Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-Ulm

Die DBB-Analyse: Einfach ist manchmal einfach besser

Die DBB-Analyse: Einfach ist manchmal einfach besser


Eine gelungene Aktion mehr, ein Fehler weniger als der Gegner: Zum Jahres­auftakt über­zeugt der FCK bei seinem 2:1 gegen Aufsteiger Ulm nicht spielerisch, macht in den rich­ti­gen Momenten aber die elementaren Dinge ein wenig besser.

Über was in ausgefeilten Spielanalysen - da sei diese nicht ausgenommen - doch stets so alles schwadroniert wird. Ballbesitz, einzelne Ballbesitzphasen und wie lange diese dauern, Passpräzision, Passschärfe, Ballkontakte im Strafraum, "xGoals", "xGoals against" und, und, und. Und dann betrachtet man sich ein Spiel wie dieses und stellt fest: Am Ende hat die Mannschaft gewonnen, die in den entscheidenden Szenen auf den einfachen Fußball gesetzt hat - und die einfachen Dinge einfach gut gemacht hat.

Bei Marlon Ritters 1:1 in 23.Minute kontern die Hausherren ihre Gäste eiskalt aus. Strenggenommen ist es sogar ein Gegenkonter, da sich die Ulmer zuvor einen Freistoßball der Pfälzer erobert hatten, es dann aber zu schnell machen wollten. Die Gastgeber wiederum nutzen ihre Umschaltchance gekonnt. Daniel Hansliks Linksflanke in den Lauf von MR7 ist exzellent getimt, die Art und Weise, wie sich der Torschütze anschließend im Tackling und im Sprint behauptet, erste Sahne.

Und das 2:1 fällt nach einem Chipball, den Leon Robinson im Grunde ohne große Erfolgsaussicht in eine kompakt stehende Spatzen-Deckung schlägt. Andres Ludwig aber wehrt den Ball zu kurz ab, vor den rechten Fuß von Filip Kaloc. Ulm-Trainer Thomas Wörle nennt es später einen "Sonntagsschuss", was der Tscheche da anschließend ins Netz zimmert. Okay, das kann man so sagen. Aber eine solche Schusstechnik will auch erstmal antrainiert werden - an vielen, vielen Werktagen.

Und sonst? So ein bisschen mehr nach vorne ging schon

Es ist ja auch nicht so, dass dies die einzigen Tor-Aktionen waren, zu denen der 1. FC Kaiserslautern in dieser Partie kam. Doch auch die übrigen resultierten aus den einfachen Dingen, die Fußball ausmachen. Etwa Fehlpässen wie der des SSV-Abwehrspielers Niklas Kolbe direkt in die Füße Daisuke Yokotas, der sofort Hanslik einsetzt. Der aber verzieht aus guter Schussposition. So geschehen in Minute 30.

Gegnerische Fehler können aber auch provoziert werden. Wie in Minute 2, als Yokota auf der linken Abwehrseite beherzt Keeper Christian Ortag attackiert, worauf dieser das Leder vor die Füße von Ritter spielt. Dem aber gelingt nicht, ins leere Tor zu flanken.

Kurz vor Schluss dann nochmal eine starke Umschaltaktion: Hanslik spielt den eingewechselten Ragnar Ache in der Box an, der aber scheitert an Ortag. Zuvor musste Ulms Abwehrriese Philipp Strompf gegen Ache zur Ecke retten, als dieser nach einem langen Ball auf und davon ging. Und in der 66. Minute kam Yokota nach schönem Dribbling an der Strafraumgrenze zum Schuss, zielte aber zu mittig vors Tor.

Am Anfang zeigte nur Ulm Anfang-Fußball

Unterm Strich war das also gar nicht so wenig. Nur war's halt nicht der Fußball, den FCK-Trainer Markus Anfang von seinen Jungs eigentlich sehen wohl. Den bot interessanterweise viel eher der SSV Ulm. Vor allem in der ersten halben Stunde. Ein früher Führungstreffer hatte die Gäste mächtig an Traute gewinnen lassen. Strompf hatte schon nach zwei Minuten einen auf den langen Pfosten verlängerte Ecke mit der Stirn über die Linie gedrückt. Und das im Fünfmeterraum. Schon klar: Grundsätzlich sind Angelegenheiten im Fünfer Torwartsache, doch die um Strompf postierten Abwehrspieler hätten durchaus auch energischer attackieren dürfen.

Coach Wörle sprach hinterher von "drei, vier" Kontersituationen, mit denen seine Jungs die Partie in dieser Phase schon frühzeitig hätten auf ihre Seite ziehen können. Das ist keinesfalls übertrieben. Und: Es waren nicht nur Konter. In Minute 12 etwa demonstrierten die Ulmer eindrucksvoll, wie man cool eine erste Pressinglinie überspielt, sich anschließend mit schönen kurzen und mittellangen Vertikalpässen zum gegnerischen Strafraum kombiniert und abschließt. Erst blockt Jan Gyamerah einen Schussversuch Romario Röschs ab, dann dreht sich in der Mitte Semir Telalovic frei. Julian Krahl erwischt den Ball gerade noch so mit der rechten Hand.

Erst mit Aremu kam Stabilität

Woran es konkret beim FCK zum Start ins Jahr harkte? Einige Schaltstellen präsentierten sich zu fehleranfällig, namentlich Gyamerah und Florian Kleinhansl auf den Außenbahnen, mehr noch das zentrale Mittelfeld. Dort durfte Leon Robinson erstmals von Beginn an. Ein Einsatz, den sich der 23-Jährige redlich verdient hatte, nach überzeugenden Auftritten als Einwechselspieler in der Hinrunde, aber auch durch Trainingsleistungen in den vergangenen Tagen, wie Markus Anfang hinterher bestätigte. Der gebürtige Wormser stürzte sich beherzt in jeden Zweikampf, aber: Vieles misslang ihm auch. "Als Sechser darf man nicht so viele Bälle verlieren", bekannte der Startelf-Debütant hinterher selbst.

Interessanterweise nahm der Coach Robinson nach 63 Minuten vom Feld, weil er dessen vorzeitigen Abgang befürchtete, nachdem der Spieler bereits Gelb gesehen hatte. Zumindest behauptete der Trainer das. Vielleicht aber sollten seine Worte dem Jungen gegenüber einfach nicht allzu kritisch klingen. Tatsächlich nämlich gewann das FCK-Spiel mit dieser Auswechslung entscheidend an Stabilität. Denn für Robinson kam Afeez Aremu. Und der sorgte für deutlich mehr Struktur im Aufbau und war auch als Balleroberer wesentlich effektiver.

Aremu war es auch, der mit einem gewonnenen Zweikampf in der eigenen Hälfte Aches Konterchance in der 87. Minute vorbereitete. Und kurz vor Schluss brachte er sich nach einem Ballgewinn vor der Mittellinie selbst in Schussposition, verzog aber. Dennoch darf er als der Gewinner dieser Partie gelten. Weil sein Auftritt deutlich machte: Ohne Afeez Aremu steht gegenwärtig nicht die beste FCK-Elf auf dem Platz.

MR7 und Yokota: Da muss noch mehr kommen

Weiter ausbaufähig bleibt das Zusammenspiel zwischen den Kreativköpfen Yokota und Ritter. MR7 setzte den Japaner in Minute 20 zwar mal schön ein, worauf dieser mit seinem schwächeren rechten Fuß Ortag zu einem nachhaltigen Arbeitsnachweis zwang. Vom Ramba-Zamba-Duo, das sie hinter einer Keilspitze wie Ache bilden könnten, sind die beiden aber noch weit entfernt. Vor allem müssen sie noch an ihrer Raumaufteilung feilen. Yokota agierte in diesem Spiel weiterhin zwischen Rechtsaußen und Zentrum, Ritter blieb meistens zentral oder ließ sich nach hinten fallen. Der linke Halbraum wurde, wenn überhaupt, eher von Kaloc besetzt. Das ergab insgesamt noch kein stimmiges Bild.

War das jetzt zu schlecht geredet? Sollte nicht sein. Immerhin war's der zum Jahresauftakt erhoffte Sieg. Mit zwei Buden gegen die zweitstärkste Defensive der Liga. Mehr hat in dieser Saison nur Hannover 96 geschafft. Und nur Glück kann's eben auch nicht gewesen sein, schon allein wegen dieser beiden Treffer, bei denen sich eine Qualität zeigte, über die in dieser Liga nicht jeder verfügt.

Zudem wiesen beide Trainer hinterher darauf hin, dass die Platzverhältnisse es kaum erlaubten, das spielerische Element stärker zu betonten. Markus Anfang ergänzte, dass solche in den nächsten Wochen auch in andere Stadien zu erwarten sind. Ergibt sich daraus nicht vielleicht die Überlegung, sich fürs Erste weiterhin mit dem einfachen Spiel zu versuchen?

Links die"Unwucht" und rechts die Zweikampfschwäche

Zu den Grafiken. 1,74 : 1,51 endete die Partie nach xGoals. Ganz schön knapp also. Das bestätigt die Trainer, die beide von einem "50:50"-Spiel sprachen.

xG-Timeline FCK-Ulm

Die Positions- und Passgrafik des FCK: Offenbart schön die oben beschriebene Unwucht im FCK-Spiel. Die offensive linke Seite ist unbesetzt.

Passmap FCK

Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Ulmer. Zeigt, wie dicht die Spatzen im Zentrum standen. Entsprechend schwer war's, da durchzukommen.

Passmap Ulm

Die Passkombinationen. Ritter und Yokota haben sich dieser Übersicht zufolge nur zweimal angespielt. Das darf nicht sein, das muss mehr werden. Nach dem Spiel gegen Köln waren bei Sirch 104 Ballkontakte verzeichnet, diesmal sind's nur 58. In der Tat war der Shootingstar diesmal nicht so auffällig wie zuletzt. Er switchte auch nicht so oft ins Mittelfeld wie sonst, sondern blieb fast das ganze Spiel über Mittelmann der Dreierkette.

Passkombinationen FCK-Ulm

Statt der Überkreuztabelle zu den Duellen präsentieren wir hier erstmals eine "Wyscout"-Visualisierung, die zeigt, wo genau auf dem Feld die einzelnen Duelle geführt wurde und wie sich diese gestalteten. Auch hier sind die Leerstellen interessant. Erwartungsgemäß fand vorne links nicht viel statt, aber dass die rechte Seite, insbesondere der rechte Halbraum, so gegenüber der linken abfällt, überrascht.

Heatmap Duelle FCK-Ulm

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2024/25: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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