetrischer angelegt. Wozu der starke Kleinhansl (Nr. 3) seinen Teil beitrug, aber auch der Umstand, dass Yokota fehlte, mit dem mehr über die rechte Seite läuft.
Die Passmap des Gegners: Sehr zentrumslastig insgesamt, die Spots der zentralen Mittelfeldspieler Kühlwetter (30) und Geipl (8) werden komplett verdeckt.
Beim Überblick über die Passkombinationen lohnt es sich wie stets zu betrachten, wie viele Pässe von den hinteren Positionen auf die Vorderleute gespielt wurde. Dass Luca Sirch generell für die meisten Pässe verantwortlich zeichnet, ist nichts Neues. Auffallend aber, dass Maxi Bauer die Stürmer Hanslik und Ache wesentlich öfter anspielt. Gut im Spiel ist auch Tim Breithaupt, der die Bälle nach überall hin verteilt, so, wie es ein Sechser tun sollte.
Last but not least. Die "Landkarte" der geführten Duelle. Siehe da: Heute ist auf der linken Seite mehr rot als auf der rechten.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer
Weitere Links zum Thema:
- Saison-Übersicht 2024/25: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage